Neuer Volvo EX30 im Test: Vollelektrisches Kompakt-SUV für Minimalisten
Volvo hat mit dem XC40 Recharge Pure Electric, der nunmehr als EX40 im Konfigurator zu finden ist, zwar schon seit knapp vier Jahren ein Elektroauto im Portfolio, allerdings basiert dieses auf einem noch wesentlich älteren Verbrennermodell. Will heißen: Er wurde nicht von Grund auf als Elektroautos konzipiert – und das merkt man an vielen Stellen. Etwa bei der Effizienz, aber auch beim Design, das sich an jenem orientiert, das 2015 mit der zweiten Generation des XC90 eingeführt wurde. Ähnlich verhält es sich mit dem EC40, vormals C40, der letztendlich nur ein Coupé-Ableger des EX40 ist.
Insofern läutet der EX30 gewissermaßen eine neue Ära ein, denn das Kompakt-SUV ist nicht nur durch und durch ein Elektroauto, sondern spricht auch eine völlig neue Designsprache.
Volvo EX30: Von 35.490 Euro bis über 52.000 Euro ist alles möglich
Wer sich für den neuen Volvo EX30 interessiert, der muss sich erst einmal mit den unterschiedlichen Varianten beschäftigen. Beim Single Motor (Heckantrieb) hat man die Wahl zwischen einer 49-Kilowattstunden- und einer 64-Kilowattstunden-Batterie (netto). Erstere liefert 337 Kilometer Reichweite nach WLTP, zweitere immerhin 476 Kilometer. Der Sprint von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde dauert 5,7 respektive 5,3 Sekunden. Preislich startet das Einstiegsmodell bei 35.490 Euro, für den Single Motor Extended Range werden mindestens 40.790 Euro fällig.
Wem das nicht reicht, der legt noch einmal ein paar Tausend Euro drauf und greift zur Twin-Motor-Performance-Variante. Diese verfügt über eine maximale Systemleistung von 315 Kilowatt (428 PS) und katapultiert den EX30 in wahnwitzigen 3,6 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde. Das entspricht der Beschleunigung eines Porsche 911 Carrera 4S.
Und wie sieht es mit der Ausstattung aus? Insgesamt stehen drei Trim-Levels zur Auswahl: Core, Plus und Ultra. In der Core-Variante verfügt der EX30 bereits über viele der derzeit gängigen Komfort- und Sicherheitsfeatures, aber wer beispielsweise eine Heckklappenautomatik, Einparkhilfe vorne und hinten sowie zeitgemäße Assistenzsysteme möchte, muss bereits zum Ausstattungsniveau Plus greifen, das knapp 3.000 Euro mehr kostet – 3.000 Euro, die man definitiv investieren sollte.
Richtig ins Geld geht erst die Ultra-Variante, was primär daran liegt, dass sie nur mit dem Single Motor Extended Range und dem Twin Motor Performance angeboten wird. Dafür bekommt man dann aber auch einen 22-Kilowatt-On-Board-Charger, ein Panorama-Glasdach, eine Parkkamera mit 360-Grad-Surround-View, elektrisch verstellbare Fahrer- und Beifahrersitze und vieles mehr.
Was an dieser Stelle erwähnt werden muss: Die genannten Konfigurator-Preise beinhalten Volvos zeitlich begrenzte „Online-Elektroprämie“ in Höhe von 3.500 Euro. Der tatsächliche Bruttolistenpreis liegt also dementsprechend höher.
Volvo EX30: Viel Technik, wenig Kofferraum
Wenn man sich den EX30 das erste Mal genauer anschaut, stellt man schnell fest, dass sowohl die Designer als auch die Ingenieure ganze Arbeit geleistet haben.
Anders als beim auf der gleichen Geely-Plattform basierenden Smart #1 verzichten die Schweden beim EX30 auf eine riesige Mittelkonsole, was sich positiv auf das Raumgefühl in dem nur 4,23 Meter langen und 1,83 Meter breiten Kompakt-SUV auswirkt. Ebenfalls erwähnenswert sind die hervorragende Verarbeitung sowie die Verwendung recycelter und erneuerbarer Materialien. Das entspricht nicht nur dem Zeitgeist, sondern auch dem Nachhaltigkeitsanspruch der Marke.
