Countdown im Asteroidengürtel: Das passiert heute Abend bei der Nasa-Mission Lucy

Die Raumsonde Lucy der US-Raumfahrtbehörde Nasa steht kurz vor ihrem zweiten Asteroiden-Vorbeiflug – einem Manöver, das auch vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR, Köln/Bonn u.a.) mit Spannung verfolgt und mit ausgewertet wird. Am Sonntagabend, um 19:51 Uhr unserer Zeit (MESZ), rast Lucy mit rund 48.000 km/h am Asteroiden (52246) Donaldjohanson im Hauptgürtel vorbei, in nur 960 Kilometern Distanz und etwa 223 Millionen Kilometer von der Erde entfernt.
Das Ziel, der rund vier Kilometer lange, vermutlich längliche C-Typ-Asteroid Donaldjohanson, ist ein kohlenstoffreicher Brocken. Lucy wird ihn mit einer komplexeren Beobachtungssequenz als beim letzten Mal anvisieren, um mit ihren Instrumenten (darunter die hochauflösende Kamera L’LORRI) möglichst viele Daten über dieses Relikt aus der Frühzeit des Sonnensystems zu sammeln.
Nach Dinkinesh kommt Donaldjohanson
Bereits im Jahr 2023 sorgte Lucy für wissenschaftliches Aufsehen, als sie den kleinen Asteroiden Dinkinesh besuchte. Damals entdeckte die Sonde gänzlich überraschend einen sogenannten Kontakt-Binär-Mond – eine Art „Erdnuss“-förmiger Doppelmond, der aus zwei sich berührenden kleineren Objekten besteht, wie die Nasa damals erklärte.
Der Name ist Programm: Donaldjohanson ist nach dem Paläoanthropologen benannt, der das „Lucy“-Fossil entdeckte – und er plant, den Vorbeiflug live im Kontrollzentrum von Lockheed Martin in Denver im US-Bundesstaat Colorado mitzuerleben. Es ist das erste Mal, dass ein Asteroid besucht wird, während sein Namensgeber noch lebt.
„Jeder Asteroid erzählt eine andere Geschichte“, betont Tom Statler, Programmwissenschaftler der Mission bei der Nasa. Teleskopische Beobachtungen würden bereits andeuten, dass Donaldjohanson „eine interessante Geschichte zu erzählen hat“, weshalb er „voll und ganz erwartet, überrascht zu werden – schon wieder.“
Ein langsamer Riese mit junger Geschichte?
Donaldjohanson ist kein gewöhnlicher Brocken: Er gilt als Mitglied der Erigone-Familie – Trümmer einer gewaltigen Kollision vor „nur“ etwa 150 Millionen Jahren. Damit ist er für kosmische Maßstäbe relativ jung und könnte Einblicke in solche Kollisionsprozesse geben.
Besonders rätselhaft ist seine extrem langsame Rotation von rund 251 Stunden pro Umdrehung. Forscher:innen hoffen, durch die Bilder mit einer erwarteten Auflösung von bis zu 50 Metern mehr über seine genaue, vermutlich sehr längliche Form und seine Oberflächenbeschaffenheit zu erfahren.
Blick in die Ferne: Trojanische Asteroiden im Visier
Nach dem Vorbeiflug an Donaldjohanson, der als wichtige Generalprobe für Instrumente und Abläufe dient, wird Lucy ihre lange Reise zu den eigentlichen Hauptzielen der Mission fortsetzen. Dabei handelt es sich um eine Gruppe sogenannter Trojaner-Asteroiden.
Diese besonderen Himmelskörper umkreisen die Sonne auf derselben Bahn wie der Gasriese Jupiter. Das Erreichen des ersten dieser fernen Trojaner-Asteroiden ist derzeit für das Jahr 2027 geplant; die gesamte Mission von Lucy ist auf eine Dauer von zwölf Jahren ausgelegt; die Sonde soll insgesamt elf Asteroiden besuchen.
Während der direkten Begegnung am Sonntag wird Lucy ihre Hochgewinnantenne vom Heimatplaneten weg auf den Asteroiden richten, weshalb die Kommunikation zur Erde temporär abbricht. Die ersten wissenschaftlichen Daten erwartet die Nasa dann etwa einen Tag nach dem Vorbeiflug, die komplette Übertragung wird aber mehrere Tage dauern – Geduld ist also gefragt, bevor die Geheimnisse von Donaldjohanson gelüftet werden.