Die schmutzige Lobbyschlacht um die EU-Urheberrechtsreform

Glaubt man den Befürwortern der EU-Urheberrechtsrichtlinie, soll sie Künstler und Kreative künftig besser stellen – vor allem gegenüber den großen Internet-Konzernen wie Facebook und Alphabet. Leider stimmt das nicht, die ersten drei Teile dieser Serie zeigen: Leistungsschutzrecht, die Ausschüttung von Urheberrechtsabgaben an Verlage und Lizenzierungspflicht mit Upload-Filtern nützen entweder Urhebern kaum oder schaden ihnen sogar finanziell. Profiteure dieser drei Gesetzesartikel sind ausschließlich Medienhäuser, die selbst keine Urheber sind, aber mit der Vermarktung von urheberrechtlich geschützten Werken ihr Geld verdienen.
Das heißt natürlich nicht, dass das Gesetzeswerk nicht auch ein paar gute Ideen enthält. So soll Artikel 3 künftig Datamining in der Forschung und die wissenschaftliche Nutzung großer Datenbanken erleichtern. Artikel 5 vereinfacht es für Bildungseinrichtungen, geschützte Werke zu nutzen und die Artikel 6 bis 8 vereinfachen für Archive, Bibliotheken und Museen den Umgang mit geschützten Werken. Prinzipiell sind das alles Verbesserungen, die allerdings eines gemeinsam haben: Eine Verbesserung der Situation von Künstlern und Kreativen bewirken sie nicht.
Die war ursprünglich durchaus vorgesehen: Beispielsweise ein Verbot von Total-Buy-Out-Verträgen, die aber im Laufe der Verhandlungen Stück für Stück zusammen gestrichen wurden, bis nur ein kläglicher Rest übrig blieb: In den Artikeln 19, 20 und 21 wird eine Transparenzpflicht für Rechteverwerter eingeführt und Urhebern die Möglichkeit zur Nachverhandlung gegeben. Das kann zu Mehreinnahmen von Urhebern führen. Für den Fall, dass sie nachverhandeln. Und mit ihrer Nachverhandlung Erfolg haben. Mehr steckt in dieser Reform für Urheber nicht drin, während andere Regelungen ausschließlich Rechteverwerter begünstigen oder Urhebern sogar konkret schaden.
Zivilgesellschaftlicher Widerstand
Dennoch behaupten Fachpolitiker, Lobbyisten, Vertreter der Medienhäuser und viele angestellte Journalisten von Presseverlagen unermüdlich das Gegenteil. Kritisch-objektive Berichterstattung musste man in den vergangenen Monaten eher suchen. Welt, Bild, FAZ, Süddeutsche, Handelsblatt und viele andere Presseerzeugnisse berichteten überwiegend einseitig zugunsten der Reform. Die Tagesschau schaffte es, ein Interview mit dem Komponisten Matthias Hornschuh zu senden, ohne zu erwähnen, dass er Aufsichtsratsmitglied der Gema ist. Die dpa, deren Aufgabe die Verbreitung von neutralen Agenturmeldungen an Redaktionen ist, hängte an jede dieser Agenturmeldungen einen Textblock an, in dem sie für die Reform trommelte. In einer flankierenden Pressemitteilung verbog sie sogar ein wenig die Fakten.
Die Zahl der reichweitenstarken Medien, die auch kritisch über die Reform berichteten, war mit Zeit, Spiegel Online und Heise relativ überschaubar. Kritik fand hauptsächlich in Blogs und sozialen Medien statt und natürlich auf Youtube. Leider haben einige Youtuber ihrerseits Mythen und Halbwahrheiten über die Reform verbreitet, was jedoch keine Ausrede für journalistisch arbeitenden Medien sein darf.