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Analyse

Tencent: Was du über das chinesische Unternehmen wissen musst

Es ist einer der größten Konzerne der Welt – in Deutschland hat man dafür noch recht wenig über Tencent gehört. Das sollte sich ändern. 

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Bei den Tencent Hauptquartieren in Shenzhen kann man noch nicht komplett erahnen, wie groß das Unternehmen ist. (picture alliance/ Zhu Min)

Chinesische Konzerne sind für viele Menschen in Deutschland immer noch eine große Unbekannte. Um das zu erkennen, muss man sich nur Bild-Headlines über das Thema anschauen. Dort wird China als die unbekannte Supermacht geschildert, die an deine Daten möchte. Ist ein Unternehmen aus dem einwohnerreichsten Land der Welt nicht schon Vorreiter einer Branche, wird das definitiv bald passieren – also Achtung, Gefahr! Wo China „uns“ noch nicht überholt hat, wird es bald passieren.

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Tencent ist einer dieser chinesischen Konzerne, der die Checkliste komplett abdeckt. Der unbekannte Tech-Gigant ist das elftgrößte Unternehmen der Welt und damit eines der relevantesten Unternehmen auf dem Aktienmarkt. Zusätzlich ist das Unternehmen Marktführer in der Gaming-Szene und investiert intensiv in Unternehmen im Westen. Doch wie viel Furcht und Skepsis ist bei Tencent angebracht? Und wie hat das Unternehmen es überhaupt zu seiner Größe geschafft? 

Der größte Gaming-Publisher der Welt – und noch mehr

Was haben „Fortnite“, „League of Legends“ und „Clash of Clans“ gemeinsam? Alle drei Spiele werden von Entwicklerstudios betrieben, die zu einem großen Teil oder komplett zu Tencent gehören. Damit ist das chinesische Unternehmen der größte Gaming-Publisher der Welt – und das weit vor den üblichen Verdächtigen Microsoft, Sony und Nintendo. Besonders hier investiert der Tech-Riese, als gäbe es kein Halten.

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Im Juli 2021 ist die Expansion Tencents spätestens in Deutschland angekommen, genauer gesagt bei Yager Development. Da hat das Unternehmen einen Großteil der Anteile des Berliner Entwicklerstudios erworben, das unter anderem für den Story-Shooter „Spec Ops: The Line“ bekannt ist. 

Diese Studios gehören zu Tencent

In welche Richtung der Gaming-Markt geht, steht für Tencent außer Frage: viel Online, viel free-to-play, Microtransactions und auch einer lebendigen E-Sport-Szene ist der Gönner aus China nicht abgeneigt. Das belegt das Spiele-Repertoire der Studios, die von Tencent übernommen wurden. Riot Games, das 2015 zu 100 Prozent von Tencent aufgekauft wurde, ist für die E-Sport-Hits „League of Legends“ und „Valorant“ bekannt.

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Der Entwickler von „Fortnite“, Epic Games, gehört auch zu 40 Prozent dem chinesischen Großkonzern. Auch Mobile Games sind bei dem chinesischen Megaunternehmen beliebt. Der Developer Supercell entwickelt gefühlt jedes Mobile Game, in dem irgendetwas clasht („Clash of Clans“ oder „Clash Royale“). Auch das Handyspiel „Brawl Stars“, das weltweit über 100 Millionen mal gedownloaded wurde, hat Supercell entwickelt. Seit 2016 bereits gehören Tencent knapp 84 Prozent der Anteile des Spieleentwicklers. 

Mehr als Gaming – Tencents Beteiligungen an Tech-Unternehmen

Die Investitionen hören nicht nur im Gaming-Sektor auf. Das Portfolio von Tencent liest sich wie ein Listicle der trendigsten Unternehmen der letzten Jahre. Egal, ob Tesla, Snapchat, Spotify oder Discord – der Konzern aus Shenzhen hält bei vielen Internetunternehmen keine irrelevante Anzahl an Aktienanteilen. Tencents Vorstoß nach Westen kommt aber nicht aus dem Nichts. In China ist das Unternehmen seit Jahren eine digitale Institution.

