Wieso du in deinem neuen Job erstmal dich selbst besiegen musst

Wer den Job wechselt, der nimmt einen Großteil aller Probleme mit. (Foto: FOTOGRIN / shutterstock)
Das mag beleidigend klingen, ist aber schlicht eine Feststellung der Tatsachen. Wann immer Menschen die Ursachen ihrer Probleme außerhalb ihrer Person verorten, ist die Gefahr immens groß, dass sie den wichtigsten Teilnehmer der Problemlage übersehen: sich selbst.
Diese Behauptung braucht eine Erklärung. Ich beginne mit der Einschränkung: Mobbing ist eine Handlung, bei der es Handelnde und Opfer gibt. Wer zum Opfer von Mobbing wird, dem wird etwas angetan, da ist die Frage nach einer Ursache die völlig falsche.
Anders sieht es bei Reibereien aus. Bei wiederkehrender Unzufriedenheit, Stress-Essen, Bewegungsmangel, Überstunden, Neid, zu viel Nähe im Team oder zu wenig.
Veränderungen sind im Grunde gut
Ihre schlechten Angewohnheiten packen Menschen an ihrem letzten Tag im alten Job ein und am ersten Tag im neuen wieder aus.
Zu gehen, ist trotzdem oft eine gute Idee. Wer den Job wechselt oder gleich die Stadt, der fordert sein Gehirn neu heraus. Verbindungen müssen sich formen, wo vorher keine waren. Das regt die Kreativität an, macht schlauer und glücklicher. Deshalb fühlt es sich für viele Menschen so toll an, etwas Neues anzufangen. Neue Chance, neues Leben, neue Straßen, neue Bars, neue Snacks und neue Leute, alles prima.
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Der innere Werkzeugkoffer
Doch die Euphorie des Neubeginns wird nachlassen. Im Job mag sich ein Trott einschleichen, ein schlechter Tag kratzt am strahlenden Image des neuen Teams und all die kleinen Aufgaben, die gibt es ja weiterhin. Der Stress kommt wieder. Und mit ihm werden die gelernten Reaktionen wieder rauskommen: Ungeduld, Weinflaschen, Schokoladenriegel, Überstunden, gefurchte Stirn. Das ist ganz normal, schließlich haben Körper und Geist ihre Reaktionen schon jahrelang kultiviert. Sie spulen ein Programm ab, das, aller neuer Synapsen zum Trotz, noch immer hinterlegt war.
Herzlichen Glückwunsch, du hast dein altes Leben erfolgreich importiert. Wer seine Umstände verlässt, seinen eigenen Anteil an der Misere aber nicht anerkennt, der handelt wie jemand, der sich auf einen neuen, sauberen Computer freut – und dann alle Daten und Einstellungen rüberzieht.
Und nun?
Nun können Menschen ihr gewohntes Verhalten nicht so leicht löschen wie alte Dateien oder Systemeinstellungen. Schade. Gelernt ist gelernt, das gilt auch für Reaktionen auf Stress und Reibung.
Was stattdessen funktioniert: Ehrlichkeit. Wer weiß, warum er sich auf eine bestimmte Art verhält und sich gleichzeitig bewusst macht, dass er keine Lust mehr hat, so zu reagieren, der hat schon einen großen Schritt getan. Dazu gehört die Akzeptanz, dass aller klugen Erkenntnisse zum Trotz eine jahrelang eingeübte Reaktion nicht einfach weggeht. Und das ist okay so.
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Menschen sind sich selbst ausgeliefert, aber ändern können sie sich trotzdem. Durch bewusstes Handeln. Dadurch, dass sie Verantwortung übernehmen für das, was sie selbst tun und was sie selbst beeinflusst haben. Durch Anerkennung der eigenen Geschichte anstelle von Vorwürfen und Fluchtversuchen. Fluchtversuche führen immer wieder zum Ich zurück, denn ohne das Ich kommt ja niemand irgendwo hin. Streit mit dem Ich wird es auch nicht dazu bringen, artig zu sein.
Anerkennung, Ehrlichkeit, Akzeptanz und eine konkrete Vorstellung davon, wie Reaktionen auf Stress und Streit stattdessen aussehen sollen, können einen echten Neuanfang unterstützen. Und was dann aus der Snackbox wird, das muss jede*r selbst entscheiden.
Wenn in meinem Umfeld jemand den Job wechselte, dann meistens nicht wegen Problemen sondern wegen besserer Angebote oder weil man mal Veränderung will und das kann schon ein anderes Unternehmen in der selben Branche sein. Das klingt hier als würde man hauptsächlich wechseln um Problemen zu entkommen, aber das ist ja nicht die hauptsächliche Motivation.