Kein Bock auf Montag: Warum der Arbeitstag so unbeliebt ist – und was hilft
Der Montag startet für mich immer mit einer harten Deadline: Um 11 Uhr geht eine Kolumne online, die unter unseren Lesenden durchaus beliebt ist, mich als Autor jedoch immer öfter stresst. Nach einem entspannten Sonntag muss ich gefühlt jedes Mal aufs Vollgas treten. Manchmal hat der Montag deshalb ein fieses Geschmäckle, hin und wieder fühle ich den sogenannten „Montagsblues“. Gemeint ist damit, dass meine Motivation an diesem Tag leider nicht immer „high on fly“ ist, um mal im hippen Branchensprech zu bleiben.
Andererseits fühlt es sich gut an, wenn der lästige Task direkt zu Beginn der Woche erledigt ist. Betrachte ich es so, erscheint der Montag in einem ganz anderen Licht. Dann ist der Wochenstart irgendwie ganz ok – und ich frage mich: Gibt es so etwas wie einen Montagsblues überhaupt oder würde ich von einem Donnerstagsblues reden, wenn der Task an eben jenem Tag anstehen würde? Die Frage interessiert mich, weshalb ich ihr auch unbedingt auf den Grund gehen will. Die Suche nach Antworten startet wie immer: per Google!
Ist der Montagsblues real?
Zum Montagsblues gibt‘s einige Treffer in der Suchmaschine: Immerhin 418.000 Ergebnisse zielen auf die denglische Phrase ab, satte 82.900.000 Treffer sind es, wenn ich den rein englischen Begriff „Monday Blues“ in die Suchmaske eingebe. Um den Mythos kursiert einiges an Content im Netz. Foren arbeiten sich an der Bedeutung des Begriffs ab, einige Gruppen nutzen das Phänomen als Meme-Vorlage. Die Popikone Kylie Minoque hat sogar einen Song dazu veröffentlicht. Darin fiebert sie montags schon aufs Wochenende hin.
„Keep counting down the days to you. It’s getting me through those Monday blues.“ So wie Kylie geht es vielen Menschen. Frage ich rum, fühlen sich sowohl in der Familie, als auch im Freundes- und Kollegenkreis viele zu Beginn der Woche gestresster, obwohl sie gerade gut erholt aus dem Wochenende kommen. Der Arbeitspsychologe Oliver Weigelt von der Universität Leipzig ist der Frage nach dem Grund kürzlich in einer klein angelegten Studie nachgegangen. Auch er wollte wissen, was ist dran am Montagsblues?
Insgesamt 87 Personen sind über einen Zeitraum von zwölf Tagen morgens, mittags und nachmittags nach ihrem aktuellen Empfinden zu ihrer Motivation und ihrem Erschöpfungsgefühl befragt worden. Außerdem haben die Teilnehmenden morgens ihre Erholungserfahrungen vom Vortag, ihre Schlafqualität in der zurückliegenden Nacht und ihre Erwartungen für den bevorstehenden Arbeitstag protokolliert. Am Ende der Arbeitstage haben sie erfasst, wie sehr sie sich am Arbeitsplatz angestrengt haben.
Der Forscher fand heraus, dass der Montag hinsichtlich des Wohlbefindens gar nicht so viel anders als der Dienstag oder Mittwoch ist. Auch war das Gegenstück zum Montagsblues, die Zermürbung über die Woche hinweg, nicht wirklich nachweisbar. Das Energielevel sei zum Ende der Arbeitswoche eher angestiegen, was Weigelt mit der Vorfreude aufs Wochenende erklärt. Die Daten hätten ein sprunghaftes Ansteigen des Glücksgefühls am Donnerstag und Freitag gezeigt. Einen „Thank God it’s Friday“-Effekt sozusagen.