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Neben vielen Entwicklerstudios hat Tencent auch noch einen eigenen Videospiel-Publisher: Tencent Games. (Foto: picture alliance /Bai Kelin)

Ein bisschen Google, ein bisschen Facebook, ein bisschen Whatsapp

Um Tencents Aufstieg und Größe zu verstehen, muss man auch erst einmal wissen, was das Unternehmen überhaupt alles macht – das ist in erster Linie eine Menge. Angefangen hat es 1999 mit einer chinesischen Kopie des Messengerdienstes ICQ mit dem Namen OICQ. Heute kennen Chines:innen die Anwendung unter dem Namen QQ. 

Erfolg durch Kopieren

Natürlich ist es bis heute nicht nur dabei geblieben. Denn das Business-Modell von Tencent hat sich ständig erweitert, wie zum Beispiel mit dem Social-Media-Blog Qzone, dem Payment-Anbieter Tenpay oder auch dem mutierten Smartphone-Messenger Wechat. Der Dienst zählt zu einem der bekanntesten Produkte von Tencent. Dabei sind viele Dienste von Tencent chinesische Kopien von westlichen Tech-Unternehmen. Einige sind mittlerweile viel mehr als das.

Ein Beispiel dafür ist zum Beispiel Wechat. Gestartet ist die App als Whatsapp-Klon. Heute ist Wechat viel mehr als das: Die App bietet nicht nur mit Wechat Pay einen Paymentdienstleister (ähnlich wie Paypal), sondern hat auch noch viele andere Social-Media-Features und eine News-Seite dazubekommen. Wechat ist in China eine Alles-App geworden. 

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Die Oberfläche eines Messengerdienstes ist geblieben. Doch Wechat hat noch viel mehr Features. (Foto: picture alliance / Hu Huhu)

Der Erfolg der Produkte von Tencent kommt dabei nicht aus dem Nichts. Das Unternehmen hat besonders im chinesischen Markt einen riesigen Vorteil: die Regierung. Viele Konkurrenzunternehmen aus dem Westen wie Whatsapp, Google oder auch Spotify sind in China gesperrt.

Tencent hat so freie Bahn, in China zu expandieren – auch weil das Fehlen von Facebook und Co. eine große Nachfrage nach genau diesen Plattformen hinterlässt. Chinas Tech-Dreifaltigkeit (Alibaba, Baidu und Tencent) bekommt dafür eine Monopolstellung. Die drei beliebtesten Musikstreamingdienste Kogu Music, Kuwo Music und QQ Music gehören alle zu Tencent. Dieser Vorteil für den Tech-Konzern bleibt aber nicht ohne Gegenleistung.

Tencent und China – eine toxische Beziehung

Dass die chinesische Regierung unter Xi Jinping nicht gerade die Utopie auf Erden schafft, darüber müssen wir nicht reden. Ein Beispiel hier ist das „Social Credit“-System – ein Konzept, das so schon in einer Black-Mirror-Folge vorkam. „Wünschenswertes“ Verhalten soll laut dem Plan der Regierung belohnt werden, während „sittenwidriges“ Verhalten negative Konsequenzen hat. So drosselt die Regierung bei Menschen mit einem niedrigen Sozialkredit die Internetgeschwindigkeit, schränkt die Reisefreiheit der Personen ein oder erhöht die Steuern.

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Die Daten, die dieses System am Laufen halten, kommen von Tencent, Alibaba und Co. – wer hätte es gedacht. Der Preis für die Monopolstellung der chinesischen Technikriesen ist die Regierungsobrigkeit. Privatsphäre kann Nutzer:innen von Tencents Services nicht geboten werden. Daten werden teilweise sogar unverschlüsselt an die Server gesendet – wie es beim QQ Browser der Fall ist. Zusätzlich werden auf den Plattformen von Tencent Inhalte massiv zensiert. Da Nutzer:innen zum Beispiel spaßeshalber den Präsidenten Xi Jingping mit Winnie Puuh verglichen haben, werden nun Inhalte und Erwähnungen von dem Cartoon-Bären auf Wechat entfernt. 

Die Loyalität zwischen Chinas Regierung und Tencent zeigt jedoch Risse. Ausgerechnet im Gaming-Sektor, der gerade vom Konzern immer mehr erweitert wird, gibt es immer mehr Restriktionen in der Volksrepublik – uneingeschränkt zocken ist nicht einmal im Ansatz möglich. Ein Gesetz, das 2021 verabschiedet wurde, verbietet es Kindern unter 18 Jahren, mehr als drei Stunden pro Woche Videospiele zu spielen.

