Mars-Terraforming: Forscher will Asteroiden als planetare Klimabomben einsetzen

Ein neuer Vorschlag könnte die Besiedlung des Mars stark vereinfachen – ist selbst aber hochkomplex. (Bild: Frame Stock Footage/Shutterstock)
Ein polnischer Forscher schlägt eine extreme Methode vor, um den Mars für Menschen zu terraformen. Leszek Czechowski von der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau will gezielt Asteroiden auf den Roten Planeten „abfeuern“.
Ziel ist es, die hauchdünne Marsatmosphäre (aktuell nur ~0,6 Prozent des Erddrucks) massiv zu verdichten. Beim aktuellen Druck würde menschliches Blut ohne Schutzanzug in Sekunden zu kochen beginnen.
Ein Minimalziel von 10 Kilopascal Druck (etwa ein Zehntel des irdischen) würde diese Gefahr bannen und immerhin den Siedepunkt von Wasser auf rund 50 Grad Celsius anheben – ein erster Schritt, um Leben außerhalb von Habitaten überhaupt denkbar zu machen.
Atmosphären-Lieferanten vom Rand des Sonnensystems
Czechowskis Plan sieht vor, riesige Asteroiden aus dem fernen Kuipergürtel zu nutzen. Dieser eisige Ring voller Kometenkerne und Zwergplaneten umkreist die Sonne jenseits der Neptunbahn. Die im Kuipergürtel zirkulierenden Brocken sind reich an gefrorenem Wasser, Kohlendioxid, Stickstoff und anderen flüchtigen Stoffen – essenziellen Bausteinen für eine dichtere Gashülle.
Asteroiden aus dem näheren Gürtel zwischen Mars und Jupiter seien dafür ungeeignet, da sie zu wenige dieser Stoffe enthalten. Auch die noch viel weiter entfernte Oortsche Wolke fiel bei der Betrachtung von Optionen schnell aus – die Transportzeit von dort läge bei über 15.000 Jahren! Die Oortsche Wolke stellt sich die Wissenschaft als riesige, kugelförmige Schale aus Milliarden Kometenkernen vor, die unser Sonnensystem am äußersten, kaum vorstellbaren Rand umhüllt.
Asteroiden-Billard mit Planeten-Power
Der Transport selbst ist eine technische Meisterleistung: Zukünftige Missionen müssten einen passenden Asteroiden auswählen und leicht abbremsen, damit er durch die Sonnenanziehung Richtung inneres Sonnensystem „fällt“. Die eigentliche Kurskorrektur zum Mars soll dann über Jahrzehnte hinweg per „Gravity Assist“ erfolgen – man nutzt also die Schwerkraft von Planeten, um den Brocken gezielt umzulenken. Allein die Flugzeit vom Kuipergürtel zum Mars würde laut Czechowskis Berechnungen zwischen 29 und 63 Jahren betragen.
Als Einschlagsziel schlägt Czechowski das riesige Tiefland Hellas Planitia auf dem Roten Planeten vor. Der Aufprall soll den Mars aufheizen, die Atmosphäre anreichern und eventuell sogar Vulkanismus auslösen, der weitere Gase freisetzen könnte.
Gewaltige Hürden: Energie und Stabilität
Allerdings birgt der Plan enorme Risiken und Herausforderungen. Die Kometenkerne aus dem Kuipergürtel sind oft keine stabilen Felsen, sondern eher lose Ansammlungen von Eis und Staub. Sie könnten bei Annäherung an die Sonne oder bei den kritischen Gravity-Assist-Manövern instabil werden und zerbrechen.
Der Energiebedarf allein für die notwendigen Kurskorrekturen wäre astronomisch – je nach Größe des Asteroiden zwischen 40 Prozent und dem Achtfachen des gesamten jährlichen Energieverbrauchs der Menschheit. Czechowski hält daher einen Fusionsreaktor mit einem hocheffizienten Ionentriebwerk auf dem Asteroiden für die einzig denkbare Energiequelle.
Vision für eine sehr ferne Zukunft
Das Konzept ist und bleibt hochspekulativ und eine Vision für eine sehr ferne Zukunft. Kurzfristige Pläne für bemannte Missionen wie jene der US-Raumfahrtbehörde Nasa setzen weiter auf geschützte Habitate für die Astronaut:innen.
Czechowski präsentierte seine Berechnungen (PDF) dazu erst im März 2025 auf der renommierten 56. Lunar and Planetary Science Conference (LPSC) in The Woodlands im US-Bundesstaat Texas. Sein Vorschlag betont die prinzipielle Möglichkeit, aber auch die enormen Energiehürden und die kritischen technischen Risiken, insbesondere bei den heiklen Flugmanövern der riesigen Eis- und Gesteinsbrocken. Es bleibt zunächst ein faszinierendes Gedankenspiel für künftige Generationen von Ingenieur:innen und Planetenwissenschaftler:innen.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 16.04.2025 veröffentlicht. Aufgrund des hohen Interesses unserer Leser:innen haben wir ihn erneut publiziert.
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