Dieser Mini-Fusionsreaktor soll Raumfahrzeuge antreiben – und passt in jeden Koffer

Der Mikro-Fusionsreaktor hat etwa die Größe eines Schuhkartons. (Grafik: Avanlanche)
Unter dem Claim „Fusion Power, die Du in Deinen Händen halten kannst“ wirbt das Unternehmen Avalanche für das eigene Kleinst-Kraftwerk „Orbitron“. Der Fusionsreaktor hat die Größe eines Eimers und kann entweder Energie oder Wärme erzeugen. Ein Forschungsprogramm des US-Verteidigungsministeriums will ihn nutzen, um „taktisch im zislunaren Raum“ – also zwischen Mond und Erde – manövrieren zu können. Das Startup aus Seattle hat jedoch größere Pläne.
Kernenergie im Mini-Format – skalierbar und CO2-neutral
Avalanche gibt an, das Reaktordesign sei modular und skalierbar. Das heißt, die etwa Schuhkarton-großen Module können gestapelt werden, um eine höhere Energiedichte zu erreichen. Sechs davon seien nötig, um schätzungsweise ein Auto anzutreiben; zwölf würden für einen Bus benötigt, 100 für ein Flugzeug. Doch das Unternehmen will mehr. Zur Energieversorgung von Kleinnetzen im Megawattbereich könne man auch Hunderte von Zellen zusammenschalten, heißt es. Auf der Homepage geht man noch weiter: „Unser modulares Reaktordesign kann für endlose Energieanwendungen und eine beispiellose Energiedichte gestapelt werden, um saubere Energie zu liefern und den Planeten zu dekarbonisieren.“
2027 mit Fusionsantrieb fliegen
Avalanche existiert seit 2018. Im Februar 2022 erzeugten die Gründer Brian Riordan und Robin Langtry ihre ersten Neutronen per Fusion. Sie arbeiteten zuvor bei Jeff Bezos Raumfahrtfirma Blue Origin. Avalanche trat nach den erfolgreichen Versuchen aus dem Stealth-Modus heraus und präsentierte ein internationales Patent. Die anschließende Finanzierungsrunde brachte ihm fünf Millionen US-Dollar ein. Nun folgte der Auftrag des DIU (Defence Innovation Unit). 2027 will das Militär eine erfolgreiche Prototyp-Demonstration in der Erdumlaufbahn sehen.
Reaktordesign aus „herkömmlichen“ Bauteilen
Das Kernprodukt von Avalanche heißt Orbitron und erzeugt etwa fünf Kilowatt Energie. Es nutzt elektrostatische Felder, um Fusions-Ionen einzufangen, und verdichtet sie mit einem Magnetron-Elektrodeneinschluss. Je höher die Ionendichte, desto so wahrscheinlicher werden Fusionsreaktionen, bei denen die Ionen kollidieren und verschmelzen und so Energie freisetzen. Die Blaupause für diese Technologie liefert die Sonne. Das eine entscheidende Bauteil von Orbitron stammt aus Mikrowellenherden, das andere aus der Massenspektrometrie. Beide Geräte kauften die Gründer regulär und wandelten sie ab. Sie verzichteten auf riesige Magnete oder Laser, wie sie sonst bei solchen Projekten zum Einsatz kommen.
Saubere Brennstoffe und hohe Spannung
Als Brennstoff verwenden die Ingenieur:innen etwa Proton-Bor-11 und eliminieren darüber die interne Neutronenstrahlung quasi vollständig. Dennoch gibt es viele Herausforderungen: Generell muss mehr Energie erzeugt werden, als in den Prozess wandert. Und die Reaktion anzustoßen, ist ein aufwendiger Prozess. Das Ziel ist, eine Spannung von 600.000 Volt zu verwenden – und das auf kleinstem Raum. Aktuell visiert man 300.000 Volt an. CEO Riordan ist jedoch zuversichtlich: „Wir lernen und machen Fortschritte bei etwas, das im Großen und Ganzen so unüberwindbar erscheint.“ Es gebe Babyschritte auf dem Weg, die die Menschen ermutigten und begeisterten. „Und sie marschieren auf unser Endziel zu.“