Skoda Enyaq iV im Test: Das Elektroauto für Familien
Zu klein, zu teuer, zu geringe Reichweite – lange Zeit mussten sich Elektroautos diese Kritik gefallen lassen. Und ganz unbegründet war sie freilich nicht. Ein gut ausgestatteter BMW i3 mit 250 Kilometern Reichweite kostet schnell mal auf über 45.000 Euro. Ganz schön viel Geld für einen Kleinwagen. Für Familien kam dagegen platztechnisch lange Zeit nur das Model X von Tesla infrage. Bezüglich Reichweite und Größe gibt es hier nichts zu meckern, allerdings war (und ist) das Model X mit einem Basispreis von über 100.000 Euro für viele schlichtweg unerschwinglich.
Ab 2019 begann sich das allmählich zu ändern. So gut wie alle Autohersteller kündigten eine Elektroauto-Offensive und zahlreiche neue Modelle an. Auf besonders großes Interesse stieß dabei vor allem ein Fahrzeug: der Skoda Enyaq iV. Und das lag nicht etwa an monströsen PS-Zahlen oder einer absurden Beschleunigung, sondern vielmehr daran, dass der vollelektrische SUV von Skoda genau das war, auf was viele lange Zeit gewartet hatten: ein bezahlbares Elektroauto für die Familie.
Im April 2021 verzeichnete Skoda für den Enyaq iV bereits mehr als 20.000 Vorbestellungen. Allein 5.000 davon entfielen auf den deutschen Markt. Offenbar hatten die Tschechen selbst nicht mit einer so hohen Nachfrage gerechnet – und kündigten kurzerhand an, die Produktion schnellstmöglich von den ursprünglich geplanten 350 Fahrzeugen pro Tag auf 500 zu steigern.
Aber was macht den Enyaq iV so erfolgreich? In einem zweiwöchigen Test hatten wir im Juli Gelegenheit dazu, uns ein Bild von Skodas erstem vollelektrischen SUV zu machen.
Skoda Enyaq iV: Der Preis ist heiß
Der Skoda Enyaq iV ist knapp 4,65 Meter lang und 1,88 Meter breit. Das Kofferraumvolumen beläuft sich auf 585 Liter, mit umgeklappter Rückbank sind es sogar 1.710 Liter. Das macht den Enyaq iV zu einem unglaublich geräumigen Elektroauto, zumal Skoda – anders als die Konkurrenz – zugunsten des Ladevolumens auf ein Steilheck setzt.
Das allein macht den Skoda Enyaq iV aber noch nicht zum Kassenschlager, sondern vielmehr sein Preis: Die Variante mit kleinem Akku (52 Kilowattstunden, 362 Kilometer WLTP-Reichweite) startet nach Abzug der Förderung bei gerade einmal 24.800 Euro. Das mittlere Modell (58 Kilowattstunden, 412 Kilometer WLTP-Reichweite) ist ab 29.850 Euro zu haben, das Spitzenmodell (77 Kilowattstunden, 534 Kilometer WLTP-Reichweite) für 34.950 Euro.
Selbst wenn man sich im Konfigurator austobt und in den Bereichen Interieur, Assistenz, Komfort und Fahrsicherheit nur das Feinste vom Feinsten auswählt, bleibt man immer noch in einem Preisbereich um die 46.000 Euro. Für vergleichbare vollelektrische Modelle von Mercedes, Audi oder BMW werden problemlos 75.000 bis 100.000 Euro fällig. Selbst ein im Vergleich zum Enyaq iV winziger BMW i3 kostet (gut ausgestattet) nach Abzug der Förderung noch rund 40.000 Euro.
Anders ausgedrückt: Mit dem Skoda Enyaq iV bekommt man viel Elektroauto für (vergleichsweise) wenig Geld.
Skoda Enyaq iV: Unterwegs auf der Langstrecke
Bei einem Elektroauto bleibt das Thema Reichweite für viele der entscheidende Faktor. Deshalb sind wir in unserem Test der Frage nachgegangen, wie viel Zeit man beim Enyaq iV 80 für eine Strecke von 640 Kilometern einkalkulieren muss.