Montagsblues: Glück ist wie ein Aktienkurs
Kausal hängt alles miteinander zusammen, sagt auch Shani Pindek von der Universität von Haifa. Die Arbeitspsychologin kommt in ihren eigenen Studien zu dem Schluss, dass das Stressgefühl stärker empfunden wird, wenn Menschen wissen, dass die arbeitsreiche Phase lange andauert – auch wenn die Arbeitsintensität im Grunde an allen Tagen gleich ist. Auch sie sagt, nicht der Montag ist das Problem, sondern die Gewissheit, dass auf den Montag nicht der Freitag folgt, sondern der Dienstag – und die Woche noch vor einem liegt.
Außerdem soll sich das Stressgefühl montags nochmal verstärken, da das Glücksgefühl, das sich zum Ende der Arbeitswoche aufbaut und am Wochenende seinen Zenit erreicht, schlagartig am Montag abfällt. Nach der Euphorie kommt der Reality-Check, das ist wie mit einem Aktienkurs – kurzer Crash und dann wird wieder Anlauf genommen zum nächsten High. Der Montagsblues scheint somit real, jedoch nur für die, die das Wochenende entspannt haben, montags hektisch anfangen und eine lange Woche vor sich haben.
Wäre montags immer frei, hieße es Dienstagsblues. Wäre das Wochenende genauso umtriebig, wie die Woche, würde alles keinen Unterschied machen. Und wer andersherum kontinuierlich wenig Stress hat, nimmt den grauen Montag in Häufigkeit und Intensität genauso wenig wahr wie die eigene Atmung. Die logische Schlussfolgerung wäre: Such dir einen lockeren Job oder organisiere deine Arbeit so, dass sie sich gleichmäßig über die Woche verteilt. Sprich: jeden Tag ein bisschen anstatt an wenigen viel. Wärst du dazu bereit?
Auf meinen Fall bezogen wird mir klar, warum ich am Montag gestresst bin: Ein in der Regel lockeres Wochenende ohne To-dos und der abrupte Start in die Woche mit harter Deadline – das erhöht das Stressempfinden. Meine Aufgaben sind sonst ziemlich die gleichen: Themen suchen, pitchen, terminieren, aufschreiben. Dahingehend unterscheidet sich der Montag nicht vom Donnerstag. Das Problem herrscht insofern nur in meinem Kopf. Die Lösung wäre ganz einfach: Ich schreibe die Kolumne am Wochenende und schlaf am Montag aus.
Was wollen wir tun – und wie?
Das würde am Ende auch darauf hinauslaufen, wofür ich sowieso immer plädiere – eine Flexibilisierung der Arbeit. In meiner Auffassung muss nur das Ziel klar sein, aber mir überlassen werden, wie ich da hinkomme. Wenn ich mit meiner Arbeitszeit flexibel umgehen kann, dadurch gelassener bin und das Ergebnis zählt, ist im Grunde alles gut, oder? Wobei viele jetzt wieder sagen werden: „Was für ein privilegiertes White-Collar-Gelaber!“
Andererseits ist fraglich, wie gesund unflexible Arbeitsmodelle überhaupt sind. Menschheitsgeschichtlich betrachtet fand die Arbeit die längste Zeit zuhause statt und ohne starre Zeiten. Erst mit der Industrialisierung wurde die Erwerbsarbeit in eine Fabrik und ein zeitlich unflexibles Korsett gedrückt. Heute kommt hinzu, dass viele Routinearbeiten automatisiert, die übrigen Aufgaben immer komplexer und die Menschen erschöpfter sind.
Ob es damals schon einen Montagsblues gegeben hat, kann ich leider auch nicht sagen. Selbst Google findet in den Abermillionen Treffern keine Aufzeichnungen, die das Phänomen historisch belegen. Aber selbstbestimmt die eigene Arbeit zu erledigen, kann erst einmal nicht verkehrt sein. Ist es doch das, was wir uns so sehr von der Neuen Arbeit erhoffen. Das zu tun, was wir wirklich wirklich wollen und zwar genau so, wie wir es wollen.