Elon Musks Rückzug: „Worst Case“-Szenario für Twitter?

Elon Musk hat - wieder einmal - für Furore gesorgt. (Foto: dpa)
„Das nun eingetretene ist ein Worst-Case-Szenario für Twitter“, sagte Dan Ives, Managing Director und Senior Equity Research Analyst für den Technologiesektor bei Wedbush Securities, zur renommierten Tageszeitung Washington Post. Wedbush Securities Inc. ist eine private Investmentfirma mit Sitz in Los Angeles, die mehr als vier Milliarden US-Dollar verwaltet.
Ives warnte davor, dass Musks Rückzug das Unternehmen in den Augen anderer Investoren oder potenzieller Käufer als „beschädigte Ware“ erscheinen lassen könnte. Die Börse reagierte bereits dahingehend: Die Twitter-Aktien fielen am Freitag im nachbörslichen Handel um fast 6 Prozent. Wedbush Securities prognostizierte, dass die Aktie auf 25 bis 30 US-Dollar sinken könnte, wenn der Markt am Montag wieder eröffnet wird. Das wäre ein Absturz von mehr als 30 Prozent gegenüber dem Kurs vor Musks Ankündigung.
In einer Pressemitteilung vom Freitagabend hatte der Vorstand von Twitter gedroht, „rechtliche Schritte einzuleiten“, um den mit Musk im April abgeschlossenen 44-Milliarden-Dollar-Deal wie geplant durchzusetzen. Obwohl sich die Twitter-Verantwortlichen zuversichtlich zeigen, vor Gericht erfolgreich zu sein, warnen Analysten davor, dass Musks Ankündigung der Startschuss in eine turbulente Zeit ist, die neue finanzielle Risiken für das Unternehmen und seine Mitarbeiter mit sich bringen könnte.
Rechtsexperten sind laut der Washington Post der Meinung, Musks Behauptungen würden nicht dafür reichen, sich von dem Deal zurückzuziehen. Allerdings prognostizieren sie, dass selbst ein gewonnener Rechtsstreit von Seiten Twitters Konsequenzen für das Unternehmen haben würde. Twitter könnte gezwungen sein, wichtige Geschäftskennzahlen zu veröffentlichen und Fragen von der Wall Street über den allgemeinen Zustand des Unternehmens beantworten zu müssen. Donna Hitscherich, Professorin an der Columbia Business School, sagte, Musks versuchter Rückzug werde natürlich Fragen aufwerfen, warum er das Interesse verloren hat. „Ist er ein materieller Typ, der gerade seine Meinung geändert hat? Oder ist wirklich etwas an dem dran, was er behauptet? Könnte es Probleme mit der grundlegenden Natur des Geschäfts geben?“
Auf Angestelltenseite scheint die plötzliche Entwicklung nicht völlig überraschend gekommen zu sein. „Die Reise geht seit einiger Zeit in diese Richtung“, sagte ein anonymer Mitarbeiter der Washington Post. Nach den wochenlangen Drohungen Musks hätten sich zahlreiche Mitarbeiter:innen auf solche Szenarien eingestellt.
Viele Angestellte habe Musks Gehabe schon von Beginn an verärgert, da sich jeder Aktienrückgang auf die Mitarbeitergehälter auswirken würde. Seit Musk seine Übernahme angekündigt hat, verhängte Twitter zudem einen Einstellungsstopp und ersetzte wichtige Führungskräfte. Ein anderer Mitarbeiter, der Musks Interesse anfänglich unterstützt hatte, bezeichnete die Situation als „total deprimierend“. „Musk zerstört Twitter“, sagte die Person.
Die politisch links positionierte Organisation „Accountable Tech“, die sich für mehr Verantwortung von Social-Network-Betreibern einsetzt, bezeichnet die Vorgänge als „chaotischen Kreuzzug“ und betonte, „unser Informationsökosystem, unsere Sicherheit und unsere Demokratie können nicht der Laune von Milliardären überlassen werden, die keine Rechenschaft ablegen müssen – egal ob es Elon Musk oder sonst jemand ist.“ Bridget Todd von der Organisation UltraViolet freute sich über die Entwicklungen, da Twitter ihrer Meinung nach unter Musks Führung zu einer „Flut von Hass und haltlosen Verschwörungstheorien“ geführt hätte.
Im rechten politischen Spektrum fielen die Reaktionen anders aus. „Die Party ist hier wirklich vorbei“, sagte der rechte Autor und Moderator Dave Rubin. Donald Trump Junior, der Sohn des ehemaligen US-Präsidenten, verkündete, die „Zensur“ auf Twitter werde sich nun „verzehnfachen“.
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