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Wer von sich behauptet, er hätte keine Schwächen, lügt wie gedruckt. Doch wie können sich solche kleinen Lügen auswirken? Wir haben mit Karriere-Coach Karin Zintz-Vollbracht über Unwahrheiten im Lebenslauf und dem Vorstellungsgespräch gesprochen. Die Expertin steht uns Rede und Antwort zu Fragen wie: Wann ist eine Notlüge okay? Wie prüfen Personaler heutzutage den Wahrheitsgehalt von Aussagen? Und wie sollten Bewerber mit Schwächen und Lücken umgehen?
Lebenslauf und Vorstellungsgespräch: „Geht ehrlich mit euren Lücken und Schwachstellen um“

Vorstellungsgespräch: „Kleine Lügen funktionieren wie ein Klebstoff.“ (Foto: Karin Zintz-Volbracht)
t3n: „Kleine Lügen tun nicht weh“, singt Bariton Max Raabe. Gilt das auch im Vorstellungsgespräch?
Karin Zintz-Volbracht: In ganz engen Grenzen stimmt das. Kleine Lügen funktionieren tatsächlich wie ein süßer Klebstoff zwischen Menschen. Die Psychologie hat ziemlich gut erforscht, dass Komplimente oder Schmeicheleien positive Verbundenheit schaffen und den Zusammenhalt fördern.
Doch wir leben in Zeiten von Internet und Social Media. Viele von uns haben eine digitale Chronik, die auch für andere transparent ist. Da gilt das Sprichwort: Lügen haben kurze Beine. In dem Moment, in dem die Korrektheit von Aussagen im Vorstellungsgespräch überprüfbar wird, kann auch eine kleine Lüge für den Bewerber schmerzhaft werden.
t3n: Wann denn zum Beispiel?
Wenn ich mich im Job-Interview freundlich über die Architektur des Firmengebäudes äußere und danach ein Foto des Gebäudes auf Facebook poste mit dem Text „Nicht wirklich schön, aber hoffentlich mein nächster Arbeitsplatz“, dann kann so eine kleine Klebstoff-Lüge schnell nach hinten losgehen.
t3n: Welche Notlügen sind okay?
Lügen darf man zum Beispiel bei Fragen zu Privatleben, Heiratsabsichten, sexueller Neigung oder Schwangerschaft und Kinderwunsch. Tabu ist auch die Frage nach einer Parteimitgliedschaft oder die, ob man schon mal gewerkschaftlich aktiv gewesen ist. Lügen ist außerdem beim bisherigen Einkommen erlaubt. Man darf sogar beim Alter schummeln. Fragen zu professionellen Dingen muss man jedoch wahrheitsgemäß beantworten. Dazu gehören die Themen Ausbildung, beruflicher Werdegang, Nebenbeschäftigungen, Verfügbarkeiten und Umzugsbereitschaft. Auch eine möglicherweise nicht auf den ersten Blick erkennbare Schwerbehinderung oder ein Wettbewerbsverbot für Manager dürfen nicht mit einer Lüge beantwortet werden.
t3n: Welche Aussagen lassen einen Bewerber sofort als Lügner auffliegen?
Wenn ein Bewerber auf die Frage nach möglichen Schwächen zum Beispiel so Dinge sagt wie: „Ich habe eigentlich keine Schwachstellen“ oder „Ich wende meine Schwächen in Stärken“, dann geht das als pure Angeberei durch. Geübte Interviewer, die sehr genau hinhören, entwickeln auch ein Ohr für feinsprachliche Elemente: Worte wie „immer“, „nie“, „keiner“, „absolut“ oder „total“ gelten als sprachliche „Weichmacher“. Damit steht schnell die ganze Aussage drumherum auf dem Prüfstand.
t3n: Wie kann unsere Körpersprache uns verraten?
