Leistungsbetrug oder Akku-Optimierung? Oneplus 9 Pro drosselt hunderte Apps
Die Experten der Plattform Anandtech stießen auf sehr merkwürdiges Verhalten des Oneplus 9 Pro (Test). Einige Apps laufen so langsam wie auf zehn Jahre alten Billig-Smartphones, andere genauso schnell wie bei anderen Snapdragon-888-Flaggschiffen. Sie tauchten tiefer ins System ab, um die Unterschiede zu erklären. Ihr Fazit fällt erschütternd aus.
Zwischen Leistungsbetrug und Akku-Optimierung
Leistungsmessung stellt eine der Hauptdisziplinen der Technik-Geeks dar. Sie vergleichen dabei Benchmarks und eigene App-Messungen, um ein möglichst reales Bild zu erhalten. Beim Test der Oneplus-Flaggschiffe passten die Werte nicht zusammen: Beliebte Anwendungen hält Oneplus von seinen schnellsten Kernen fern, was zu einer bis zu viermal niedrigeren Leistung führt. In herkömmlichen Benchmarks arbeitet das Gerät hingegen wie man es bei dieser Ausstattung erwarten würde. Die Autoren schreiben: „Es ist so ungewöhnlich und verblüffend, dass es wirklich die Grenzen zwischen Akku-Optimierung, Leistungsbetrug und allgemeiner Falschdarstellung von Gerätespezifikationen verwischt.“
Prozesse von Performance-Kernen ferngehalten
Benchmark-Programme und unbekannte Apps erhalten der Analyse zufolge die volle Leistung. Die meisten der beliebtesten Nicht-Benchmark-Apps drosselt das System hingegen deutlich. Das Fazit: „Das bedeutet, dass die regulären Benchmark-Ergebnisse für die Benutzererfahrung ziemlich nutzlos sind.“
Zunächst fiel das Verhalten beim Browser Chrome auf: Beim ersten Durchlauf erreicht der Speedometer-Benchmark nur einen Wert von 61,5. Die Erklärung liegt darin, dass das Telefon den Benchmark ausschließlich auf den Cortex-78-Kernen und nicht dem Cortex-X1-Performance-Kern ausführt. Zusätzlich senkt das System deren Taktung von 2,41 auf 2 Gigahertz. Bei einer sofortigen Wiederholung setzte es sogar nur die kleinsten Kerne vom Typ Cortex-55 ein und erreichte einen Benchmark von erschütterten 16,8.
Performance wie bei einem Billig-Gerät aus 2010
Speziell bei Anzeigen von Internetinhalten über die entsprechende Bibliothek Webview fiel die Performance spürbar. Es gelang den Spezialisten nur mit unbekannten Web-Programmen und nur nach deren Neuinstallation, das Oneplus Pro dazu zu überreden, für deren Inhalt den Cortex-X1 zu aktivieren. In allen anderen Fällen stellten die Zahlen das Oneplus 9 Pro „als ein Buget-Gerät der frühen 2010er-Jahre mit schrecklicher Leistung“ dar.
Geekbench verbannt Oneplus 9 aus dem Katalog
Im Verlauf der Untersuchung fanden die Tester heraus, dass das Betriebssystem bestimmte Apps erkennt und drosselt. Wenn der Benchmark-Test von Geekbench etwa als Chrome-App maskiert ist, fallen die Werte um 20 Prozent. Der Betreiber der Performance-Plattform schmiss nach diesen Tests das Oneplus 9 und Oneplus 9 Pro raus. Aufgrund der Unterschiede, die das System bei den Apps macht, interpretieren die Anandtech-Autoren das Phänomen als eine „falsche Darstellung der Geräteleistung und nicht als eine allgemeine Optimierung der Energieeffizienz“.
Schwarze Liste zeigt das Who-is-Who der Apps
Ein Blick in die entsprechenden Frameworks zeigt ein erstaunliches Bild: Die Leistungsbegrenzung betrifft fast jede populäre App – von Zoom über Whatsapp, Tiktok, Instagram, Snapchat und Youtube und praktisch alle Google-Apps bis zu den Oneplus-eigenen Apps und Systemeinstellungen. Der Testbericht spricht von Hunderten. Der Autor des Tests schreibt, angesichts dessen wäre es ihm unmöglich, die Leistung des Oneplus 9 Pro realistisch zu quantifizieren.
Oneplus gibt Manipulationen zu
Das Portal XDA erhielt schließlich eine Stellungnahme des Herstellers. Man habe aufgrund von Nutzerhinweisen die Akkulaufzeit und das Wärmemanagement verbessern wollen und dazu die Leistung der Geräte bei der Verwendung beliebter Apps „optimiert“. Das habe dazu beigetragen, ein reibungsloses Erlebnis zu bieten und gleichzeitig den Stromverbrauch zu reduzieren. Dieser Darstellung widerspricht, dass das „merkwürdige Verhalten“ der Geräte schon bei Markteinführung vorhanden war, wie frühe Rezensionen beweisen. Zudem erkläre sich daraus nicht, warum nur bestimmte Apps betroffen sind und warum dieser Mechanismus tief im System versteckt ist, schreibt der Anandtech-Redakteur abschließend.
Es sind Cortex-78-Kerne, keine Cortex-48-Kerne.
Danke, genau die waren gemeint. Ist verbessert…