In den vergangenen zwei Jahren stand Finfisher, der in München beheimatete britisch-deutsche Hersteller von Überwachungssoftware, wegen des potenziellen Exports seines Staatstrojaners Finspy in Nicht-EU-Staaten unter Druck. Im Oktober 2020 hatte die Staatsanwaltschaft München Wohn- und Geschäftsräume des Unternehmens durchsucht. Mit der auch von deutschen Behörden eingesetzten, aber höchst umstrittenen Spionagesoftware, die einen weitreichenden Zugriff auf Computer und Smartphones ermöglicht, sollen Oppositionelle in Ägypten, der Türkei oder Bahrain überwacht worden sein. Jetzt hat Finfisher Insolvenz angemeldet.
Insolvenzverfahren gegen Finfisher eingeleitet
Wie erst am Freitag bekannt wurde, hatte das Amtsgericht München schon am 2. Dezember ein Insolvenzverfahren eingeleitet und den Rechtsanwalt Max Liebig zum Insolvenzverwalter bestellt. Damit soll verhindert werden, dass – zum Nachteil von Personen oder Firmen, denen Finfisher noch Geld schuldet – mögliche noch vorhandene finanzielle Mittel aus dem Unternehmen abgezogen werden. Auch die Einziehung von Außenständen gehört zu dem Verfahren. Was zur Insolvenz geführt hat, ist unklar.
Auf Twitter gab es derweil schon hämischen Applaus. Allerdings warnen erste Beobachter:innen, dass die potenzielle Pleite gar keine „echte“ sei. Vielmehr könnten Finfisher und die Schwesterfirma Gamma International in eine neue Holding überführt worden sein, die Vilicius Holding, wie auf Twitter gemutmaßt wird. Als Anhaltspunkt dient ein entsprechender Eintrag im Unternehmensregister.
Marktführer bei staatlicher Spyware
Dass Finfisher und seine Spyware in den vergangenen Monaten rund um den Globus noch recht aktiv waren, zeigt der sogenannte Global-Spyware-Market-Index. Im Bereich Überwachungssoftware scheint Finfisher Marktführer zu sein. Demnach verfügten Finfisher und Gamma im Mai 2021 über insgesamt 33 oder 34 Kunden in staatlichen Behörden. Davon, so heißt es, seien sechs Prozent als vollständig demokratische Länder anzusehen. Damit dürften Belgien und die Tschechische Republik gemeint sein, die in dem Bericht als Kunden auftauchen.