Wenn man einem echten Profi in Bewerbungsgesprächen gegenübersitzt, dann beobachtet der natürlich auch die Körpersprache. Wenn der Bewerber zum Beispiel bei der wortreichen Antwort zur Frage, warum er seinen letzten Job gekündigt hat, harten Augenkontakt sucht, sich an die Nase fasst, dann die Arme verschränkt und sich im Stuhl zurücklehnt, ist klar: Die Geschichte wird wohl so nicht stimmen.
t3n: Bei welchen Aussagen prüfen Unternehmen im Nachhinein den Wahrheitsgehalt?
Das Minimum ist ein Abgleich der Angaben im Anschreiben, im Lebenslauf, in den Zeugnissen und im Gespräch. Passt das zusammen? Ist das stimmig? Bewerber sollten auch damit rechnen, dass Referenzgeber tatsächlich nochmal angerufen werden. Aussagen über Auslandsaufenthalte können schnell auf dem Prüfstand stehen. War das nur ein langer Urlaub oder eine professionell gestaltete Zeit? Fremdsprachenkenntnisse werden oft auch gern direkt im Gespräch getestet. Da wechselt der Interviewer einfach mal ins Englische oder Chinesische – und der Bewerber fängt im schlimmsten Fall an zu stammeln.
t3n: Wie kann man sich so einen Faktencheck vorstellen?
Immer häufiger und ohnehin bei wichtigen Jobs in der Regel durch eine Online-Recherche. Was steht im öffentlichen Facebook-Profil? Was hat der Bewerber getwittert? Welche Aktivitäten sieht man auf Xing oder Linkedin? Passt das mit den Aussagen der Bewerbung zusammen? Sind die Instagram-Fotos über das Auslandspraktikum reine Party- und Strandbilder? Das ist ja alles verfügbar und wird im Zweifelsfall auch gesichtet.
t3n: Können Angestellte eigentlich nachträglich entlassen werden, wenn eine Lüge etwas später auffliegt?
Ja. Wenn jemand bei Job-relevanten Angaben zu früheren Tätigkeiten und Erfahrungen, bei Praktika und Sprachkenntnissen schummelt, kann das zur Kündigung führen. Grobe Lebenslauf-Kosmetik wie gefälschte Schulzeugnisse, Uni-Abschlüsse oder Arbeitszeugnisse kann alles Wahre aufs Spiel setzen. Und die Kündigung kann in schweren Fällen auch lange nach der Probezeit sogar fristlos erfolgen. Also in den entscheidenden Fragen besser klug bei der Wahrheit bleiben.
t3n: Und lieber auch direkt ehrlich mit seinen Fehlern umgehen?
Also ich rate immer dazu, ja. Geht ehrlich mit euren Lücken und Schwachstellen um. Arbeitet lieber an einem „roten Faden“, der auch widersprüchliche Elemente im Lebenslauf miteinander verbindet. Zeigt, dass ihr euch entwickeln möchtet und mit vermeintlichen Schwächen aktiv umgeht.
t3n: Danke für das Gespräch!
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Wie tickt eigentlich das Unternehmen? Welche Kultur wird gelebt? Wie steht es um die Aufstiegschancen? Bewerber sollten im Vorstellungsgespräch genau nachfragen, meint Karriere-Coach Karin Zintz-Volbracht im Interview. Lies auch: Fangfragen nur für Bewerber? So fühlt ihr im Vorstellungsgespräch dem Arbeitgeber auf den Zahn
Ich denke beim Vorstellungsgespräch wird geflunkert was das Zeug hält. Schließlich möchte der Jobsuchende sich so gut wie möglich verkaufen. Andersherum sind auch die Recuiter nicht immer ehrlich. Da wird versprochen und versprochen. Es ist auch die beste Firma der Welt wo der zuküntige Mitarbeiter anfangen soll.
Das wichtigste ist die Körpersprache beim Vorstellungsgespräch. Wie geagiert mein gegenüber auf meine Fragen. Deswegen finde ich es unverständlich wie so mancher Konzern das erste Vorstellungsgepräch einen Algorythmus überlässt und den künftigen Mitarbeiter mit einer KI reden lässt.
LG Danilo
Sehe ich auch so, man gibt sein bestes beim Vorstellungsgespräch. Da wird auch gerne mal etwas weit her geholt. Guter Beitrag
LG Patrick