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Blue Origin: Protestbrief spricht von Sexismus, Ausbeutung und Unterdrückung

21 Verfasser:innen beschreiben die Zustände bei Blue Origin als „toxisch“. Sie legen dar, wie das die Sicherheit senkt. Die Flugüberwachung prüft nun die Aussagen.

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Sicherheitsbedenken von Fachfrauen bei Blue Origin sollen regelmäßig abgetan worden sein. (Foto: Blue Origin)

Herablassend mit Frauen zu sprechen und ihre Bedenken herabzuwürdigen, scheint einem Protestbrief zufolge zur Unternehmenskultur Blue Origins zu gehören. Darüber hinaus führen die Verfasser:innen weitere Gründe an, warum das Raumfahrtunternehmen von Jeff Bezos keineswegs auf das erklärte Leitbild hinarbeitet, eine bessere Welt zu erschaffen und „der Erde zu nutzen“. Sie schreiben: „Wenn die Kultur und das Arbeitsumfeld dieses Unternehmens eine Schablone für die Zukunft sind, die Jeff Bezos sich vorstellt, dann bewegen wir uns in eine Richtung, die das Schlimmste in der Welt widerspiegelt, in der wir jetzt leben, und die sich dringend ändern muss.“

Männer gängeln weibliche Angestellte

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Der Brief führt aus, 100 Prozent der leitenden Techniker und Programmverantwortlichen seien männlich. Diese Tendenz verwundere in der Branche nicht, jedoch der Sexismus, der bei Blue Origin daraus entstanden sei. „Zahlreiche leitende Angestellte sind dafür bekannt, dass sie sich stets unangemessen gegenüber Frauen verhalten“, steht dort geschrieben. CEO Bob Smith habe eine Führungskraft, die mehrfach wegen sexueller Belästigung gemeldet worden war, trotzdem befördert. Eine andere sei durch andauerndes „Catcalling“ aufgefallen. Der Manager habe Frauen häufig als „Babygirl“, „Baby doll“ (Püppchen) und „Sweetheart“ (Schätzchen) bezeichnet und sich nach ihrem Liebesleben erkundigt. Mitarbeiterinnen seien vor ihm gewarnt worden, obwohl er für die Einstellung zuständig war. Erst als er Frauen begrapschte, sei er schließlich entlassen worden.

Mitarbeiterinnen werden nicht ernst genommen

Der Brief erklärt, viele Führungskräfte seien deutlich voreingenommen gegenüber Frauen. Das äußerte sich darin, dass Bedenken von weiblichen Angestellten konsequent abgetan und ihre Aussagen herabgewürdigt wurden. Auch in anderen Bereichen habe es Ungleichbehandlungen gegeben. So hätte ein Mann, der wegen schlechten Leistungen gekündigt worden war, in Würde gehen können und sogar noch eine Abschiedsparty erhalten, während eine Frau in einem ähnlichen Fall den Arbeitsplatz sofort verlassen musste und bis dahin von Sicherheitspersonal beobachtet wurde.

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„Für das Wohl der Erde“: Klimaschutz kein Thema bei Blue Origin

Des Weiteren beschweren sich die Verfasser:innen, dass Jeff Bezos zwar allerlei Ankündigungen und Spenden im Bereich Klimaschutz gemacht habe, intern Umweltschutz jedoch keine Rolle spiele. So habe man das Werk in Kent immer wieder um Maschinen erweitert und sich erst im nächsten Schritt überlegt, ob etwa eine Genehmigung für die Entsorgung der Abfälle erforderlich sei. Umweltbedenken blieben konsequent unbehandelt. Vielmehr habe man für den Firmensitz ein Feuchtgebiet trockengelegt. Aufgrund der daraus resultierenden „schweren Überschwemmungen“ mussten die umgebenden Straßen angehoben werden. Der Brief fasst zusammen: „Wir haben nicht gesehen, dass Nachhaltigkeit, Klimawandel oder Klimagerechtigkeit den Entscheidungsprozess oder die Unternehmenskultur von Blue Origin beeinflusst haben.“

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Nicht zum Wohl der Menschen: Ausbeutung ist Unternehmenskultur

Die Autor:innen beschreiben interne Memos, in denen die Führungsebene fordert, dass das Unternehmen „mehr aus unseren Mitarbeitern herausholen muss.“ Burnout sei Teil der Arbeitsstrategie. Mitarbeiter:innen hätten „entmenschlichende Erfahrungen“ gemacht und würden aus Angst vor Jeff Bezos’ Macht und Einfluss schweigen. „Andere haben Suizidgedanken gehabt, nachdem ihre Leidenschaft für den Weltraum in einem derart toxischen Umfeld missbraucht wurde“, steht in dem Dokument wörtlich. Eine Programmleiterin mit jahrelanger Expertise in der Branche wird mit den Worten zitiert, die Arbeit bei Blue Origin sei „die schlimmste Erfahrung ihres Lebens gewesen“.

Meinungsdisparität unerwüscht

Abweichende Meinungen sollen bei dem Raumfahrtunternehmen systematisch unterdrückt worden sein. So habe Bob Smith angeordnet, es den Mitarbeiter:innen zu erschweren, in dem einzigen offenen Diskussionsforum Fragen zu stellen. Seinen COO soll er gebeten haben, eine Liste von Unruhestifter:innen und Aufwiegler:innen zu erstellen, um mit ihnen in Einzelgespräche gehen zu können. Kritiker seien aus dem Unternehmen gedrängt worden. Smiths innerer Kreis von Loyalisten treffe einseitige Entscheidungen ohne die Zustimmung der zuständigen Ingenieur:innen oder anderen Expert:innen.

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Halsbrecherisches Tempo senkt Sicherheit – FAA ermittelt

Das habe auch Auswirkungen auf die Sicherheit der Raketen. Der Wettbewerb mit anderen Milliardären scheine Vorrang vor Sicherheitsbedenken zu haben. Zudem seien zunächst pro Jahr zwar nur wenige Flüge der New-Shepard-Rakete geplant gewesen, nun dränge die Führungsebene darauf, die Anzahl auf mehr als 40 Flüge zu erhöhen. Die Verfasser:innen gehen davon aus, dass das „halsbrecherische Tempo angesichts der verfügbaren Ressourcen und Mitarbeiter die Flugsicherheit ernsthaft gefährdet.“ Sie stellen fest, dass dem Challenger-Unfall ein ähnliches Drängen der Verantwortlichen vorausging. Amtlichen Untersuchungen der Katastrophe  zufolge führte das direkt zu unsicheren Startvorgängen. Ein Sprecher der Flugsicherheitsbehörde Federal Aviation Adminsitration (FAA) erklärte gegenüber The Verge aufgrund der Vorwürfe, man nehme jeden Sicherheitsvorwurf ernst und prüfe die Informationen.

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