Wir starten mit vollem Akku. Der Bordcomputer beziffert die Reichweite auf 410 Kilometer. Nach 305 Kilometern legen wir den ersten Ladestopp ein. Mit einer Leistung von 125 Kilowatt laden wir den Akku des Enyaq iV innerhalb von zehn Minuten von 21 auf 47 Prozent. Diesen Bereich haben wir bewusst gewählt, da die Ladekurve bis 40 Prozent nahezu linear verläuft und danach langsam abnimmt. Anders ausgedrückt: Von 5 bis 40 Prozent lädt der vollelektrische Skoda – ähnlich wie der VW ID3 – deutlich schneller, als von 40 auf 75 Prozent.
Weitere 180 Kilometer später folgt der zweite und letzte Ladestopp. Da wir an der Raststätte auch einen kurzen Snack zu uns nehmen, gönnen wir dem Enyaq iV 17 Minuten an der Ladesäule. In dieser Zeit lädt das vollelektrische SUV genug Energie, um mit 80 Kilometern Restreichweite in Berlin anzukommen.
Kann man die 640 Kilometer auch mit einem Ladestopp zurücklegen? Ja, kann man. Auf dem Rückweg haben wir lediglich eine Pause nach 340 Kilometern einlegt. Zeit gewinnt man dadurch aber nicht. Tatsächlich muss man sogar etwas mehr Zeit einplanen, da die Ladekurve – wie oben beschrieben – ab 40 Prozent langsam abnimmt und der „eine“ Ladestopp dann etwa 30 Minuten dauert.
Aber seien wir ehrlich: Ob man bei einer Fahrzeit von knapp 6,5 Stunden nun 27 oder 30 Minuten Pause macht, ist im Endeffekt ziemlich egal.
Skoda Enyaq iV: Niedriger Verbrauch – auch in der Stadt
Was uns beim Skoda Enyaq iV wirklich beeindruckt hat, ist der geringe Verbrauch. Obwohl der vollelektrische SUV nicht gerade klein ist, pendelte sich der Verbrauch auf der Autobahn (maximal 130 Kilometer pro Stunde) bei etwa 17,5 Kilowattstunden auf 100 Kilometer ein. Je nach Fahrweise, Streckenprofil und Außentemperatur sind durchaus auch Werte um die 16 Kilowattstunden auf 100 Kilometer drin. Bei unserem Testwagen mit großer Batterie ergibt sich daraus eine realistische Reichweite von bis zu 480 Kilometern. Bei der Variante mit dem kleinen Akku (52 Kilowattstunden) wären bei diesen Verbrauchswerten rund 325 Kilometer am Stück möglich.
Noch besser schneidet der Enyaq iV in der Stadt und auf der Landstraße ab. Im Stop-and-Go-Verkehr der Hauptstadt waren wir mit durchschnittlich 16 Kilowattstunden auf 100 Kilometer unterwegs, im Berliner Umland fuhr sich der Elektro-Skoda sogar noch effizienter.
Die magische Reichweite von 500 Kilometern rückt damit in greifbare Nähe – zumindest bei Temperaturen über 20 Grad und einer vorausschauenden Fahrweise. Wer dagegen im Winter mit dem Enyaq iV an jeder Ampel ein Rennen fährt und auf der Autobahn die Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde voll ausreizt, der wird mitunter Schwierigkeiten haben, mit einer Akkuladung noch 360 Kilometer weit zu kommen.
Skoda Enyaq iV: Assistenzsysteme und Fahrkomfort
Wir haben den Enyaq iV den größten Teil der Strecke nach Berlin selbst fahren lassen. Der adaptive Abstandsassistent passt die Geschwindigkeit zuverlässig an die jeweils geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen an – und berücksichtigt dabei auch Kurven, Kreisverkehre und Kreuzungen. Das geschieht vorausschauend: Das Fahrzeug legt keine Vollbremsung hin, wenn nach einer 120er-Zone eine Baustelle mit 80 fährt, sondern beginnt schon vorher, die Geschwindigkeit langsam zu reduzieren. Der adaptive Spurhalteassistent sorgt indes dafür, dass der Elektro-Skoda auf der ausgewählten Spur bleibt.
