1,5 Grad ganz nah: Laut KI erreichen wir den Klima-Kipppunkt viel schneller als gedacht

Die verheerenden Brände im Amazonasgebiet waren wohl nur der Anfang. Einer KI-basierten Studie zufolge werden die kritischen Schwellenwerte für die globale Erwärmung wohl schneller erreicht werden, als wir dachten. (Bild: Shutterstock / OSORIOartist)
Schon in etwas mehr als einem Jahrzehnt wird die Erde um 1,5 Grad Celsius und noch vor Ende dieses Jahrhunderts um zwei Grad Celsius wärmer sein. Zu diesem Schluss kommt eine Forschungsarbeit von unter anderem der Stanford University und der Colorado State University.
KI auf Basis von Klimamodellsimulationen
Die Arbeit kombinierte globale Klimamodelle, maschinelles Lernen und historische Klimabeobachtungen. Unter anderem trainierten die Forschenden ein KI-Modell auf derselben großen Datenbank von Klimamodellsimulationen, die auch Organisationen wie der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimawandel (IPCC) verwenden.
Die KI analysierte historische Temperaturbeobachtungen weltweit, um Szenarien mit niedrigen, mittleren und hohen Treibhausgasemissionen zu betrachten. Die düstere Vorhersage: In allen drei Szenarien dürfte die Erde zwischen 2033 und 2035 1,5 Grad Erwärmung erreichen. Und noch schlimmer: Selbst in einem Szenario mit geringen Emissionen könnte die Erde – so die Vorhersage in der Forschungsarbeit – bis 2054 zwei Grad Erwärmung erreichen.
„Das Pariser Abkommen der Vereinten Nationen zielt darauf ab, die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten und 1,5 Grad Celsius zu verfolgen. Angesichts der klaren Beweise für die Beschleunigung der Klimaauswirkungen ist die verbleibende Zeit bis zum Erreichen dieser globalen Schwellenwerte ein Thema von erheblichem Interesse“, heißt es eindringlich in der Forschungsarbeit, die im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Science veröffentlicht wurde.
In der Studie heißt es weiter: „Unsere Arbeit bietet einen einzigartigen, datengesteuerten Ansatz zur Quantifizierung des Signals des Klimawandels in historischen Beobachtungen und zur Einschränkung der Unsicherheit in Klimamodellprojektionen. Angesichts der stichhaltigen vorhandenen Beweise für die Beschleunigung der Risiken für natürliche und menschliche Systeme bei 1,5 Grad Celsius und zwei Grad Celsius liefern unsere Ergebnisse weitere Beweise für einen starken Klimawandel in den nächsten drei Jahrzehnten.“
KI-Vorhersage widerspricht den Schlussfolgerungen des IPCC
Erstaunlich ist dabei die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der KI und den Schlussfolgerungen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimawandel: „Der IPCC kommt zu dem Schluss, dass es unwahrscheinlich ist, dass die globale Erwärmung zwei Grad in demjenigen Szenario erreicht, in dem im nächsten halben Jahrhundert ein Netto-Nullpunkt erreicht wird“, wird Noah Diffenbaugh, Klima-Wissenschaftler und Co-Autor der Studie auf dem Portal Gizmodo zitiert. „Wir behaupten nicht, dass die AI Recht hat und der IPCC falsch liegt, aber das ist die größte Diskrepanz zwischen den AI-Vorhersagen und dem, was in der Literatur steht.“
Immerhin: Das Pariser Abkommen der Vereinten Nationen, das auf einen maximalen globalen Temperatur-Anstieg auf 1,5 Grad Celsius abzielt, trage dazu bei, die Emissionsreduktion weiter voranzutreiben. Diffenbaugh, der als Autor auch zum IPCC-Bericht von 2014 beigetragen hatte, sagte Gizmodo zufolge: „Angesichts der politischen Verpflichtungen, die in den letzten zehn Jahren eingegangen wurden, ist die Erwärmung viel geringer als vor dem Pariser Abkommen.“