Vorstellungsgespräch: Darum solltest du bei dem bisherigen Gehalt nicht lügen
Für Lina Schuster* lief das Vorstellungsgespräch bei einer mittelgroßen Werbeagentur hervorragend. „Ich wollte die Veränderung und hatte auch ein ziemlich gutes Gefühl“, erzählt sie im t3n-Gespräch. Als der Personaler ihr jedoch die Frage nach ihrem bisherigen Gehalt stellte, wurde sie unsicher. „Ich wollte mich bezüglich des Einkommens verbessern. Mein erster Impuls war insofern, es höher anzugeben, als es war.“ Eine glatte Lüge jedoch, mit der sie sich zum einen unwohl fühlte. Und eine Lüge, die Bewerberinnen und Bewerbern zum anderen sogar den Job kosten könne, so Dr. Florian Kessenich, Associate des Hamburger Arbeitsrechtsteams von Bird & Bird. Unter Umständen ist die eigentlich unzulässige Frage nämlich zulässig – und in dem Fall ist eine Lüge eine arglistige Täuschung.
Frage nach dem bisherigen Gehalt kann zulässig sein
In den meisten Fällen ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, nach dem bisherigen Gehalt zu fragen, so Florian Kessenich. Jedoch dürfe das immer dann passieren, wenn etwa das Gehalt wichtige Rückschlüsse auf die bisherige Leistung zulässt – etwa hinsichtlich einer erhaltenen Provision oder einer variablen Vergütung beispielsweise bei Sales-Mitarbeitenden. Wer hier unwahr antwortet, belügt den Arbeitgeber zum eigenen Vorteil. Der könne den Arbeitsvertrag dann im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB anfechten und eine Kündigung einleiten. „In allen anderen Fällen ist das bisherige Gehalt jedoch eine klare Privatsache. Eine wahrheitswidrige Angabe kann nicht bestraft werden“, so Florian Kessenich. Der Arbeitsvertrag dürfe insofern nicht beendet werden, jedoch, so der Jurist, rät er dennoch dringend davon ab, zu täuschen.
„Das bisherige Gehalt ist in der Regel eine Privatsache.“
Bewerbende hinterließen einen sehr schlechten Eindruck, wenn sich nachträglich herausstellt, dass sie nicht wahrheitsgemäß geantwortet haben. „Oftmals sind Personaler und Führungskräfte einer Branche sehr gut vernetzt und insofern besteht eine nicht zu unterschätzende Gefahr, dass die Lüge herauskommt“, so Kessenich. „Dann muss der Arbeitnehmer damit rechnen, dass er einfach in der Probezeit wegen Nichteignung gekündigt wird.“ Dagegen ließe sich nur schwer vorgehen. Auch im Fall von Lina Schuster, die sich auf eine Grafikstelle bewarb und im Rahmen dessen die Frage eigentlich unzulässig gewesen wäre, hätte die Lüge insofern Konsequenzen haben können. Florian Kessenich plädiert dafür, dass Bewerberinnen und Bewerber sich eine Strategie zurechtlegen sollen, die sie selbst juristisch nicht angreifbar macht.
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Die könne sein, offen und wahrheitsgemäß mit dem bisherigen Gehalt umzugehen, dabei aber klar zu machen, dass man dieses Gehalt für die Arbeitsleitung nicht mehr für angemessen erachtet und man sich auch deswegen dafür entschieden hat, sich bei einem anderen Arbeitgeber zu bewerben. Auch wäre es laut dem Juristen angemessen zu sagen, dass man das bisherige Gehalt – etwa aus taktischen Gründen – nicht preisgeben möchte und stattdessen ein gewünschtes Gehalt oder Mindestgehalt zu nennen. In beiden Fällen stehen Bewerberinnen und Bewerber auf der sicheren Seite. Möglich ist natürlich auch, den Arbeitgeber auf die Unzulässigkeit der Frage hinzuweisen und gar keine Antwort zu geben. Unterm Strich ist es eine Typsache, wie Bewerbende antworten. Einzig und alleine: „Die Lüge hat kurze Beine.“
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