Die USA unterstützen ukrainische Ermittler bei der Verfolgung von Kryptowährungen, die von sanktionierten russischen Oligarchen und ihren Finanznetzwerken genutzt werden. Dazu spendiert die US-Steuerbehörde IRS den ukrainischen Beamten Lizenzen für die Analysesoftware von Chainalysis. Mitarbeiter der Analysefirma haben die Ermittler bereits im Umgang mit dem Programm geschult – virtuell, aber auch vor Ort im US-amerikanischen Generalkonsulat in Frankfurt, wie die FAZ berichtet.
Neben Polizeibeamten nahmen auch Mitarbeiter aus dem Büro für wirtschaftliche Sicherheit und der Generalstaatsanwaltschaft an der Cyberschulung teil. Sie sollen den ukrainischen Behörden unter anderem helfen, die Quellen von Blockchain-Fonds zu identifizieren und Kryptotransaktionen mit forensischen Tools zu entlarven, wie IRS-CI-Chef Jim Lee in der Ankündigung der Kooperation erklärt. Die IRS-CI ist für die Durchführung von Ermittlungen im Bereich der Finanzkriminalität zuständig.
Zu Kriegsbeginn gab es noch große Befürchtungen, Kryptowährungen könnten gezielt benutzt werden, um die von den USA aber auch seitens der Europäischen Union gegen Russland verhängt Sanktionen zu vermeiden. Auch die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, warnte vor der Umgehung von Sanktionen mithilfe von Kryptowährungen.
Fundraising für den Krieg
Zwar gibt es Hinweise darauf, dass Kryptowährungen bislang keine große Rolle in Russlands Kriegsanstrengungen spielen, dennoch seien die US-Gesetzgeber nach wie vor besorgt, dass russische Oligarchen Kryptowährungen nutzen könnten, um US-amerikanische und europäische Wirtschaftssanktionen zu umgehen.
„Wir sehen oft Fundraising-Kampagnen, die mit Kryptowährungen durchgeführt werden, da Russland an die Möglichkeit glaubt, Sanktionen durch die Verwendung virtueller Vermögenswerte zu umgehen“, sagte Yurii Vykhodets, Polizeioberst der Cybereinheit bei der ukrainischen Polizei. Daher wolle man sich auf die Identifizierung und Beseitigung von entsprechenden „Zentren zur Unterstützung der Besatzungstruppen“ fokussieren, die Gelder für den Kauf von kriegswichtigen Dingen sammeln.
Das IRS selbst arbeitet nach eigenen Angaben an 23 sanktionsbezogenen Untersuchungen, die mit russischen Oligarchen zu tun haben. Die Partnerschaft mit der Ukraine soll diese Arbeit nun unterstützen. Im September verhängten die USA bereits Sanktionen gegen Kryptoadressen, die mit der Task Force Rusich in Verbindung stehen, einer paramilitärischen Gruppe, die an der Seite der russischen Streitkräfte in der Ukraine gekämpft hat.
Analyse der Kryptotransaktionen
Der Dienstleister Chainalysis, dessen Software hier zum Einsatz kommt, verfolgt Finanzströme auf der Blockchain und gibt unter anderem einen jährlichen Bericht heraus, der die Entwicklung illegaler Transaktionen mit Kryptowährungen dokumentiert.
Den Jahrestag des Kriegsbeginns hat man dort zum Anlass genommen, um die Rolle von Kryptowährungen in dem Konflikt zu analysieren. Denn der Kriegsbeginn und die Finanzsanktionen gegen Russland hatten Anfang 2022 zunächst mehr Geld in die dezentrale Kryptobranche getrieben.
Bereits fünf Monate nach Kriegsbeginn hatte Chainalysis 54 Gruppen identifiziert, die sich der Crowdfunding-Finanzierung russischer Militärausgaben, der Verbreitung von Desinformationen und der Erstellung von Pro-Invasionspropaganda verschrieben hatten.
Mittlerweile gebe es etwa 100 solcher Gruppen, die Spenden in Höhe von fast 5,4 Millionen US-Dollar erhalten haben. Die Blockchain-Experten gehen aber davon aus, dass Kryptowährungen zu illiquide sind, um gezielt für die massenhafte Umgehung von Sanktionen genutzt zu werden.
Der Bericht zeigt auch, dass sie nicht nur von der russischen Seite genutzt werden. So sammelt auch die ukrainische Regierung auf der Blockchain Spenden. Laut Chainalysis summierten sich diese bis Februar 2023 auf fast 70 Millionen Dollar in Kryptowährungen.