
Für einige Kunstkritiker ist es „vulgärer Internet-Kitsch“ und „infantiles Amüsement“. Gemeint ist das digitale Kunstwerk „Everydays: the First 5000 Days“, das als Collage 5.000 zuvor im Internet veröffentlichte Einzelwerke versammelt. Dessen Schöpfer, der US-Amerikaner Mike „Beeple“ Winkelmann, dürfte mit der Kritik an seinem Werk jedoch gut leben können. Immerhin wurde das Bild im März 2021 für mehr als 69 Millionen US-Dollar von dem Auktionshaus Christie’s versteigert. Damit war es zu dem Zeitpunkt das drittteuerste Kunstwerk eines noch lebenden Künstlers, das jemals bei einer öffentlichen Auktion versteigert wurde.
Wirklich bemerkenswert ist aber nicht das eigentliche Werk mit seinen kruden Sexwitzchen und politischen Aussagen, die kaum über die Erkenntnis hinauskommen, dass Donald Trump vermutlich kein guter Präsident war. Auch der Kaufpreis kann nur bedingt überraschen. Er ist zwar hoch, aber der Kunstmarkt agiert seit Jahrzehnten höchst spekulativ und am Ende hat ein Werk eben genau den Wert, den jemand dafür zu zahlen bereit ist. Tatsächlich interessant bei all dem ist hingegen, dass bei Christie’s nicht das Kunstwerk im eigentlichen Sinne versteigert wurde, sondern ein Non-Fungible Token (kurz: NFT).
Für NFT haben Sammler im vergangenen Jahr immer wieder aberwitzige Summen ausgegeben. Neben Winkelmann war es vor allem das Krypto-Startup Larva Labs, hinter dem die beiden Software-Entwickler Matt Hall und John Watkinson stecken. Unter dem Namen Cryptopunks veröffentlichten die zwei 2017 exakt 10.000 algorithmisch generierte Pixelgesichter als NFT. Während die 10.000 Bildchen innerhalb der ersten drei Jahre insgesamt knapp 866.000 US-Dollar umsetzen konnten, erreichten die Umsätze mit den Cryptopunks zum Höhepunkt des NFT-Hypes Ende Juli 2021 innerhalb von nur 24 Stunden den Wert von 55 Millionen Dollar. Tatsächlich stammen vier der zehn teuersten NFT aus der Bilderreihe von Hall und Watkinson.
Alles in allem sind die zehn meistverkauften NFT damit nicht wirklich weit von dem entfernt, was auch auf Reddit gut laufen würde. Oder, um es wie es der Kunstkritiker Jason Farago etwas despektierlicher auszudrücken: „Das neue Geld von heute bevorzugt seine eigenen Finanz- und Kultursysteme, in denen der Anarcho-Libertarismus der Kryptowährung mit gewissen Jungsvergnügungen zusammenkommt: die ungebildete Komik von Salt Bae und Boaty McBoatface, dem bedeutungslosen Heroismus von Online-Rollenspielen und die verkümmerten Emotionen von Streaming-Pornos.“
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