Zusätzlich dürfen Minderjährige nur zwischen 20 und 21 Uhr an Freitagen, am Wochenende und an Feiertagen zocken. Die Auswahl der Spiele ist stark limitiert. Immer weniger neue Spiele werden in China zugelassen. Die Regierung möchte das „geistige Opium“ bekämpfen. 

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Für Tencent ist das ein Schlag in die Magengrube. Vorher hat sich das Unternehmen stets angestrengt, den Wünschen der Kommunistischen Partei gerecht zu werden – sei es mit einer patriotischen Version vom Battle-Royale-Spiel „PUBG“ oder einem Wechat-Handyspiel, bei dem man möglichst doll für Xi Jingping applaudieren musste. Diese Zeiten neigen sich wohl jetzt eher dem Ende zu. Für Tencent könnte das ein weiterer Grund sein, Richtung Westen zu gehen. Die Vergangenheit mit der chinesischen Regierung zeigt, was das Unternehmen für Profit bereit ist, zu tun.

Ist Tencent jetzt „böse“ ? 

Im Jahr 2020 hat Tencent sein erstes Office in Frankfurt eröffnet, das für B2B-Kunden in Deutschland IT-Lösungen wie KI und Cloud-Services anbieten möchte. Das Büro soll nicht das letzte sein und auch nach der Akquise von Yager Development wird es sicherlich noch weitere Investitionen geben. Sollen wir nun also alle aus Angst vor „Chinas Spionage“ in Panik verfallen? Eine genaue Antwort gibt es hier nicht. 

Eine schmale Gratwanderung

Wie kompliziert es sein kann, wenn ein Unternehmen aus China in den Westen expandieren möchte, zeigt Tiktok. Die Kurzvideo-App zählt mit über einer Milliarde Usern zu den beliebtesten sozialen Netzwerken weltweit. Doch auch hier muss der Mutterkonzern Bytedance einen schmalen Grat zwischen Regierungstreue und kapitalistischem Interesse gehen. Die App blockiert zum Beispiel queere Inhalte – ein riesiges Problem für den deutschen Markt. Um dem entgegenzuwirken, startet Tiktok eine LGBTQ+-Kampagne. Das Ganze wirkt ziemlich widersprüchlich. 

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Einen solchen Spagat musste Tencent auch schon einmal hinlegen – und ist kläglich gescheitert. Als Daryl Morey, der langjährige Manager der Houston Rockets, sich im Jahr 2019 in einem Tweet für die Unabhängigkeit Hongkongs geäußert hat, ist der Protest in China groß gewesen. Chinesische Sponsoren sprangen ab, auch Tencent beteiligte sich. Dessen Streaming-Anbieter hat nämlich die Übertragungsrechte der NBA für China – und die Rockets kurzerhand aus dem Programm geschmissen. Im Endeffekt mussten sich nicht nur Morey, sondern auch die Spieler der Rockets entschuldigen, um die Sponsorenverträge zurückzubekommen.

14 relevante chinesische Plattformen und Apps Quelle:

Aufpassen müssen nicht nur Businesspartner:innen. Nutzer:innen können auch den Einfluss der Chinesischen Regierung spüren. Wer sich Wechat und andere B2C-Anwendungen des chinesischen Konzerns herunterlädt und sie in Deutschland benutzen möchte, muss mit schlechtem Datenschutz und chinesischer Überwachung rechnen. Bei Cloud-Lösungen im B2B-Markt könnte es anders aussehen. Hier weiß das Unternehmen um die Konkurrenz und die Relevanz des Datenschutzes.

Würde Tencent hier einen falschen Schritt machen, würden die sowieso schon skeptischen Kunden abspringen. Auch bei den aufgekauften Videospiel-Studios soll der Mega-Konzern den Entwickler:innen freie Hand lassen, das behauptet zumindest Timo Ullmann, Geschäftsführer von Studio Yager. Ob eine künftige Monopolstellung Tencents der Videospiel-Branche gut tun würde, ist eher fraglich.

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