Eine Düse aus Hamburg spart 12 Millionen Tonnen CO2 und gewinnt den Umweltpreis
Die Schifffahrt „auf Klimakurs bringen“ sei enorm wichtig, sagte der Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Alexander Bonde, in der Würdigung der Gewinner des Deutschen Umweltpreises. Den mit 500.000 Euro dotierten Hauptpreis teilen sich daher zwei Ingenieure, die eine Vordüse für Schiffsantriebe entwickelt haben, mit einem internationalen Wildschützer. Die Vorrichtung für Schiffspropeller hat schon Millionen Tonnen CO2 eingespart. Weitere Preise gingen an zwei Frauen, die sich umweltfreundliche Landwirtschaft auf die Fahnen geschrieben haben.
Becker Mewis Duct spart 12 Millionen Tonnen CO2
Friedrich Mewis und Dirk Lehmann haben die Schifffahrt mit ihrem „Becker Mewis Duct“ (BMD) weltweit revolutioniert, schreibt die Stiftung. Der heute 58-jährige Lehmann war 2009 Geschäftsführer der Becker Marine Systems. Er erhielt Besuch von dem 19 Jahre älteren Tüftler Mewis, der bereits einige Patente hielt. Mewis präsentierte das Konzept eines energiesparenden Kanals. Lehmann erkannte das Potenzial und fand in Mewis einen Seelenverwandten. In nur zwölf Monaten entwickelten sie mit einem Team von Becker Marine die Vorrichtung, die nach eigenen Angaben sofort auf dem Markt einschlug. Heute fahren 1.400 Schiffe damit herum und haben bisher schätzungsweise zwölf Millionen Tonnen CO2 eingespart.
Der Trick ist die Strömung
Die 60 Tonnen schwere „Düse“ wird in zwei Teilen vor der Schiffsschraube angelegt, die erst am Schiff zusammengeschweißt werden können. Ihre integrierten Strömleitflächen bündeln das Wasser, schaffen einen Drall entgegen der Propellerrichtung und effektivieren somit den Antrieb. Lehmann erklärt: „Ein Schiff ist wie ein Schuhkarton, der durchs Wasser geschoben wird. Vorne gibt es eine Welle und hinten weiß das Wasser nicht, wohin es soll.“ Das änderte die BMD und spart so zehn Prozent Schweröl ein. Außerdem senkt Becker Mewis Duct die Lärmbelastung im Meer– wichtig etwa für Wale.
Biologe kämpft für den Erhalt von Nationalparks
Die andere Hälfte des Umweltpreises erhält Christoph Schenck für seinen Einsatz in Schutzgebieten. Der 60-Jährige setzt sich besonders für den Schutz von Nationalparks am Amazonas, dem Kongobecken und in Südostasien ein. Als Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt betreut er 31 Schutzprojekte in 18 Ländern. „Solche Biodiversitäts-Hot-Spots im tropischen Regenwald trotz wirtschaftlicher Interessen zu bewahren, spielt auch für den Weltklimaschutz eine entscheidende Rolle – bestes Beispiel ist Amazonien, die globale grüne Lunge“, so DBU-Chef Bonde.
Regenwald steht vor einem kritischen Kipppunkt
Schenck betont die Gefahr für den Amazonas-Regenwald. Die Entwaldung dort nähere sich einem Kipppunkt mit dramatischen Auswirkungen. Sollte der Wald einen Verlust von 20 bis 25 Prozent hinnehmen, werde ein nicht mehr zu stoppender Absterbeprozess initiiert, warnt er. Schenck sagt: „Derzeit sind es rund 18 Prozent.“ Er hat schon den Gonarezhou-Nationalpark in Zimbabwe auf Zack gebracht. Der Park war vor 13 Jahren in einem „völlig desolatem Zustand“ und gehört heute zu den bestorganisierten. Aktuell kämpft der Biologe für den „Legacy Landscapes Fund“, ein System, um die schwankende Finanzierung von Nationalparks zu stabilisieren. 30 Top-Artenschutzgebiete sollen in die Stiftung wandern.
Landwirtschaft ökologisch und ökonomisch
Den Ehrenpreis erhalten Myriam Rapior von der Bund-Jugend und Kathrin Muus von der Deutschen Landjugend. Sie entwarfen gemeinsam in der Zukunftskommission Landwirtschaft eine Vision ökologischer, sozial nachhaltiger und ökonomisch tragfähiger Agrarwirtschaft. Sie erhalten je 10.000 Euro nicht nur für die Vorschläge, sondern auch für das Überbrücken der Schlucht zwischen Umweltschützern und Landwirten. DBU-Chef Bonde begründet den Preis auch mit dem richtungsweisenden Anteil der beiden jungen Frauen daran, dass die Zukunftskommission die Agrarpolitik „mit den Parametern ökologische Verantwortung, ökonomische Tragfähigkeit und soziale Akzeptanz neu vermessen hat“. Zudem hätten Rapior und Muus bemerkenswerte Impulse für eine neue Debattenkultur gesetzt. Bundespräsident Walter Steinmeier vergibt die Preise am 30. Oktober in Magdeburg.