9-Euro-Ticket: Wie geht es ab September weiter? Diese Vorschläge liegen auf dem Tisch
Das 9-Euro-Ticket hat in den vergangenen Wochen reißenden Absatz gefunden. Allein im ersten Geltungsmonat, Juni 2022, sollen mehr als 30 Millionen Menschen zugegriffen haben. Ähnliche Zahlen werden auch für den Juli erwartet. Jede:r vierte Nutzer:in des Tickets soll dadurch erstmals vermehrt den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) genutzt haben, die Mehrheit der Ticket-Nutzer:innen ist zufrieden. Entsprechend hitzig sind die Debatten um eine Nachfolge für das Ende August auslaufende Billig-Ticket.
Verbraucherschützer wollen 29-Euro-Ticket
Ramona Pop, ehemalige Berliner Wirtschaftssenatorin und aktuell Vorsitzende des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (VZBV), hat sich für ein 29-Euro-Ticket ausgesprochen, das gleich im Anschluss – also ab September 2022 – angeboten werden sollte. Um den Umstieg auf den ÖPNV zu fördern, müsse man auch Geld in die Hand nehmen, „wenn man [es] ernst meint“, wie Pop den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte. Zudem müsse aber auch das Angebot ausgebaut werden, vor allem im ländlichen Raum, so Pop.
Vorteil eines deutschlandweit geltenden Tickets, das sieht nicht nur Pop so, ist, dass man damit einfach in Bus oder Bahn einsteigen kann, ohne sich zuvor mit dem Tarifdschungel verschiedener Verkehrsverbünde auseinandersetzen zu müssen. Voraussetzung ist aber, dass Bus oder Bahn am Wohn- oder Arbeitsort überhaupt fahren – oder zumindest mehrmals am Tag. Wie schwierig die Fortbewegung mit dem ÖPNV sein kann, zeigen die persönlichen Erfahrungen einiger t3n-Redakteur:innen, die das Angebot genauer unter die Lupe genommen haben.
Kritik am 9-Euro-Ticket von der Bahn
Kritik kommt zudem von der Bahn selbst. Überfüllte Züge würden dafür sorgen, dass gerade Vielnutzer:innen wie Berufspendler:innen künftig eher wieder aufs Auto umsteigen würden, um bequem und pünktlich zur Arbeit zu kommen. Auch sei die Arbeitsbelastung des Bahnpersonals stark gestiegen. Die Bundesregierung hat derweil eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets, das 2,5 Milliarden Euro gekostet hat, ausgeschlossen, auch wenn etwa der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) vorschlägt, das Angebot einfach um zwei weitere Monate zu verlängern.
Mittelfristig ist der VDV aber für ein 69-Euro-Ticket als Nachfolger des 9-Euro-Tickets. Für Bedürftige könnte der monatliche Preis auf 29 oder 39 Euro gesenkt werden, wie VDV-Geschäftsführer Wolff der Süddeutschen Zeitung sagte. Ein 69-Euro-Ticket könnte sich auch der Deutsche Städtetag, die Interessensvertretung der Kommunen, vorstellen, wie der Tagesspiegel schreibt. Auch ein 365-Euro-Ticket (auf Jahresbasis) ist im Gespräch. Damit würden etwa BVG-Nutzer:innen, die ihr Jahresabo einmal jährlich auf einen Schlag bezahlen, rund die Hälfte sparen.
Fahrvolumen: Bahnstrecke wie Handytarif buchen
Ein weiterer Vorschlag kommt von Klaus Bogenberger, Professor für Verkehrstechnik an der TUM. Der Verkehrswissenschaftler schlug in der bayerischen TV-Sendung Sonntags-Stammtisch vor, dass ein Kilometermodell Sinn ergeben würde. Ähnlich wie bei dem Kauf von Datenvolumen beim Smartphone könnte man etwa 200 ÖPNV-Kilometer zu einem Preis von zum Beispiel 20 Euro buchen. Dies würde dann direkt via Handy verrechnet. Auch gedruckte Tickets seien möglich.
Noch einfacher wäre freilich der Gratis-ÖPNV, der der Partei Die Linke vorschwebt – umsetzbar innerhalb von fünf Jahren und flankiert vom Ausbau des Streckennetzes. Finanziert werden könnte das Projekt durch den Abbau von Subventionen für Flugverkehr und Dienstwagen, so die Linke. Der Vorschlag dürfte allerdings – auch angesichts der aktuell mangelnden politischen Schlagkraft der Linken – am unwahrscheinlichsten sein.