Und auch ansonsten ist der Schwede ganz auf der Höhe der Zeit: modernste Assistenzsysteme und Sicherheitstechnologien, Android Automotive, High-End-Soundsystem, OTA-Updates, 22-Kilowatt-On-Board-Charger und vieles mehr – wer möchte, bekommt beim EX30 alle Features, die man derzeit von einem Premium-Elektroauto erwarten kann.
Aber natürlich gibt es auch einen Wermutstropfen: den Kofferraum. Der fällt beim EX30 mit 318 Litern nämlich alles andere als üppig aus. Zum Vergleich: Der fast 23 Zentimeter kürzere Citroen ë-C3 bringt es auf nahezu identische 310 Liter, während der nur sieben Zentimeter längere Kia EV3 460 Liter fasst. Für den Wocheneinkauf reichen die 318 Liter natürlich, aber schon bei einem Kinderwagen oder etwas Gepäck kommt der EX30 schnell an seine Grenzen.
Volvo EX30: Reichweite und Ladeleistung
Für unseren Test stand uns ein Single Motor Extended Range mit 64-Kilowattstunden-Batterie zur Verfügung – und wer den EX30 nicht ausschließlich für Kurzstrecken nutzen möchte, sollte auch zu dieser Variante greifen.
Denn während man innerorts und auf der Landstraße mit rund 16 bis 18 Kilowattstunden pro 100 Kilometer unterwegs ist, sind es auf der Autobahn schnell mal 22 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Wenn man dann nur die 49-Kilowattstunden-Batterie des Basismodells hat, steht man schon nach etwas mehr als 200 Kilometern wieder an der Ladesäule. Zumal sich Volvo dazu entschieden hat, die beim großen Akku (ab Ultra) serienmäßige Wärmepumpe beim Single Motor noch nicht einmal gegen Aufpreis anzubieten.
Mit der 64-Kilowattstunden-Batterie liegt die Alltagsreichweite dann aber auch bei 360 bis 380 Kilometern, was in dieser Klasse ein guter Wert ist. Selbiges gilt für die Ladeleistung. Mit maximal 157 Kilowatt dauert der Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent rund 26 Minuten. Nicht rekordverdächtig, aber in diesem Segment noch vertretbar. Das Problem ist wie so häufig die Ladekurve, denn die 157 Kilowatt hält der EX30 nur bis etwa 30 Prozent SoC (State of Charge). Bereits bei 50 Prozent SoC lädt der Schwede nur noch mit 100 Kilowatt.
Man muss allerdings auch bedenken, dass der EX30 nicht als Elektroauto für Langstreckenfahrer konzipiert wurde. Und wenn man nur ein- oder zweimal im Jahr mehr als 400 Kilometer in eine Richtung fährt, ist es unerheblich, ob man in 18 oder in 26 Minuten die 80 Prozent SoC erreicht.
Volvo EX30: Die Sache mit der Software und dem fehlenden Head-up-Display
Auf den ersten Blick bietet der Volvo EX30 zweifelsohne ein gelungenes Gesamtpaket, sowohl technologisch als auch qualitativ. Wenn man allerdings länger mit dem kompakten SUV unterwegs ist, zeigen sich mit der Zeit doch einige Schwächen.
Das fängt mit Kleinigkeiten wie dem Schlüssel an, der im Endeffekt nur ein tastenloses Kästchen aus billigem Plastik ist. Das passt so gar nicht zu dem Premiumanspruch, den der EX30 verkörpert. Auch unser erster AC-Ladevorgang überraschte uns, da das Fahrzeug nur mit 3,7 Kilowatt lud, obwohl theoretisch 22 Kilowatt möglich sind.
