Wie der Motorradhersteller Kawasaki bei klimafreundlichen Flugzeugen mitmischen will

Die Ninja H2R ist bereits das schnellste Serien-Motorrad der Welt. Die Rennversion des Spitzenmodells des japanischen Motorradherstellers Kawasaki bringt mit 310 PS immerhin 400 Kilometer pro Stunde auf die Piste. Jetzt tauscht das Unternehmen das Einsatzgebiet des Kolbenmotors – von der Renn- auf die Startbahn: Das Aggregat soll künftig einem innovativen fünfsitzigen Propellerflugzeug in die Lüfte helfen.
Der Miniflieger namens Cassio 330 ist die kreative Antwort des französischen Startups Voltaero auf elektrische Flugzeuge. Er startet nicht senkrecht wie die derzeit gehypten Lufttaxis, sondern braucht eine kurze Start- und Landebahn. Das führt auch zur Form des jetzigen Prototyps, den das französisch-japanische Duo im Juli auf der Farnborough International Airshow präsentierte.
Cassio 330: Das Novum des Flugzeugs steckt im Rumpf
Das Modell erinnert vorne an einen Hammerhai, der zusätzlich lange, schmale Tragflächen am Heck bekommen hat. So bringt es der Flieger auf neun Meter Länge und eine Spannweite von zehn Metern. Das eigentliche Novum steckt aber im Rumpf. Für den Antrieb setzen die Ingenieur:innen nicht nur auf einen Elektromotor und Akkus, sondern auf einen Hybridantrieb, der Elektro- und Benzinmotoren kombiniert.
Damit wollen sie ein Problem bisheriger umweltfreundlicher Flugvisionen überwinden. Reine Elektroflugzeuge können wegen der geringen Energiedichte und des hohen Gewichts ihrer Akkus nicht weit fliegen. Voltaero will mit seiner Kombination in der größten Version eine Reichweite von 1.200 Kilometern garantieren. Das würde für einen Flug von Skagen in Nord-Dänemark bis ins bayrische Oberstdorf an der Grenze zu Österreich reichen – ganz ohne Zwischenlandung.
Normalerweise bewegen laut der Homepage des Unternehmens drei Elektromotoren mit je 60 Kilowatt Leistung den Propeller im Heck des Flugzeugs. Die Energie zieht er aus einer Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 41,5 Kilowattstunden.
Motorradmotor im Flugzeug wie ein Range-Extender im Auto
Der drehfreudige Motorradmotor aus Japan erfüllt in diesem Konzept gleich mehrere Rollen. Wie ein Range-Extender im Auto soll er Strom für die Batterie produzieren. Darüber hinaus treibt er bei Spitzenlast und im Notfall den Propeller selbst an.
Seine Kraft schöpft er dabei aus vier Zylindern. Der Kolbenmotor sei auch deutlich sparsamer als Wankelmotoren von Konkurrenten, wirbt Kawasaki für sein Modell. So soll das Flugzeug rund 40 Prozent weniger Treibstoff als ein vergleichbares Modell mit reinem Verbrennungsmotor verbrauchen.
Der Jungfernflug ist für Ende dieses Jahres angesetzt, der Verkaufsstart für 2026. Zudem plant Voltaero auch größere Modelle, auch dafür will Kawasaki die Motoren liefern. Das Unternehmen hat sich finanziell am Startup beteiligt und sieht das Cassio-Projekt als Schaufenster seiner Technik für andere Flugzeughersteller.
Ziel: Fliegen mit weniger Emissionen
Kawasakis Ziel ist es, im Markt für emissionsarme Luftfahrt mitzumischen. Die Ninja-Maschine wird zwar noch von Benzin angetrieben. Aber der Motorradhersteller hat auch schon eine klimafreundlichere Variante für die Verbrennung von Wasserstoff entwickelt.
Wasserstoff gilt als potenzieller Null-Emissionsbrennstoff – wenn bei seiner Herstellung Strom aus erneuerbaren Energien verwendet wird. Denn bei der Verbrennung entsteht fast nur Wasser als Abgas (und kleine Mengen an Stickoxiden). Auch der europäische Flugzeugbauer Airbus und ein japanisches Konsortium arbeiten an Wasserstoffflugzeugen.
Die etablierten Hersteller haben allerdings größere Flugzeuge im Sinn, während sich die Flugzeuge von Voltaero als alternative, private Reisemobile für reiche Familien oder Geschäftsleute positionieren. Ob der Plan aufgeht, wird sich noch zeigen. Mit einer angekündigten Reisegeschwindigkeit von 333 Kilometer pro Stunde versprechen Flüge jedenfalls deutlich kurzweiliger zu werden als Reisen mit dem Auto oder der Bahn.