Wenige Wochen vor der Wahl des nächsten US-Präsidenten haben die Vereinigten Staaten Anklage gegen sechs russische Hacker erhoben, denen die Beteiligung an mehreren schädlichen Cyber-Angriffen vorgeworfen wird. Die mutmaßlichen Cyberkriminellen sollen dem russischen Geheimdienst GRU angehören und Teil der berüchtigten Hackergruppe Sandworm beziehungsweise der Einheit 74455 sein. Beamte des US-Justizministeriums bezeichneten die von dieser Gruppe verübten Angriffe als die „zerstörerischsten“, die jemals ausgeführt wurden, wie die Washington Post schreibt.
Mögliche Einmischung in US-Präsidentschaftswahl
Im Mittelpunkt der Anklageschrift steht übrigens nicht die mögliche Einmischung in die US-Wahl 2016, die ebenfalls dem GRU vorgeworfen wird. Einer der sechs aktuell Beschuldigten, Anatoliy Kovalev, wurde schon 2018 vom damaligen Sonderermittler Robert S. Mueller als Teil einer entsprechenden angeblichen Verschwörung angeklagt. Damals sollen Kovalev und seine möglichen Mittäter darauf abgezielt haben, die Wahlsysteme während der Präsidentschaftswahl zu hacken. US-Präsident Donald Trump stand wegen möglicher Einmischung von Russland ebenfalls unter Beschuss.
Jetzt geht es der US-Justiz aber darüber hinaus um eine Vergeltung für weitere mutmaßliche Cyberstraftaten, die aus dem Umfeld der russischen Geheimdienste heraus begangen worden sein sollen. Zu den Anklagepunkten für die sechs im Visier des Justizministeriums der USA stehenden Hacker gehören etwa das Hacken der Olympischen Winterspiele 2018 in Südkorea, das Abgreifen von E-Mails von Unterstützern des französischen Präsidenten Emmanuel Macron 2017 sowie Angriffe auf internationale und britische Organisationen, die den Anschlag auf Sergei Skripal untersuchten.
Hacker sollen für Notpetya verantwortlich sein
Der teuerste und wohl auch verheerendste Angriff der Hackergruppe soll aber die Notpetya genannte Cyber-Attacke sein, die 2017 weltweit für Schäden sorgte. Die Ransomware infizierte Computersysteme weltweit, unter anderem in Krankenhäusern. Allein in den USA soll sich der finanzielle Schaden auf eine Milliarde US-Dollar belaufen. Außerdem sollen sich die Angriffe von Sandworm gegen Organisationen, die Regierung und die Infrastruktur der Ukraine und Georgiens gerichtet haben. Sie hätten nicht nur hohen Schaden angerichtet, sondern auch Menschenleben gefährdet, so der Vorwurf.
Beobachtern zufolge ist das Vorgehen der US-Justiz gegen russische Hacker eher eine Seltenheit. Normalerweise sind Spionageoperationen von der internationalen Strafverfolgung ausgenommen, schreibt etwa ZD-Net. Den Hackern droht zwar eine Strafe von einigen Jahrzehnten Gefängnis. Diese dürfte allerdings kaum vollstreckt werden können, da sich die Angeklagten nicht in den USA befinden.