Roblox: Was ist das eigentlich – und was hat es mit dem Metaverse zu tun?
Wenn es um den Begriff des Metaverse geht, tauchen online mittlerweile immer wieder Bezüge zur Spieleplattform Roblox auf. Die wurde 2006 nach zwei Jahren Entwicklungsarbeit von David Baszucki und Erik Cassel veröffentlicht und ermöglicht es ihren Nutzer:innen, auf verhältnismäßig einfache Art und Weise Online-Games zu programmieren und die Kreationen anderer zu spielen.
Genutzt wird im Roblox-Kosmos die Programmiersprache Lua, die Spielwelten werden aus Lego-ähnlichen Blöcken gebaut. Wer sein Spiel der Community zur Verfügung stellt, kann dafür auch Geld verlangen – das Unternehmen erhält dabei eine Provision.
Roblox: Spieleplattform für junges Publikum – und der erste Metaverse-Anwärter?
2020 verzeichnete die Plattform 150 Millionen aktive User:innen monatlich, gerade die Corona-Pandemie verhalf zu einem massiven Anstieg. Das Publikum fällt dabei eher jung aus, weswegen das Sandbox-Game auch immer wieder im Fokus der Medienpädagogik steht. Die lobt die Plattform für ihre vielfältigen kreativen Möglichkeiten, rät aber gerade bei Kindern zur begleiteten Nutzung. Kritik gab es in der Vergangenheit beispielsweise zum Datenschutz der Plattform, den teils kostenpflichtigen Inhalten und Schlupflöchern, durch die immer wieder auch sexualisierte oder brutale Inhalte auftauchen.
Jetzt landet Roblox, das mittlerweile börsennotiert ist und vor kurzem mit einem Ausfall zu kämpfen hatte, also in der eher erwachsenen Metaverse-Diskussion. Die Plattform sei bereits ein Metaverse, heißt es beispielsweise auf Twitter, viel mehr als nur ein umfassend aufgebauter Zeitvertreib für Kinder. Doch lässt sich eine der bekanntesten Metaverse-Definitionen wirklich darauf übertragen?
Roblox als Metaverse: Diese Punkte treffen zu
Matthew Ball, Risikokapitalist und ehemaliger Head of Strategy bei den Amazon-Studios, benennt in seinem vielfach besprochenen Essay „The Metaverse: What It Is, Where to Find it, and Who Will Build It“ – das übrigens gerade als NFT versteigert wird – insgesamt sieben Punkte, die ein Metaverse definieren sollen. Möchte man diese, quasi zum Gegencheck, auf Roblox anwenden, kann man zumindest zu Beginn tatsächlich einige Kriterien abhaken.
Sowohl das Metaverse als auch Roblox sind, Punkt 1, beständig. Das heißt, sie laufen immer weiter, werden nicht pausiert oder beendet. Einschränkung bei Roblox: Theoretisch wäre es durchaus möglich, dass die Plattform von der gleichnamigen Firma stillgelegt oder abgeschaltet wird. Der massive Erfolg, den Roblox aktuell gerade bei Kindern und Jugendlichen einfährt, macht das zur Zeit aber maximal unwahrscheinlich.
Das Metaverse ist live (Punkt 2), spielt sich also in Echtzeit ab, und die Zahl der Nutzer:innen ist nicht durch eine Obergrenze beschränkt (Punkt 3). Natürlich dürfte Roblox in der Theorie irgendwann an seine technischen Kapazitäten stoßen – abzusehen ist aber auch das in der Praxis erstmal nicht.
Roblox kann mit eigenem Wirtschaftssystem punkten
Ein eigenes Wirtschaftssystem gehört ebenfalls zu den Eigenschaften des Metaverse (Punkt 4). In Roblox wird mit der virtuellen Währung Robux gehandelt, die zum Beispiel für den Erwerb von Sonderrechten in einzelnen Games oder den Kauf von Kleidung genutzt wird. Nutzer:innen der Plattform können Robux entweder durch Einmal-Zahlungen oder im Abosystem erstehen. Erste findige Unternehmen sind in das Handelssystem der Plattform auch schon eingestiegen, so bietet beispielsweise das Modelabel Pacsun seine Entwürfe als digitale Items an.
Roblox als Metaverse – das spricht dagegen
Ball definiert aber auch, welche Art von virtuellen Welten nicht als Metaverse zu verstehen sind. Und spätestens hier wird es kompliziert mit der Roblox-Metaverse-Analogie. Neben Themenparks, „neuen“ App-Stores und weiterem beschäftigt sich der Verfasser in seiner Abhandlung nämlich auch mit „virtuellen Welten“, „virtuellem Space“, einer „digitalen und virtuellen Wirtschaft“, neuen Arten der „User-Generated-Content-Plattformen“ und, ganz banal wirkend, Spielen. Alles Kategorien, deren Elemente teilweise in Roblox wieder zu finden sind – und die von Ball explizit aus der Metaverse-Definition ausgeschlossen werden.
Auch Punkt 5 der Metaverse-Kriterien erschwert einen Vergleich. Das Metaverse soll die digitale Welt genauso wie die physische umfassen. Außerdem gibt es offene und geschlossene Plattformen innerhalb des Metaverse. Letztere findet man in Roblox durchaus, es besteht beispielsweise die Möglichkeit, sich in Spielen private Server zu erstellen. Gerade der Punkt, die digitalen Plattform-Inhalte und -Eigenarten in die physische Welt zu übertragen, lässt aber noch Fragen offen.
Es hakt an der Interoperabilität
Tatsächlich erwähnt sogar Matthew Ball selbst Roblox in seinem Essay, nämlich in Punkt 6. Der handelt davon, dass im Metaverse eine extrem hohe Interoperabilität von Daten, digitalen Gegenständen/Assets, Inhalten über einzelne Plattformen hinweg bestünde. So könnte beispielsweise „ein für Rocket League (oder sogar für die Porsche-Website) entworfenes Auto auch in Roblox zum Einsatz kommen.“ Der Konjunktiv verrät: Dem ist noch nicht so. „Heute verhält sich die digitale Welt im Grunde wie ein Einkaufszentrum, in dem jedes Geschäft seine eigene Währung verwendet, eigene Ausweise benötigt, eigene Maßeinheiten für Dinge wie Schuhe oder Kalorien und unterschiedliche Kleiderordnungen hat“.
Roblox in der Metaverse-Debatte – Fazit
Wer aufmerksam mitgezählt hat, dem dürfte jetzt noch ein Kriterium fehlen. Punkt 7 der Definition besagt, dass das Metaverse voll von Inhalten und „Erfahrungen“ sein soll, die von Individuen, privaten Gruppen oder Unternehmen erstellt worden sind. Hier kann Roblox wieder punkten, denn genau das ist ja, zumindest im Gaming-Bereich, das Konzept der Plattform.
Insgesamt erfüllt Roblox also durchaus einige Kriterien, die einen Metaverse-Vergleich nahelegen. Zum absoluten Ur-Metaverse reicht es aber wohl noch nicht – zumindest, wenn man sich an der Definition von Ball orientiert.