Und auch ansonsten ist der Enyaq iV mit modernster Technik ausgestattet: Der Frontradarassistent erkennt frühzeitig andere Fahrzeuge, Fußgänger und Radfahrer und kann bei Bedarf sogar aktiv in die Lenkung eingreifen, um Hindernisse zu umfahren. Auch beim Abbiegen, Spurwechseln und Aussteigen überwachen Sensoren permanent das Umfeld und warnen die Insassen vor etwaigen Gefahren.
Wer sich für einen Skoda Enyaq iV entscheidet, sollte aus unserer Sicht auf keines dieser Assistenzpakete verzichten. Ebenfalls Pflichtprogramm sind die adaptiven LED-Matrix-Scheinwerfer mit dynamischem Fernlichtassistenten, die die Fahrsicherheit bei Nacht deutlich erhöhen, sowie das Head-up-Display mit Augmented-Reality-Funktion. Letzteres steigert den Fahrkomfort aufgrund der zahlreichen Zusatzinformationen im Sichtfeld deutlich.
Apropos Fahrkomfort: Skoda hat den Enyaq iV auf maximale Alltagstauglichkeit abgestimmt. Das Fahrwerk ist weder zu hart noch zu weich. Wem das nicht ausreicht, der greift zum adaptiven Fahrwerk, das sich dem jeweiligen Fahrprofil (Eco Plus, Eco, Comfort, Normal, Sport und Individual) anpasst. Das Elektroauto-typische One-Pedal-Driving ist derweil in keinem Fahrprofil möglich. Wie auch bei den anderen Modellen des VW-Konzerns lässt sich die Rekuperation zwar anpassen, aber nie so stark, dass man vollständig auf das Bremspedal verzichten kann.
Skoda Enyaq iV: Mehr Elektroauto fürs Geld geht nicht
In seiner Gesamtheit betrachtet, ist der Skoda Enyaq iV derzeit eines der interessantesten und vielseitigsten Elektroautos für Familien – und natürlich auch alle anderen, die viel Platz benötigen.
Der Enyaq iV kommt mit drei verschiedenen Batteriegrößen daher – und es muss tatsächlich gar nicht immer die größte Batterie sein. Es gibt genug Menschen, die mit ihrem Auto zu 95 Prozent Strecken zwischen 10 und 200 Kilometern zurücklegen. Selbst die kleine Variante mit 52 Kilowatt reicht in diesem Fall vollkommen aus. Das gesparte Geld kann dann in Assistenzsysteme oder einen schicken Innenraum investiert werden. Egal, ob Stoff/Kunstleder, Naturfaser/Wollstoff, Leder/Mikrofaser oder nur Leder – für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Was Reichweite, Verbrauch und Ladegeschwindigkeit angeht, gibt es beim Enyaq iV nichts zu beanstanden. Weniger als 30 Minuten Ladezeit auf einer Strecke von 640 Kilometern sind für ein Elektroauto in dieser Preisklasse ein sehr guter Wert – vor allem, da eine solche Strecke ohnehin kaum jemand am Stück durchfährt.
Besonders komfortabel und günstig ist man übrigens mit dem Skoda Powerpass unterwegs. Im ersten Jahr kann man hier den „Charge Faster“-Tarif (Grundgebühr 9,99 Euro pro Monat) buchen und bezahlt dann lediglich 0,29 Euro fürs AC- und 0,39 Euro fürs DC-Laden. An den Schnellladesäulen von Ionity sind es sogar nur 0,30 Euro. Dieses Angebot sollte man – gerade als Elektroauto-Neuling – auf jeden Fall mitnehmen. Denn so kann man einfach den Skoda-eigenen Ladeplaner die ganze Arbeit übernehmen lassen und muss sich keine Gedanken darüber machen, wie viel man an welcher Ladesäule bezahlen muss.
Es wäre gut, besonders für ältere Menschen, wenn bei Vorstellung eines Autos auch die Sitzhöhe angegeben würde. MfG Herbert Winnenburg