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Magdalena Rogl über ihr Impostor-Syndrom: „Gleich merkt jemand, dass ich hier nicht hingehöre“

Magdalena Rogl ist Quereinsteigerin und Führungskraft bei Microsoft. Viele würden sagen, sie ist ein Talent. Sie selbst hält sich oft für eine Hochstaplerin. Der Grund ist ihr Impostor-Syndrom. Was steckt dahinter?

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Impostor-Syndrom: Magdalena Rogl kennt das Gefühl, nicht genug zu sein. (Foto: PeopleAndPieces)

Du stehst mitten im Arbeitsleben und erlebst konstant Erfolge. Trotzdem zweifelst du daran, ob du wirklich gut genug bist. So geht es der Microsoft-Managerin Magdalena Rogl seitdem sie denken kann. „Welcome to the Impostor-Syndrome“, sagt sie auf der Bühne der diesjährigen OMR.

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Wir haben sie am Rande getroffen und nachgefragt: Wann trifft sie dieses Gefühl besonders häufig? Wie beeinflusst es ihre Karriere und was können Menschen, denen es ähnlich geht, konkret dagegen tun?

t3n: Magdalena, kannst du dich daran erinnern, wann du das erste Mal mit dem Impostor-Syndrom in Berührung gekommen bist?

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Ich glaube, so ein konkretes erstes Mal gab es gar nicht. Das war eher wie ein heimlicher Schatten, der sich still in meinen Alltag geschlichen hat. So ein ungutes Gefühl nicht genug zu sein, missgünstig beobachtet zu werden und die Angst jederzeit als Hochstaplerin enttarnt zu werden. Dieses Gefühl war in meinem Leben schon immer da, aber so richtig stark ist es geworden, als ich meinen Quereinstieg gemacht habe.

t3n: Was ist passiert?

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Ich bin gelernte Kinderpflegerin und von dort aus in die Digitalbranche gewechselt. Von der sozialen Arbeitswelt in die Büroarbeitswelt. Plötzlich saß ich da, im großen Konfi, umgeben von Menschen mit Abitur, Studium und beeindruckenden Jobtiteln, und dachte: „Gleich merkt jemand, dass ich hier nicht hingehöre.“

t3n: Kannst du heute sagen, was diesen Gedanken konkret ausgelöst hat?

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Ja. Ich habe mich beispielsweise in Meetings nicht getraut, meine Meinung zu sagen, weil ich dachte: Was, wenn das jetzt falsch ist? Ich habe auch streckenweise heimlich unter dem Tisch nach Begrifflichkeiten gegoogelt, die ich als Nicht-Akademikerin nicht kannte. Als ich später dann das erste Mal vom Impostor-Syndrom gehört habe, war das wie ein kleines Aufatmen.

t3n: Inwiefern?

Ich war nicht allein. Und das ist bis heute eines der kraftvollsten Gefühle: zu wissen, dass man mit solchen Gedanken nicht die Einzige ist. Heute weiß ich, dass Abitur, Studium und Jobtitel oft gar nichts über das Potenzial und die Expertise eines Menschen aussagen.

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t3n: Inzwischen bist du zur Führungskraft aufgestiegen und hast dir eine erhebliche Bekanntheit geschaffen. Hat das etwas geändert?

Ich gelte zwar als Quereinsteigertalent, und ja, das wird oft gefeiert, aber ist häufig auch ein Etikett, das sagt: „Du bist anders.“ Das Problem ist jedoch, dass „anders“ sich nach wie vor selten, wie „genug“ anfühlt. Und weil du die Führungsrolle ansprichst: auch das fühlte sich erst mal gar nicht so großartig an, wie es klingt.

t3n: Kannst du das erklären?

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Ich habe lange unterdrückt, was eigentlich ein wichtiger Teil meiner Persönlichkeit ist: Emotionalität und Empathie. Und das, obwohl mir schnell klar war, ich brauche beides, um gut zu führen. Als ich diese Fähigkeiten wieder aktiv genutzt habe, kam von einer Kollegin prompt das Feedback „Du bist zu emotional, das untergräbt deine Autorität.“ Perfektes Futter für den Impostor. Ich war plötzlich wieder an dem Punkt, an mir zu zweifeln.

t3n: Ist das die Art und Weise, wie Impostor wirkt: prompt und plötzlich?

Das Impostor-Gefühl war für mich nie ein lauter Schrei. Es war ein ständiges Flüstern: „Nicht genug. Nicht schlau genug. Nicht professionell genug.“

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t3n: Wie wichtig ist es für dich, privat, aber auch öffentlich darüber zu sprechen?

