Diese App soll Spaziergänge interessanter machen – wir haben sie ausprobiert
Schon vor der Haustür merke ich, dass es doch etwas frisch geworden ist. Der Sommer neigt sich unverkennbar seinem Ende zu. Aber ich habe es nicht weit, denn nur zwei Straßenecken weiter liegt laut der Earthquest-App mein erstes Etappenziel.
Earthquest wurde von dem Berliner Entwickler Sebastian Stamm entwickelt, um uns zum Spazierengehen zu motivieren. Dazu generiert die Web-App zufällige Ziele auf einer Karte. „Ich bin gerne draußen unterwegs, aber immer die gleiche Strecke zu laufen, wird irgendwann langweilig“, erklärt Stamm seine Motivation für das Projekt.
Tatsächlich führt mich schon mein zweites Ziel in eine Richtung, in die ich mich üblicherweise selten bewege. Das Prinzip funktioniert augenscheinlich, zumal sich an jedem Wegpunkt die Anzahl der Ziele verringert, während die Distanz zunimmt.
„Die Ziele werden jeden Tag neu und komplett zufällig generiert. Sie können auf einem Feld sein, in einem Wald, der Stadt, oder auch mitten in einem See. Wie man das Ziel erreicht, ist Teil des Abenteuers“, meint Stamm. Wobei angemerkt werden muss, dass Earthquest immer einen relativ großen Radius als Zielpunkt definiert. Bei meinem kleinen Schlenderversuch in der Berliner Innenstadt war es daher nie ein Problem, mein jeweiliges Ziel zu erreichen.
Earhquest: Gamification ohne große Ablenkung
Wann immer ihr eine der von Earthquest vorgegebenen Koordinaten erreicht, verkündet die App einen Level-Aufstieg. Stamm bedient sich damit einer simplen, aber effektiven Mechanik. Schon aus Videospielen wissen wir, dass Menschen oft gar keine andere Motivation brauchen, als das nächste Level zu erreichen.
Da derzeit noch Anreize für eine dauerhafte Motivation fehlen, plant der Entwickler für die Zukunft auch die Integration von sogenannten „Achievements“, wie wir sie ebenfalls aus dem Gaming-Bereich kennen. „Manchmal fühlt man sich nicht danach, rauszugehen, aber wenn das dann die Fünf-Tage-Serie zerstört, die man sich aufgebaut hat, ist das vielleicht der kleine Push, sich doch noch ein bisschen zu bewegen“, erklärt er.
Im Gegensatz zu ortungsbasierten Games wie „Pokémon Go“ verzichtet Earthquest darüber hinaus aber auf jedwede Spiele-Sperenzchen. Die App soll euch zwar dazu motivieren, aus dem Haus zu gehen und etwas Bewegung zu haben. Draußen sollt ihr dann aber nicht permanent auf euer Smartphone starren müssen.
Für meinen kleinen Test kann ich die Premium-Version nutzen, die mich auf Wunsch direkt zum ausgewählten Ziel navigiert. Wirklich notwendig ist das Feature aber nicht. Auch ohne Navigation solltet ihr in aller Regel in der Lage sein, euer Ziel anhand der Kartenansicht zu finden. Zumal ihr alternativ auch immer die Navigations-App eurer Wahl bemühen könntet.
Wer dennoch die 3,99 Euro monatlich bezahlen will, bekommt darüber hinaus Zugang zu monatlichen Challenges und einem Statistikbereich. Außerdem könnt ihr eure Wegpunkte als Premium-Nutzer:innen auf Wunsch auch exportieren.
Earthquest und der Datenschutz: Keine Angst vor Verfolgern
So nett das Erkunden meiner Friedrichshainer Wahlheimat auch ist, irgendwann frage ich mich natürlich, welche Daten ich hier wohl wieder generiere. Da kann mich Stamm im Nachgang allerdings beruhigen: „Ich habe Earthquest so gebaut, dass ich keinerlei Daten von den Nutzern brauche.“
Die Zielkoordinaten werden laut dem Entwickler direkt auf dem Smartphone generiert. „Dadurch muss die GPS-Position der Spieler zu keinem Zeitpunkt an irgendeinen Server geschickt werden“, beteuert Stamm. Lediglich bei Nutzung des Navigationsfeatures werden Daten an den Server gesendet, dort aber nicht abgespeichert.
Fazit
Natürlich könnte ich auch ohne App-generierte Zufallskoordinaten jeden Tag einen anderen Weg für meinen Spaziergang nehmen. Aber würde ich? Am Ende ist der Mensch eben doch selten frei von den Zwängen der Gewohnheit. Genau dieses Problem wird von Earthquest geschickt gelöst.
Gleichzeitig motivieren die steigenden Level dazu, doch noch ein bisschen länger durch die Stadt zu wandern. Meinen kleinen Test hätte ich tatsächlich gerne noch fortgesetzt, aber leider muss ich zurück an meinen Schreibtisch. Das nächste Level muss ich wohl nach der Arbeit angehen.