Durch Reibung entsteht Wärme, heißt es im Volksmund. Gemeint ist damit, dass auf Probleme substanzielle Lösungen folgen können. Voraussetzung: Man spricht sie an und sucht nach konstruktiven Antworten. Leider passiert das viel zu selten. Probleme mit Kollegen, Kunden oder Vorgesetzten gehören zwar zum Joballtag, die Lösung dieser Schwierigkeiten jedoch nicht. Laut der Umfrage DGB-Index „Gute Arbeit“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hat nämlich fast jeder zweite Beschäftigte (44 Prozent) Angst davor, Probleme gegenüber dem Chef oder der Chefin offen anzusprechen. So wird Frust viel zu oft heruntergeschluckt.
Problem ansprechen: Warum Führungskräfte mehr auf Mitarbeiter eingehen müssen
Unterschiede finden sich in den Altersgruppen: Bei den älteren Kollegen über 55 Jahren liegt die Angstquote mit 52 Prozent deutlich höher. Junge Beschäftigte unter 25 Jahren sind hingegen mit einem Wert von 30 Prozent angstfreier und riskieren häufiger einen Konflikt. Zudem spielt auch die Betriebsgröße eine wichtige Rolle dafür, ob Probleme offen angesprochen werden. Demnach hat der DGB hiesige Kleinbetriebe mit weniger als 20 Beschäftigten etwas positiver bewertet als mittlere und größere Firmen. Grund zum Ausflippen ist das jedoch nicht. Auch in Kleinbetrieben traut sich jeder Dritte (34 Prozent) nicht, Kritik offen auszusprechen.
Das hat natürlich Folgen. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass Probleme nicht angesprochen werden können, tendieren sie häufiger zu einem Jobwechsel. Im Durchschnitt überlegt etwa jeder Zehnte der 8.011 Befragten, den Arbeitgeber zu wechseln. Unter den Berufstätigen, die von Angst sprechen, sind es immerhin 29 Prozent, die über einen Wechsel nachdenken. Dass dadurch ein vergleichsweise hoher organisatorischer und auch finanzieller Mehraufwand für den Arbeitgeber entstehen kann, übersehen wohl viele Chefs. Auch der Stimmung im Team schadet ein häufiger Wechsel.
Dass die Kündigung eines Mitarbeiters einem Unternehmen bis zu 150 Prozent des Jahresgehalts kosten kann, hat das US-amerikanische National Business Research Institute ermittelt. Eingerechnet sind die Kosten für die Stellenausschreibung, die Beauftragung eines Headhunters, der Aufwand für Bewerbungsgespräche und die Erstattung der Reisekosten der Anwärter. Außerdem brauchen neue Teammitglieder zunächst Zeit, um Abläufe, Prozesse, Kollegen und Chefs kennenzulernen. „Jede Kündigung führt zu einem Stottern des Motors im Team, weil plötzlich ein Rädchen im Getriebe fehlt“, heißt es in der Studie.
t3n meint: Wenn fähige Mitarbeiter kündigen, kostet das eine Firma im Zweifel ein kleines Vermögen. Ein guter Grund für Vorgesetzte, genau zuzuhören, was die Mitarbeiter beschäftigt. Denn sonst sind bald schon wieder die nächsten Spitzenkräfte weg. Für Chefs und Chefinnen ist es deshalb von großer Bedeutung, ein offenes und konstruktives Arbeitsklima herzustellen. Die US-Professorin Amy Edmondson hat unlängst das Psychological-Safety-Konzept beschrieben und welchen Einfluss es nicht nur auf die Abwanderungsrate, sondern vor allem auch auf die Ergebnisse der Teamarbeit hat. So oder so ist klar: Nur wer gehört wird, spricht auch! Andreas Weck
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