Hawking und Penrose waren zu dem Schluss gekommen, dass sich im Zentrum eines jeden schwarzen Lochs eine sogenannte Singularität befindet. Dabei handelt es sich um einen Punkt, an dem die Schwerkraft unendliche Stärke erreicht.
Astrogretchenfrage: Gibt es Singularitäten überhaupt?
Kerrs Arbeit, die – bislang ohne Peer-Review – auf dem Preprint-Server Arxiv erschienen ist, stellt nicht nur diese vermeintliche Gewissheit infrage. Sie bezweifelt darüber hinaus, dass eine Singularität nach der Entstehung eines Ereignishorizonts durch einen kollabierenden Stern überhaupt entsteht.
So gerät einer der Grundpfeiler moderner Astrophysik ins Wanken, was Kerr, der seinerseits zu den bedeutendsten theoretischen Physikern unserer Zeit gehört, regelrecht zu freuen scheint. Immerhin unterstreicht er, dass die Annahme einer Singularität eher auf Glauben als auf harten wissenschaftlichen Beweisen beruhe.
Damit stellt er die Schlussfolgerungen von Hawking und Penrose grundsätzlich auf den Prüfstand. Das erkennt auch die theoretische Physikerin Sabine Hossenfelder vom Münchner Zentrum für mathematische Philosophie an.
Kerr-These: Schlüssig, aber mehr Beweise nötig
Hossenfelder hält Kerrs mathematische Argumentation für solide und nennt sie eine bedeutende Entwicklung in der theoretischen Physik. Allerdings, so relativiert sie, müsse ein möglicher Fehler in der Beweisführung nicht automatisch die ursprüngliche Schlussfolgerung für ungültig erklären. Es seien demnach mehr Beweise für Kerrs Thesen zu erbringen, was eine gründlichere Untersuchung des Themas bedinge.
Es bleibt abzuwarten, ob und wie der inzwischen 92-jährige Roger Penrose, der 2020 unter anderem für die These, dass schwarzen Löchern Singularitäten innewohnen, den Nobelpreis für Physik verliehen bekommen hatte, auf den Vorschlag des 89-jährigen Kerr reagieren wird.
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