Warum Merkel sich ihre Entschuldigung leisten kann – und andere nicht
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich entschuldigt, sie hat die alleinige Verantwortung für die Verwicklungen um die Osterruhe übernommen. Das ist in der Politik tatsächlich selten und würde sich angesichts der Serie an Pleiten, Pech und Pannen auch noch für etliche ihrer Kollegen aller Parteien gleichermaßen gehören. Die Kanzlerin hat zugegeben, die Auswirkungen, die der Lockdown-Tag, der als niemals umgesetzte Osterruhe in die Geschichtsbücher eingehen wird, unterschätzt zu haben.
Merkel hat sich übrigens genau genommen nicht entschuldigt, nein, sie hat vielmehr korrekterweise um Entschuldigung gebeten. Denn entschuldigen muss es der Verbraucher. Warum ich das betone? Es zeigt (neben Merkels Sinn für sprachliche Feinheiten) eine Freiheit und einen Spielraum, den die Kanzlerin hat und der uns tatsächlich einiges über Führung lehrt. Denn zu modernen Führungsqualitäten und der gestern viel gelobten Bereitschaft, Fehlerkorrektur zu leben, gehört nicht nur die Bereitschaft dazu, sondern auch eine gewisse Führungsautonomie.
Wenn jemand zugibt, einen Fehler gemacht zu haben (noch dazu in der Politik), kann man das, wie es der Kollege Andreas Weck getan hat, als denkwürdigen Schritt und Signal für mehr Courage in der Führung und als eine Art Best Practice begreifen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit; denn Kritiker merken zurecht an, dass ein solcher Schritt ihr ja leicht falle, weil sie in ein paar Monaten ohnehin raus ist aus dem politischen Haifischbecken.
Großzügiges Führen muss man sich leisten können
Runtergebrochen auf Führung heißt das nämlich auch: Moderne Führung setzt nicht nur voraus, dass du selbst diese umsetzen und Fehlerkultur leben willst, sondern auch, dass man nicht nur Getriebener in einem Unternehmen, einer Organisation oder der Politik ist. Eine Erfahrung, die gerade sogenannte Sandwich-Führungskräfte oft machen, die selbst zwar ein Team führen, aber eben auch Vorgesetzte haben: Du kannst noch so wohlwollend und modern führen – wenn es nicht zur Kultur der Organisation und zu den Rahmenbedingungen, die die Chefs, die Branche und das Marktumfeld vorgeben, passt, wird das kaum gelingen. Es kann dann nur gelingen, wenn du dich über Dinge hinwegsetzen kannst, etwa weil du Interimsmanager bist. Nun ist Angela Merkel zwar nicht von irgendeinem Chef getrieben, wohl aber von der Öffentlichkeit und der Opposition. Das Learning daraus: Es braucht Bewegungsfreiheit für gute Führung.
Doch Fehlerkultur bedeutet noch mehr: Es wird sich zeigen müssen, ob Merkel, die Union, die Bundesregierung, ja der gesamte Berliner Zirkus auch den zweiten Teil dieser Fehlerkultur umsetzen werden. Denn schlimmer, als einen Fehler zu machen und ihn einzugestehen, ist, ihn wiederholt zu machen!
Wenn man einen Grund sucht, warum man selbst keine Fehlerkultur umsetzen kann, dann findet man immer eine Ausrede.
Im grunde schreibst Du, man soll es lassen, wenn man einen Fehler macht, diesen zu zugeben und dafür auch einzustehen. Das ist sehr traurig für dich und sagt soviel mehr über deine Gedanken und deine Haltung aus.