Shitstorm auf Twitch: Firma steht nach Livestream-Verlosung vor dem Aus

Eine Streamerin aufgrund ihrer Followerzahl und fehlender Engagementrate bei einem Werbelink aus einem Gewinnspiel werfen? Keine gute Idee. Das Ganze in überheblichem Tonfall abziehen und live streamen? Richtig schlechte Idee. Das hat in der letzten Woche auch der Chef von Artesian Builds, Noah Katz, erfahren müssen. Nach einem gewaltigen Shitstorm kommt es jetzt allerdings noch schlimmer für das Unternehmen.
Was war passiert? Artesian Builds, eine Firma, die hochspezialisierte Gaming-PCs baut und den Bauprozess jeder Bestellung live auf Twitch streamt, hat Anfang März 2022 ein PC-Giveaway veranstaltet. Für den Gewinn ausgelost wurde dabei die Streamerin Kiapiaa. Zum Zeitpunkt des Gewinnspiels hatte sie rund 2.000 Twitch-Follower, mittlerweile sind es fast 30.000. Zum Vergleich: Dem Kanal von Artesian Builds folgen aktuell rund 260.000 Menschen.
Voraussetzung für die Teilnahme am Gewinnspiel war eine bestehende Ambassador-Kooperation mit Artesian Builds – die hatte Kiapiaa seit drei Monaten. Was Firmenchef Noah Katz allerdings auffiel, als er Kiapiaas Profil nach der Ziehung genauer unter die Lupe nahm: Der Promotion-Link, über den Kiapiaas Followerschaft eigentlich zu Artesian Builds kommen sollte, war noch kein einziges Mal geklickt worden.
Weil ihm obendrein die gesamten Follower-Zahlen der Streamerin nicht reichten, beschloss Katz live im Stream, dass sie keinen Anspruch auf den Gewinn habe, und er rollte die Verlosung neu aus. Nicht nur die Tatsache dass, sondern auch die Art und Weise wie der Firmenchef die Streamerin aus dem Gewinnspiel warf – nämlich so, als hätte er eine Betrügerin ertappt –, sorgte für einen gewaltigen Shitstorm.
Als Folge der Aktion distanzieren sich hochkarätige Twitch-Streamer wie beispielsweise „Call of Duty“-Experte Nickmercs und „Escape from Tarkoy“-Spieler Pestily, die bis zur Verlosung Ambassador für Artesian Builds waren, von der Firma. Auch von anderen Content-Schaffenden gibt es mittlerweile immer wieder Kritik am Unternehmen.
Die betroffene Streamerin selbst reagierte via Twitter auf die Aktion, sie postete die entsprechenden Ausschnitte des Streams und schrieb dazu: „Hört ihr die Stimme dieses Mannes? Er verunglimpft mich. Er verleumdet und diffamiert meinen Stream und mich als Person“. Die PCs der Firma seien eben teuer, nicht jeder habe dafür das nötige Budget, begründet sie die ausbleibenden Klicks auf den Link. Katz habe ihr durch seine Aktion das Gefühl gegeben, sie sei keine gute Streamerin, und ihre Community schlecht dargestellt.
Während Artesian Builds im Nachklang der Aktion einige Tausend Follower verloren hat, hat Kiapiaa zwar keinen PC, dafür aber ordentlich Reichweite gewonnen. Von den PC-Bauern habe sie mittlerweile eine Art Wiedergutmachungsangebot erhalten, man würde ihr einen PC zuschicken – die Streamerin hat nach eigener Angabe aus Prinzip abgelehnt.
Ein Entschuldigungs-Posting des PC-Herstellers wurde laut gamesindutry.biz zunächst auf Twitter gepostet, ist mittlerweile aber nicht mehr zu finden. Von Artesian Builds Partnerfirma Intel gibt es ein Statement zum Vorfall, in dem es heißt: „Wir bemühen uns, Streamer aller Größen in unseren Programmen willkommen zu heißen, und sind mit den jüngsten negativen Kommentaren gegenüber kleinen Streamern nicht einverstanden. Wir wenden uns an die betroffenen Parteien, um die Situation zu klären.“
Der Image-Schaden durch das Verhalten von Katz könnte für Artesian Builds allerdings der Tropfen gewesen sein, der das berühmt-berüchtigte Fass zum Überlaufen gebracht hat: Auf Twitter verkündete die Firma jetzt, dass man aktuell alle Aktivitäten einstellen werde. Es laufe eine externe Analyse, wie man die Firma umstrukturieren könne, um „um eine faire Behandlung von Kunden, Gläubigern und Mitarbeitern zu gewährleisten“, für Investments oder Hilfen sei man offen.
All das klingt stark danach, dass die Firma ohnehin schon in Schwierigkeiten gesteckt haben dürfte – der Sympathieverlust in der Community durch die Aktion im Stream dürfte das wohl kaum gebessert haben.
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