Qualcomm Snapdragon 888: Das sind die Specs des neuen Smartphone-Beschleunigers
Festzustellen, dass der Snapdragon 888 schneller sein wird als der bislang aktuelle Snapdragon 865 Plus wäre profan. Natürlich ist das der Fall. Der Snapdragon 888 hat indes das Potenzial, sogar sehr deutlich schneller zu sein als der Vorgänger. Das hat mehrere Gründe.
Beginnen wir mit einer teilweise logistischen Information. Qualcomm lässt den Snapdragon 888 nicht bei TSMC fertigen, sondern bei Samsung. Die Fertigung erfolgt auch nicht im 7-Nanometer-Verfahren, sondern im brandneuen 5LPE-Node, dessen Serienbereitschaft Samsung eben erst angekündigt hatte. Das ist zumindest für TSMC schon mal ein Paukenschlag. Ob der Nutzer tatsächlich vom moderneren Fertigungsverfahren profitiert, wird sich zeigen müssen.
Das ist die neue CPU
Mit deutlich höherer Performance dürfte in jedem Fall zu rechnen sein, denn der Snapdragon 888 setzt als erster Chip für Smartphones auf den Cortex-X1-Kern von Arm. Dabei handelt es sich um den schnellsten Kern, den der Chipdesigner im Angebot hat.
Grundsätzlich hält Qualcomm zwar am Achtkern-Design fest und erhöht mit 2,84 Gigahertz auch die Taktrate des Prime-Kerns nicht. Dafür baut der Hersteller aber teils neuere Kerne ein. Der schnellste Prime-Kern ist dabei ein Cortex-X1 anstelle des bisherigen Cortex-A77. Der Cortex-X1 basiert zwar auf dem Cortex-A78 als Nachfolger des A77. Mit seinen zwei zusätzlichen Gleitkomma-Pipelines dekodiert er indes pro Takt fünf statt vier Instruktionen.
Auch beim L2-Cache legt der X1 im Vergleich das Doppelte zu und beläuft sich damit auf ein Megabyte. Damit soll der X1 eine um 22 Prozent höhere Integer- und Gleitkommaleistung gegenüber dem Cortex-A78 aufbieten. Den verwendet Qualcomm dann in dreifacher Ausfertigung und mit einer Taktung von 2,4 Gigahertz für die Performance-Kerne. Auch hier steigert Qualcomm die Taktung nicht.
Dennoch verspricht der Snapdragon 888 eine um bis zu 20 Prozent höhere Leistung, die im Wesentlichen aus kleineren Verbesserungen im Detail resultieren sollen – etwa dem höheren Cache-Durchsatz. Die vier Efficiency-Kerne fasst Qualcomm nicht an. Hier setzt die Chipschmiede weiter auf vier Cortex-A55-Kerne mit bis zu 1,8 GHz Taktfrequenz.
Quer über alle Leistungsbereiche sollen sich die Verbesserungen auf bis zu 25 Prozent Leistungssteigerung summieren. In gleicher Größenordnung sparsamer als im 865 soll die neue Kern-Zusammenstellung noch dazu arbeiten.
Bei der Bestückung der Smartphones mit maximal 16 Gigabyte Arbeitsspeicher können Hersteller zwischen den Speichertypen LPDDR4X-4266 (2.133 MHz) und LPDDR5-6400 (3.200 MHz) wählen.
Das ist die neue GPU
Um starke 35 Prozent will Qualcomm die Renderleistung der Grafikeinheit Adreno 660 im Vergleich zum Vorgänger gesteigert haben. Damit kann der Snapdragon 888 Bildschirme maximal mit Ultra-HD-Auflösung und 60 Bildern pro Sekunde (4K60) oder mit QHD+-Auflösung und 144 Bildern pro Sekunde versorgen. Insgesamt soll die GPU OLED-Panels besser ansteuern können, was für eine homogenere Darstellung sorgen soll. Ansonsten gibt es weiterhin die Unterstützung etablierter Standards wie DirectX 12, OpenGL ES 3.2, OpenCL 2.0 FP, HDR 10 (Plus), HLG und Dolby Vision.
Wirklich neu hingegen ist die Unterstützung des Variable Rate Shading (VRS). Das annonciert Qualcomm vor allem als Bestandteil des Funktionspakets Snapdragon Elite Gaming.
Der besondere Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, dass sich die Renderleistung erhöht, ohne gleichzeitig die Auflösung zu verringern. Das geschieht durch eine blockweise Berechnung ähnlicher Pixel und deren Farbabstufungen anstelle des bisherigen Einzel-Renderings. Dass das schneller geht, leuchtet ein.
Sichtbare Qualitätsunterschiede – die zu erwarten wären – soll das Verfahren vornehmlich deshalb nicht zeitigen, weil es nur da zum Einsatz kommt, wo nicht bildwichtige Bereiche betroffen sind. Mit anderen Worten: Es wird nur da unscharf, wo ohnehin keiner hinschaut. Das in Kombination mit dem 144-Hertz-Screen dürften die sichtbarsten Auswirkungen des 888 für Gamer sein.
Das ist das neue Modem
Das 5G-Modem X60 ist – anders als sein Vorgänger – im SoC integriert und nicht mehr als separater Chip ausgeführt. Das spart Platz und wohl auch Energie, ist aber nicht die wesentliche Neuerung.
Die besteht in der Unterstützung der mittleren 5G-Frequenzbänder zwischen zwei und sechs Gigahertz. Damit können künftig alle Sub-6- und mmWave-Netze genutzt werden, sofern die erforderlichen Antennen eingebaut sind. An der Bandbreite hat sich indes nichts getan. Ein Leistungsplus soll sich vor allem durch die Möglichkeit der Kanalbündelung ergeben.
Die übrigen Funktechnologien hat Qualcomm nicht angefasst. Hier werkelt weiterhin das externe Modul FastConnect 690. Damit bieten Smartphones auf dieser Basis Wi-Fi 6E und Bluetooth 5.2.
Das sind die neuen Kamera-Features
Smartphone-Kameras sollen in besonderem Maße von dem neuen Bildprozessor Spectra 580 profitieren, den Qualcomm als „dreifachen ISP“ bezeichnet. Damit ist eine der wesentlichen Neuerung des ISP (Image Signal Processor, Bildsignalprozessor) bereits genannt.
Der Spectra 580 ermöglicht drei gleichzeitige Kameraaufnahmen – etwa drei 28-Megapixel-Fotos oder drei 4K-Videos. Bei der gestrigen Vorstellung hatte Qualcomm noch plakativer von bis zu 120 12-Megapixelaufnahmen pro Sekunde gesprochen. So oder so – der neue ISP bringt rund 35 Prozent mehr Leistung und erhöht von 2 Gigapixel auf 2,7 Gigapixel pro Sekunde. Das soll laut Qualcomm den Unterschied zwischen einer sehr guten und einer professionellen Aufnahme machen.
Weitere Verbesserungen soll der neue KI-Beschleuniger bieten. Der stellt ein Zusammenspiel aus CPU, Grafikeinheit und dem neuen digitalen Signalprozessor Hexagon 780 dar. In dieser Kombination soll der Snapdragon mit einer Leistung von 26 TeraOps aufwarten – anstelle der 15 TeraOps des 865. Für den Hexagon 780 verspricht Qualcomm eine bis zu dreimal so hohe Leistung pro Watt – verglichen mit dem Vorgänger.
Das erste Smartphone mit dem neuen SoC wird – wenn nicht noch jemand schneller ist – das Xiaomi Mi 11 werden, dessen Vorstellung in Kürze erfolgen könnte.