Der kalifornische Selbstfahrentwickler Zoox hat nach langer Entwicklungszeit, viel Geheimniskrämerei und hemdsärmeligen Prototypen ein durchdachtes und nah an der Serie scheinendes Elektro-Auto vorgestellt. Das hat mit konventionellen Vorstellungen von einem Auto nicht mehr viel zu tun.
Das ist das Robotaxi von Zoox
So hat der rund 3,60 Meter lange Zoox-Stromer nach außen gezogene Räder und einen daraus resultierenden langen Radstand, wobei die Räder jeweils das Ende des Fahrzeugs markieren. Der Platz zwischen den Räder ist durch einen kastenförmigen Fahrgastraum belegt, der – ohne die Sitze – auch als Ladefläche genutzt werden könnte.
Das Auto hat keinen Fahrerbereich. Die Fahrgäste sitzen sich auf zwei Zweierbänken gegenüber. Ein Lenkrad nebst Bremsen und anderen Einflussmöglichkeiten gibt es nicht. Das Fahrzeug fährt vollautonom. Ob es eine Remote-Steuerung wie beim Waymo geben wird, ist noch unklar.
Der Zoox-Stromer kann nicht nur vorwärts und rückwärts gleichermaßen fahren, kennt also keine baulich definierte Fahrtrichtung. Die Räder können sogar einzeln in unterschiedliche Richtungen fahren. Beide Achsen sind lenkbar. So soll sich das Fahrzeug etwa nahezu auf der Stelle drehen können, was ihm eine unvergleichliche Manövrierbarkeit verleihen soll. Dazu verfügt es über einen Allrad-Antrieb.
Mit bis zu 80 Kilometern pro Stunde befördert der Zoox seine Fahrgäste. Eine luxuriös große Batterie mit einem Energieinhalte von 133 Kilowattstunden soll genug Energie für einen Dauerbetrieb über 16 Stunden liefern.
Der Zoox ist zudem mit einer Vielfalt an Sicherheitseinrichtungen ausgestattet. Sechs Lidar-Sensoren sitzen auf dem Dach des Stromers, ergänzt um Radar-Sensoren und Kameras. In Kombination soll der Zoox von jeder Wagenecke aus einen 270-Grad-Blickwinkel abdecken und Objekte identifizieren können, die bis zu 150 Meter entfernt sind.
Im Innenraum setzt der Zoox eher auf den – wenn auch modernen – ÖPNV-Charme. Zwischen den Sitzen finden Fahrgäste jeweils ein Qi-Ladepad für ihre Smartphones und jeweils einen Becherhalter. In den linken und rechten Sitzbegrenzungen befinden sich Touchscreens, die wesentliche Fahrtinformationen wie die Route oder die Ankunftszeit anzeigen sollen und über die sich Komfortfunktionen wie Musik oder die Innentemperatur steuern lassen.
Einen Preis hat der Stromer nicht. Es scheint offensichtlich, dass das Gefährt nicht verkauft werden soll – jedenfalls nicht für den Individualverkehr.
Was steckt hinter dem Zoox-Selbstfahrer?
Nachdem Zoox im Juni dieses Jahres von Amazon für mehr als eine Milliarde US-Dollar übernommen wurde, gehen Experten davon aus, dass der nun vorgestellte Selbstfahrer der erste Schritt hin zu einer Robotaxi-Flotte des E-Commerce-Riesen sein könnte.
Denn genau wie Alphabets Waymo betreibt Zoox bereits derzeit einen sogenannten Ride-Hailing-Dienst, bei dem Menschen per App eine Mitfahrgelegenheit von A nach B buchen können. Dabei setzt Zoox allerdings nicht den hier vorgestellten Selbstfahrer, sondern umgebaute Toyota SUV ein.
Andere Branchenkenner vermuten indes eher, dass sich Amazon die Zoox-Technologien für das eigene Liefergeschäft nutzbar machen will. Immerhin laufen bei Amazon bereits Projekte, die Lieferprozesse per Roboter oder Drohne erproben. Da scheint eine Lieferung per selbstfahrendem Auto nicht abwegig. Waymo testet übrigens genau das in Kooperation mit UPS.
Tatsächlich ist Amazon intensiv in Firmen investiert, die elektrische Fahrzeuge mit und ohne Selbstfahr-Ambitionen entwickeln. So hat sich Amazon sehr namhaft an Rivian beteiligt und will mit dem US-Autobauer elektrische Lieferfahrzeuge für seine Prime-Logistiksparte entwickeln. Auch am Startup Aurora hält Amazon Anteile. Aurora hatte erst vor einigen Tagen die Robotaxi-Entwicklung von Uber übernommen.