Es ist fast ein Jahr her, dass Facebooks Hugo Barra auf Twitter eine Kooperation mit Ray-Ban angeteasert hatte. Für 2021 hatten die Partner eine intelligente Brille angekündigt, die einer klassischen Designlinie folgen sollte.
Seither ist wenig Sichtbares geschehen. Skeptiker hatten die Smart Glasses schon abgeschrieben, wenn auch die massive Steigerung der Mitarbeiterzahlen bei Facebooks Reality Labs Division, die für Hardware rund um Virtuelle und Erweiterte Realität zuständig zeichnen, dagegensprach. Innerhalb von vier Jahren hatte Facebook die Reality Labs von 1.000 auf 10.000 Mitarbeitende erweitert.
Intelligente Ray-Ban wird funktional eher schmal ausgestattet sein – aber schick
Während einer Telefonkonferenz bestätigte Facebook-Chef Mark Zuckerberg nun, dass er das Gerät nicht nur nicht vergessen habe. Vielmehr werde es die nächste Hardware-Veröffentlichung des Unternehmens sein. Eine zeitliche Perspektive konnte oder wollte Zuckerberg nicht nennen.
Die Smart Glasses thematisierte Zuckerberg, als er seine Vision „für den Aufbau der nächsten Computerplattform“ beschrieb. Danach sieht er in Mixed Reality, also einer Mischung aus virtueller und erweiterter Realität, die Zukunft. Zudem geht er davon aus, dass Mixed Reality bereits konzeptionell eine soziale Plattform sei.
„Aber wir sehen auch überzeugende Anwendungsfälle und andere Formen der Unterhaltung sowie Arbeit, Kreativität und Fitness. Die nächste Produktveröffentlichung wird die Einführung unserer ersten intelligenten Brille von Ray-Ban in Zusammenarbeit mit Essilor-Luxottica sein“, sagte Zuckerberg in der Telefonkonferenz. Die Brille habe einen ikonischen Formfaktor und ermögliche es, einige ziemlich tolle Dinge zu tun. Einschränkend bemerkte er, dass er sich auf eine „vollständige Augmented-Reality-Brille in der Zukunft“ freue.
Damit ist klar, was bereits vermutet wurde: Die intelligente Ray-Ban wird eher so etwas wie die Amazon Echo Frames, die Bose Frames oder die Razer Anzu sein. So bleibt zunächst unklar, was für „ziemlich tolle Dinge“, wie Zuckerberg es formuliert, die smarten Ray-Ban tun können sollen. Wenn die Smart Glasses wenigstens mit dem Wettbewerb mithalten wollen, dürfen wir wohl damit rechnen, dass wir damit Anrufe tätigen, Musik hören und Sprachassistenten bedienen werden können. Das Interesse an einem solchen Produkt dürfte sich allerdings in Grenzen halten.
Metaversum: Virtualität und Realität verbinden sich zu einem 3D-Internet
Auch Zuckerbergs Vision, Hardware von Facebook werde Teil eines größeren „Metaversums“, dürfte angesichts der Datenschutz-Implikationen eines solchen Szenarios auf eher gemäßigte Resonanz stoßen. Dabei versteht Zuckerberg unter dem Metaversum eine virtuelle Umgebung, in der Menschen arbeiten, Kontakte knüpfen und Geld ausgeben können, also ein dreidimensionaleres Internet, mit dem man interagieren kann und in dem die Grenzen zwischen Realität und Virtualität verschwimmen, wenn nicht gleich verschwinden. Es ist schwer vorstellbar, dass Facebook das Vertrauen der Menschen gewinnen und sie dazu bringen kann, sich in einem solchen Metaversum gläsern zu machen.
Diese Schwierigkeiten muss Zuckerberg sicherlich sehen, schätzt sie aber offenbar anders ein. Denn die Pläne des Social Networks gehen unbeirrt in diese Richtung – auch eine Smartwatch hat Facebook bereits in Arbeit.
Da wird sich Marc Elsberg freuen, dass sein Buch ZERO doch wahr wird. Kann er nicht nur in der Kategorie Fiktion, sondern auch nochmal als Sachbuch Bestseller werden.