Weil der öffentliche Dienst nicht so gut zahlen kann wie die freie Wirtschaft, hat er es schwerer, an Fachkräfte zu gelangen. Das ist zumindest die Erkenntnis des Personalleiters der Stadt Wedel in Niedersachsen.
4 Tage mit voller Wochenarbeitszeit
Dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) erläuterte er daher sein neues Konzept. Das besteht darin, die Wochenarbeitszeit auf vier Tage zu konzentrieren, um den Mitarbeitenden bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf entgegenzukommen.
Damit will die Stadt Wedel nicht nur leichter an neue Beschäftigte gelangen, sondern auch Abwanderungswillige binden. Denn deren Zahl beläuft sich laut „Bleibebarometer“-Studie 2022 im öffentlichen Dienst auf immerhin gut 80 Prozent.
Den vielen Abwandernden stehen hingegen kaum Neuzugänge gegenüber. Um die offenen Positionen zu besetzen, musste die Stadtverwaltung Wedel 2022 jede Stelle im Schnitt sechsmal ausschreiben.
Zahl der Bewerbungen schrumpft, Abgänge nicht zu kompensieren
Auch bundesweit sei das Problem gewaltig, so der Personalchef: „Deutschlandweit werden wir in den nächsten acht bis zehn Jahren 1,3 Millionen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst verlieren. Das heißt, wir haben einen riesigen Personalbedarf und gleichzeitig gibt es etwa 30 Prozent weniger potenzielle Bewerber.“
Ob die Vier-Tage-Woche nun das probate Mittel ist, diese Missstände zu beseitigen, muss sich erst noch zeigen. Bei der Stadt Wedel ist man jedenfalls davon überzeugt. Auch der Stadtrat steht hinter dem Angebot.
Dabei müssen Mitarbeitende in dem neuen Modell nicht etwa weniger arbeiten. Wer etwa eine 39-Stunden-Woche hat, arbeitet drei Tage lang zehn und einen Tag lang neun Stunden. An der Wochenarbeitszeit ändert das nichts, dementsprechend auch nicht am Gehalt.
Möglich sei das Modell für nahezu alle Stellen, außer etwa bei Erzieherinnen und Erziehern an Kindertagesstätten. Alle anderen Probleme könnten über faire und flexible Schichtregelungen beseitigt werden, meint der Wedeler Personalchef.
Weniger Stress, mehr Zufriedenheit, mehr Umsatz
Beispiele für funktionierende Vier-Tage-Wochen gibt es bereits einige. So böten bereits viele Handwerksbetriebe in Deutschland das Arbeitszeitmodell an. Und in Großbritannien ist bereits eine Studie zur Vier-Tage-Woche durchgeführt worden.
Im Ergebnis ist der Umsatz der teilnehmenden Unternehmen um 1,4 Prozent gestiegen, während die Fluktuation unter den Beschäftigten um 57 Prozent gesunken ist. Auch der Krankenstand ist spürbar um 65 Prozent gesunken. 39 Prozent der Beschäftigten fühlten sich weniger gestresst, viele gaben an, nun mehr Sport zu machen.
Dem Wedeler Personalchef würde es indes schon genügen, „wenn durch die Vier-Tage-Woche die Zahl der Bewerbungen steigen würde.“
Bitte beachten, dass bei der britischen Studie die Arbeitszeit um 1 Tag gekürzt wurde. Das ist also mit dem Wedeler Modell überhaupt gar nicht zu vergleichen. Äpfel & Birnen & so.