Zwischen Oktober letzten und März dieses Jahres ist bei Facebook weitgehend unbemerkt ein „massiver Ranking-Fehler“ aufgetreten. Der wurde erst jüngst behoben und betraf zu seiner Hochzeit „bis zur Hälfte aller News-Feed-Aufrufe“. Das berichtet The Verge unter Berufung auf interne Unterlagen, die dem Medium vorliegen.
Facebook räumt Systemversagen ein
„Während des Zeitraums, in dem der Fehler auftrat, versagten die Systeme von Facebook bei der ordnungsgemäßen Herabstufung von Nacktheit, Gewalt und sogar russischen Staatsmedien, die das soziale Netzwerk als Reaktion auf den Einmarsch des Landes in der Ukraine nicht mehr empfehlen wollte“, heißt es in dem Bericht.
Eigentlich hätte der Algorithmus Fehlinformationen sowie andere problematische und „grenzwertige“ Inhalte herunterstufen sollen. Doch seit dem vergangenen Herbst soll die Anzeige von Fehlinformationen um bis zu 30 Prozent gestiegen sein, räumt Facebook intern ein. Problematischer scheint indes der Umstand, dass die Facebook-Ingenieure offenbar zwar erkannten, dass etwas nicht stimmte, daran aber nichts änderten – weil sie es nicht konnten.
Schwerwiegende Schwachstelle schon seit Oktober bekannt
So soll das Problem schon im Oktober bekannt gewesen und sogar als „schwerwiegende“ Schwachstelle eingestuft worden sein. Dennoch sei sie bis zum 11. März nicht behoben worden, weil die Ingenieure „nicht in der Lage waren, die Grundursache zu finden“. Der Vorfall zeigt die Komplexität und Intransparenz der Ranking-Algorithmen. Offenbar sind die nicht einmal von jenen zu durchschauen, die sie entwickeln.
Ginge es nach Whistleblowerin Frances Haugen, würde Facebook gezwungen, diese Algorithmen offenzulegen, damit externe Forscher sie überprüfen können. Alternativ könnte auch eine völlige Abkehr vom Engagement-basierten Ranking infrage kommen. Facebook hat in bekannter Manier abwiegelnd reagiert und gegenüber The Verge erklärt, der Fehler habe „keine bedeutenden, langfristigen Auswirkungen auf unsere Metriken“ gehabt.
Was haben die Facebook-Experten ein halbes Jahr lang gemacht?
Was Gesetzgeber weltweit beunruhigen dürfte, ist der Umstand, dass es selbst Facebook über fast ein halbes Jahr nicht gelungen war, seinen eigenen Algorithmus wieder unter Kontrolle zu bekommen. Das zeigt, dass Haugen mit ihren Bedenken richtig lag, und verstärkt den Druck, Änderungen durchzusetzen. Die Tendenz ist schon sichtbar.
Erst vor Kurzem hatte Facebook-Mutter Meta den nicht-algorithmischen Feed von Instagram wieder eingeführt. Dieser Schritt wird als Reaktion auf die Bedenken über die Auswirkungen seiner Empfehlungen auf jüngere Nutzer gewertet, obschon Meta das so nicht dargestellt wissen will. Die Frage der Regulierung von Algorithmen stellt sich jedenfalls immer vehementer.