Oben ohne: Cabrios und Roadster werden elektrisch
Dabei war es doch ein Roadster, mit dem Tesla die Welle vor fast 15 Jahren erst losgetreten hat. Daran erinnern sich nun allerdings immer mehr Hersteller. Nachdem es anfangs vor allem Studien waren, sollen bald auch die ersten neuen Serienautos ohne Dach der Sonne entgegen stromern.
Dass die Open-Air-Modelle unter den E-Autos Mangelware sind, lässt sich aus zweierlei Perspektiven erklären. Da ist zum einen die soziologische, sagt der Designkritiker und PS-Philosoph Paolo Tumminelli aus Köln: „Unsicherheit ist das gesellschaftliche Grundgefühl des neuen Jahrtausends“. Er sieht diese Entwicklung erst durch Corona und dann durch den Krieg in der Ukraine noch verstärkt.
„Man beansprucht medizinisch wie politisch Bestandsschutz: Vom Helm auf dem Fahrrad zur UV-Weste am Strand, vom Superfood zum CO2, immer fühlt man sich gezwungen, korrekt zu handeln“, sagt der Professor. „Das Steuern eines offenen Autos widerspricht diametral dieser Lebenseinstellung.“
Erst den Massenmarkt elektrifizieren – dann die Nischen
Und da ist zum anderen die wirtschaftliche Sicht der Dinge: Denn Cabrios sind absolute Nischenautos, sagt Hans-Georg Marmit von der Sachverständigenorganisation KÜS. Der konstruktive Aufwand bei der Entwicklung sei groß, und die Stückzahlen klein. Deshalb seien offene Fahrzeuge schon bei einem breiten Portfolio an Verbrennern schwer zu rechnen. „Doch wer für viel Geld gerade seine ersten Elektroautos entwickelt, der zielt zunächst auf die aussichtsreichsten Segmente statt auf die Nischen.“
Dabei hat es zumindest den Designern von E-Fahrzeugen an der Lust auf frische Luft nie gemangelt. Vom VW ID Buggy als freizügigem Einstiegsmodell über einen Maybach Roadster bis hin zum Audi Skysphere Concept: Immer wieder haben sie Studien ohne Dach auf die Räder gestellt und zu den großen Messen gerollt. Nur zu kaufen waren solche Autos bislang eben nicht.
Sieht man einmal von der Kleinserie des ersten Tesla Roadsters ab, sind es aktuell deshalb nur der der Fiat 500 und der Smart Fortwo, mit denen die Autohersteller ihre Kunden buchstäblich an die frische Luft setzen. Aber es ist Besserung in Sicht: Polestar hat bei der Premiere des offenen 2+2-Sitzers O2 angekündigt, dass bis 2025 drei neue Modelle kommen sollen, mit denen viele Details des Showcars schrittweise verwirklicht werden sollten.
Mini hat versprochen, dass es die nächste Generation der für 2023 vorgesehenen elektrischen Kleinwagens ebenfalls als Cabrio geben soll. Und die mittlerweile chinesische Firma MG will nach eigenen Angaben zum 100. Jubiläum der einst in England gegründeten Marke 2023 tatsächlich eine etwas bodenständigere Version der offenen Studie Cyberster in Serie bringen – und damit an den bis in die 1990er gebauten MGB Roadster erinnern.
Alte Bekannte öffnen sich wieder
Los gehen wird es mit der Frischluft-Offensive aber offenbar vor allem in der Oberklasse. So hat sich der Dülmener Kleinserienhersteller Wiesmann mit dem Projekt Thunderball zurück gemeldet und einen Roadster angekündigt. Der sieht zwar noch entfernt nach alten Zeiten aus, wird aber nun elektrisch angetrieben.
Für Preise, die mit 300.000 Euro angegeben werden, wollen die Dülmener zwei E-Motoren mit zusammen 500 kW/680 PS und eine Batterie für rund 500 Kilometer Reichweite installieren. Bestellungen nimmt das Unternehmen bereits an, der Verkaufsstart ist aber noch offen.
Und auch Elektropionier Henrik Fisker will es noch einmal mit einem offenen Sportwagen namens Ronin versuchen. Das Debüt kündigt er für Sommer nächsten Jahres an. Er stellt einen 2+2-Sitzer mit versenkbarem Hardtop in Aussicht.
Tesla bringt den Roadster wieder – als Supersportwagen
Den größten Schub könnte diese Entwicklung bekommen, wenn der Tesla Roadster sein Comeback feiert. Laut Homepage ist der Neue mit abnehmbaren Glasdach über 400 km/h schnell, viersitzig und vorbestellbar. Nur der genaue Termin für die Markteinführung ist – bei einem Open-Air-Modell irgendwie passend – noch offen.