Im Januar gab es Berichte, dass bald die ersten KI-Anwälte Angeklagte vor Gericht vertreten werden. Aber dass ein Richter sich für seine Urteilsbegründung von einer künstlichen Intelligenz beraten lässt, ist neu.
Der kolumbianische Richter Juan Manuel Padilla tat laut einem Bericht von Techxplore jetzt genau das: in einem Fall, bei dem es darum ging, dass die Familie eines autistischen Kindes angesichts ihres begrenzten Einkommens von der Zahlung von Gebühren für Arzttermine, Transportkosten und Therapien befreit wird.
Der Richter stellte ChatGPT Fragen wie: „Werden autistische Minderjährige von der Zahlung der Gebühren für ihre Therapien befreit?“ Er erhielt die Antwort, dass gemäß der kolumbianischen Vorschriften Minderjährige, bei denen Autismus diagnostiziert wurde, von der Zahlung von Gebühren für ihre Therapien befreit sind.
Richter sollen nicht ersetzt werden
Padilla argumentierte seine Nutzung damit, dass ChatGPT Dienstleistungen erbringt, die zuvor von einer anderen Person vollbracht werden musste. Mit dem Programm könnte das Justizsystem verbessert werden, da alles organisierter, strukturierter und einfacher ablaufen könnte. Der Richter sagte aber auch, dass ChatGPT und andere ähnliche Programme nützlich sein könnten, um „das Verfassen von Texten zu erleichtern“. Allerdings sollte das Ziel nicht sein, Richter vollständig zu ersetzen.
Der Einsatz von ChatGPT im Rechtssystem wird durchaus kritisch gesehen. Auch Entwickler OpenAI hat davor gewarnt, dass sein Tool Fehler machen kann. Wird ChatGPT zu etwas befragt, dass seine Trainingsdaten einfach noch nie hergegeben haben, kann es passieren, dass sich die KI eine plausibel erscheinende und authentische Erklärung ausdenkt, die nicht der Realität entspricht. Das kann gerade in der Rechtsprechung gefährlich sein.