Milliarden für VW-Software-Tochter Cariad – Chipdesign „stärker beherrschen“

VW-Konzernchef Herbert Diess. (Foto: Volkswagen)
Der Volkswagen-Konzern arbeitet am weiteren Ausbau seiner Software-Tochter Cariad und fasst dabei neben Milliardeninvestitionen auch Zukäufe ins Auge. „In Cariad investieren wir 2,5 Milliarden Euro pro Jahr“, sagte Vorstandschef Herbert Diess dem Handelsblatt am Freitag. „Dazu kommt dann noch die eine oder andere Akquisition hinzu.“ Zudem mehren sich die Anzeichen, dass sich der am Absatz gemessen zweitgrößte Autobauer der Welt bald auch mit der Entwicklung eigener Computerchips beschäftigen könnte.
Volkswagen hat seine Software-Kompetenzen in der Firma Cariad gebündelt, die zuvor Car Software Org hieß. Dazu gehört die Entwicklung von Fahrassistenzsystemen und Software für autonomes Fahren. VW hatte dafür bereits rund zwei Milliarden Euro in das gemeinsam mit Ford betriebene Startup Argo AI gesteckt.
Die Digitalisierung des Autos bedeutet für Diess eine noch größere Herausforderung als die Umstellung auf Elektroantriebe. Bis zu 60 Prozent der nötigen Software will Volkswagen künftig selbst entwickeln – und damit deutlich mehr als bisher. Software „wird das Herz-Kreislauf-System eines Autos sein“, sagte er.
Das autonome Fahren werde die größte Veränderung für die Branche. „Es wird sich über das Jahr 2025 hinaus ziehen, bis das ein Geschäftsmodell wird.“ Dann könne es schnell gehen. „Ich erwarte, dass im Jahr 2035 etwa 40 Prozent aller Autos autonom fahren können.“ So ein Dienst könne für acht bis zehn Euro pro Tag verfügbar sein.
Der VW-Konzernchef hatte bereits in Aussicht gestellt, möglicherweise auch das Design von Chips für automatisiertes Fahren selbst in die Hand nehmen zu wollen. Cariad müsse Fähigkeiten bei der Entwicklung von Prozessoren aufbauen, sagte Diess nun: „Apple, Tesla und andere haben mehr Definitionskompetenz bei Halbleitern. Um bei den hohen Anforderungen im Auto die optimale Leistung zu erzielen, müssen Software und Hardware aus einem Guss kommen.“
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Ähnlich äußerte sich VW-Markenchef Ralf Brandstätter. „Es gibt auch Überlegungen im Konzern, das Halbleiter-Design als Kompetenz stärker zu beherrschen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Das hat aber eher mit der Strategie in Richtung Digitalisierung zu tun.“ Daneben sorgt die aktuelle Versorgungskrise bei den wichtigen Elektronikbauteilen weiter für Probleme in der gesamten Autobranche.
Brandstätter verwies auf die Nachwirkungen der Lieferausfälle aus dem ersten Corona-Jahr 2020. Vor allem die IT-Industrie hatte zuletzt mehr Halbleiter abgenommen, was aus Sicht des VW-Markenchefs auch mit dem Trend zu digitalem Austausch in Arbeitswelt und Schule durch Homeoffice und Homeschooling zusammenhängt.
Direkte Einflussmöglichkeiten auf die Chiphersteller seien eher begrenzt: „Die Automobilindustrie ist an der Stelle kein großer Spieler, wir machen insgesamt als Kunde zwölf Prozent des weltweiten Halbleitermarkts aus“, so der Markenchef. „Wir als Volkswagen-Konzern haben dann daran wiederum rund zehn Prozent Anteil.“
Software-Themen spielen in der Aus- und Weiterbildung des Konzerns ebenfalls eine größere Rolle. Mit Google wurde eine Partnerschaft zur Programmierschule „42 Wolfsburg“ vereinbart. Die Kooperation soll das Studienangebot in den Gebieten automobile Software-Anwendungen, Cloud-Computing und Nachhaltigkeit ausbauen. Das Engagement bei „42 Wolfsburg“ ist bei VW ein Teil der Bemühungen, dem Mangel an Experten entgegenzuwirken. Der Bedarf an ausgebildeten IT-Fachkräften in Deutschland ist nach Berechnungen des Digitalverbandes Bitkom mit über 86.000 unbesetzten Stellen unvermindert hoch. dpa
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