Extrem wichtig. Schweigen ist der beste Freund des Impostor-Syndroms. Wenn ich mich verstecke, wächst die Angst, enttarnt zu werden. Sobald wir anfangen, offen darüber zu sprechen, verliert es seine Macht. Ich habe beispielsweise angefangen, viel auf LinkedIn zu diesem Thema zu schreiben, dort sehr viel Feedback bekommen und gemerkt, dass es vielen Menschen ähnlich geht wie mir.

t3n: Diese Offenheit hat zu viel Sichtbarkeit geführt. War das immer ok für dich?

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Natürlich nicht immer, nein. Rückblickend war eine der verwirrendsten Situationen, als mich das ZDF für eine Sendung über Impostor angefragt hat, und mein erster Gedanke war: Ich bin doch nicht Expertin genug, um über Impostor zu sprechen. Im Prinzip hat mich also das Gefühl erwischt, nicht genug Hochstaplerin zu sein. (lacht)

t3n: Studien zufolge erleben etwa 70 Prozent der Menschen mindestens einmal in ihrem Leben das Gefühl, ein Hochstapler zu sein. Besonders in leistungsorientierten Kulturen, in denen Fehler als Schwäche gelten. Dass wir die Leistungskultur hinter uns lassen, ist kaum vorstellbar. Wie können wir gesellschaftlich trotzdem diese Selbstzweifel adressieren?

Ich denke, dass fehlende Diversität hier eine große Rolle spielt: Wenn ich keine anderen Menschen, wie mich, um mich herum sehe, steigt das Gefühl nicht dazuzugehören. Das betrifft alle Aspekte von Diversität. Deshalb sind marginalisierte Gruppen oft stärker vom Impostor-Phänomen betroffen.

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t3n: Glaubst du, Impostor-Gedanken können irgendwann verschwinden?

Viele Menschen würden denken, dass das so ist, aber ich glaube, es wird oft noch stärker. Je größer die Erfolge, desto größer die Höhenangst. Was sich aber ändert, ist der Umgang damit. Heute ist das alles kein bedrohlicher Schatten mehr, sondern eher mein kleines Rumpelstilzchen, wie ich es nenne, das Aufmerksamkeit braucht. Wenn ich merke, dass es anfängt, lauter zu werden, nehme ich es liebevoll an der Hand und sage: Wir kriegen das schon hin!

t3n: Du hast also gelernt, damit zu leben?

Für mich ist Impostor heute kein Tabuthema mehr, sondern ein Teil meines Alltags. Es gehört zu mir, aber es definiert mich nicht. Es begleitet mich übrigens nicht nur beruflich:
Als junge und alleinerziehende Mutter habe ich oft gedacht, ich müsste doppelt so viel leisten, um gut zu sein. Ich habe mir die Nächte um die Ohren geschlagen, um mich als Elternbeirätin zu beweisen, perfekte Kuchen zu backen oder besonders coole Geburtstagseinladungen zu basteln. Und das immer mit dem Gefühl, als unfähige Mama enttarnt zu werden. Aber auch diese Situationen handle ich heute entspannter.

t3n: Kannst du diesem Rumpelstilzchen auch etwas Gutes abgewinnen?

Ich finde tatsächlich, dass es auch eine wichtige Möglichkeit zur Selbstreflexion bietet: Woher kommt dieses Gefühl jetzt gerade? Was will es mir eigentlich sagen? Wie kann ich damit umgehen? Reflektieren statt Ignorieren ist etwas Gutes. Außerdem hilft es mir sehr, meine Gedanken aufzuschreiben und mir bewusst zu machen, was ich schon alles geschafft habe.

t3n: Für viele Menschen mit Impostor bist du ein Vorbild. Welche Rolle spielen Vorbilder in deinem eigenen Leben, wenn es darum geht, das Impostor-Syndrom zu überwinden?

Sie haben eine riesige Bedeutung. Vorbilder müssen für mich auch nicht perfekt sein – im Gegenteil. Die besten Vorbilder sind die, die Fehler zugeben, laut über ihre Zweifel sprechen und trotzdem weitergehen. Die, die im sprichwörtlichen Spotlight stehen und sagen: Ich hatte heute Morgen auch Angst, nicht gut genug zu sein. Ich glaube fest daran, dass wir die Welt verändern, indem wir sichtbar machen, dass wir nicht unfehlbar sind. Wenn wir uns selbst mit mehr Empathie begegnen, statt mit Selbstkritik, wird aus dem Impostor-Gefühl vielleicht irgendwann ein „Ich bin genau richtig hier“-Gefühl.

t3n: Danke für das Gespräch.

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