Wann immer Social-Media-Dienste wie Facebook oder Twitter die Art und Weise verändern, wie Inhalte im Feed sortiert werden, hagelt es Kritik. Twitter-Chef Jack Dorsey hat gegenüber Investoren jetzt erklärt, wie die vom Unternehmen geplante offene Social-Media-Plattform das Problem lösen könnte: Statt dem Anbieter die Kontrolle über die Ranking-Algorithmen zu überlassen, kann sich Dorsey eine Art App-Store vorstellen, in dem Nutzerinnen und Nutzer selbst aus verschiedenen angebotenen Algorithmen auswählen können.
Der Marktplatz für Ranking-Algorithmen soll ein Teil des dezentralen Social-Media-Standards werden, an dem Twitter seit 2019 unter dem Codenamen Bluesky arbeitet. „Die Sache, die mich an all dem wirklich begeistert, ist, dass wir Zugang zu einer viel größeren Konversation haben werden, Zugang zu viel mehr Inhalten haben werden, und wir werden in der Lage sein, viel mehr Ranking-Algorithmen, die den Bedürfnissen der verschiedenen Leute entsprechen, dafür anzubieten“, so Dorsey.
Bluesky: Das wissen wir über den derzeitigen Stand des Twitter-Projekts
Mit Schaffung eines dezentralen Social-Media-Standards wäre Twitter nur noch ein Client unter vielen. Damit könnten Anbieter wie Twitter auch Kritik an der Moderation von Inhalten ausweichen. Die von amerikanischen Konservativen kontrovers diskutierte Sperrung des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump würde unter dem angedachten Modell beispielsweise nur für Nutzerinnen und Nutzer des Twitter-Clients gelten. Andere an das Bluesky-Protokoll angeschlossene Anbieter könnten dessen Beiträge nach wie vor anzeigen.
Nach Recherchen der US-Publikation Techcrunch befindet sich Bluesky allerdings noch immer in einer sehr frühen Forschungsphase. Erschwert wird die Entwicklung offenbar dadurch, dass die etwa 40 bis 50 dafür angeheuerten Experten sehr unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie der Standard aussehen soll. Ursprünglich soll Twitter gehofft haben, dass sich das Team auf einen Entwurf einigen würde. Laut Techcrunch wichen die Ansichten einzelner Teammitglieder aber soweit voneinander ab, dass Twitter mittlerweile auch Einzelvorschläge akzeptiert.
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