Das hat sich bislang noch keine Supermarktkette und kein Discounter getraut – es ist eine Art Nachhaltigkeits-Stunt, den der zur Rewe-Gruppe gehörende Discounter Penny da vollzieht: Ab dem heutigen Montag werden einige Produkte radikal im Preis erhöht, in einzelnen Fällen sogar um mehr als 90 Prozent. Der Grund hierfür ist allerdings eher künstlicher Natur. Denn der Lebensmitteleinzelhändler will den Kund:innen vor Augen führen, dass unsere Lebenmittel Umweltfolgekosten nach sich ziehen – und dass diese nicht marginal sind.
Umweltauswirkungen entstehen bei jeder Form von Produktion und Konsum. Entlang der Wertschöpfungsketten fallen diese derzeit unsichtbaren Umweltfolgekosten – die so genannten „wahren Kosten“ – unweigerlich an, spiegeln sich aber im Preis von Produkten, Dienstleistungen und Lebensmitteln nicht oder nur anteilig wider. Es ist nicht erkennbar, ob, wann, wie, wo und von wem sie kompensiert werden.
Zusammen mit der Technischen Hochschule Nürnberg und der Universität Greifswald will die Discounter-Kette, die zu Rewe gehört und allein in Deutschland mit rund 2.150 Filialen und über 30.000 Mitarbeitenden einen Umsatz von 8,8 Milliarden Euro macht, eine Diskussionsgrundlage und ein Bewusstsein hierfür schaffen.
Lebensmittel mit immensen Folgekosten
Es handelt sich dabei um neun ausgewählte konventionell und ökologisch erzeugte Eigenmarkenprodukte sowie ein veganes Lebensmittel. Konkret steigt etwa der Preis für Maasdamer-Käse (300 Gramm) von 2,49 Euro auf 4,84 Euro, die Wiener-Würstchen von Mühlenhof kosten 6,01 Euro statt 3,19 Euro und der Mozzarella San Fabio kostet 1,55 Euro statt 89 Cent. Das vegane Schnitzel steigt dagegen nur von 2,69 Euro auf 2,83 Euro.
Einberechnet wurden dabei die über die Lieferketten anfallenden Auswirkungen der Faktoren Boden, Klima, Wasser und Gesundheit auf den Verkaufspreis. Die erhobenen Bio-Lebensmittel haben Umweltfolgekosten in Höhe von durchschnittlich 1,15 Euro, die konventionellen von durchschnittlich 1,57 Euro und das vegane Food For Future Schnitzel von 14 Cent.
„Es geht nicht darum, die wahren Kosten unmittelbar für alle Lebensmittel einzuführen. Dazu fehlen die umfassenden wissenschaftlichen Grundlagen ebenso wie Antworten auf zentrale Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Wir erhoffen uns einen starken Impuls, damit wir Preise für Lebensmittel in einer anderen und (verursacher)gerechteren Form diskutieren und betrachten“, erklärt Dr. Amelie Michalke, Nachhaltigkeitswissenschaftlerin an der Universität Greifswald.
„Dennoch müssen wir uns der unbequemen Botschaft stellen, dass die Preise unserer Lebensmittel, die entlang der Lieferkette anfallen, die Umweltfolgekosten nicht widerspiegeln. Dafür wollen wir mit der nationalen Kampagne zu den wahren Kosten Bewusstsein schaffen“, erklärt Penny-COO Stefan Görgens.
Mehreinnahmen der Kampagne werden gespendet
Allerdings ist der Spuk nach einer Woche wieder vorbei, denn die „wahren Kosten“, die für die neun ausgewählten Produkte errechnet wurden, sollen nur bis zum kommenden Samstag gelten. Die Mehreinnahmen, also die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Wahre-Kosten-Preis, spendet das Unternehmen übrigens dem Zukunftsbauer. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von Penny, der Molkerei Berchtesgadener Land, Landwirt:innen und Kund:innen mit dem Ziel, einen Beitrag zum Klimaschutz und zum Erhalt der familiengeführten Bauernhöfe im Alpenraum zu leisten