Der Grund dafür war ein Software-Bug, durch den bei jedem Neustart die Ladeleistungsbegrenzung aktiviert wurde, obwohl diese eigentlich gar nicht aktiv sein sollte. Hinzu kommen noch ein paar weitere Kleinigkeiten, etwa die Verkehrszeichenerkennung, die gerne mal daneben liegt. Aber vieles davon lässt sich mit Software-Updates beheben – und wir sind guter Dinge, das Volvo das auch zeitnah tun wird.
Ein großes Manko bleibt allerdings das fehlende Head-up-Display. Der EX30 verfügt nämlich abgesehen von dem 12,3 Zoll großen Hochkant-Touchscreen in der Mitte über keinerlei Anzeigen. Dabei könnte man über das fehlende Display hinter dem Lenkrad noch hinwegsehen, wenn es immerhin ein Head-up-Display geben würde. Aber so ist es einfach zu viel des Minimalismus.
Jedes Mal, wenn man einen Blick auf die aktuelle Geschwindigkeit oder Navigation werfen will, wird man zudem vom Fahrzeug nach kürzester Zeit ermahnt, dass man den Blick wieder auf die Straße richten soll. Ganz abgesehen davon, dass selbst der Warnblinker nur noch ein Bedienelement auf dem Touchscreen ist. Zu einer Marke wie Volvo, die sich seit Jahrzehnten das Thema Sicherheit auf die Fahne geschrieben hat, passt das nicht wirklich.
Volvo EX30: Erstklassiges Elektroauto mit kleineren Schwächen
Wer über die Sache mit den Displays und dem Bedienkonzept allerdings hinwegsehen kann, was offenbar viele können, sonst wären das Model 3 und Model Y von Tesla nicht seit Jahren so erfolgreich, bekommt mit dem EX30 ein schickes und vor allem hochwertiges Elektroauto, das in vielen Bereichen ganz weit vorne mitspielt – sei es bei den Sicherheits- und Assistenzsystemen, der Verarbeitung oder dem Fahrkomfort.
Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet dabei das Ausstattungsniveau Plus in Kombination mit dem Single Motor Extended Range. Die Reichweite ist hier deutlich alltagstauglicher als beim Basismodell und auch die maximale Anhängelast ist mit 1.600 Kilogramm höher als beim Single Motor, der nur 1.000 Kilogramm ziehen darf.
Zum Single Motor Core, den es aktuell im Leasing bereits ab 239 Euro im Monat ohne Sonderzahlung gibt, sollten indes ausschließlich diejenigen greifen, die wirklich nur ein Auto für kurze Strecken suchen – und auf Features wie Heckklappenautomatik, Einparkhilfe vorn und hinten, Pilot Assist sowie weitere praktische Annehmlichkeiten verzichten können.
„Zumal sich Volvo dazu entschieden hat, die beim großen Akku (ab Ultra) serienmäßige Wärmepumpe beim Single Motor noch nicht einmal gegen Aufpreis anzubieten.“ Das ist nicht richtig. Wärmepumpe ist in den Varianten Twin Motor Performance und Single Motor Extended Range enthalten, d.h. auch in der „Core“ und „Plus“-Variante, sofern zumindest Single Motor ER (großer Akku) gewählt wird. Lediglich die Kombis „Core“/“Plus“ + Single motor (kleiner Akku) haben keine WP.
Der Ladebegrenzung-Bug ist inzwischen per OTA Udate behoben. Und der der „Schlüssel an, der im Endeffekt nur ein tastenloses Kästchen aus billigem Plastik ist“ ist eine Zwischenlösung bis der „Digital Key“ (Öffnen per Smartphone) per OTA ausgerollt wird. Ansonsten sind 2 NFC Keycards der „Schlüssel“.
Ein sehr spannender und informativer Artikel über den EX-30, mit allen seinen Stärken, aber auch gut erläuterten Schwächen.
Lediglich der Kritik am Warnblinker kann ich nicht zustimmen – „Ganz abgesehen davon, dass selbst der Warnblinker nur noch ein Bedienelement auf dem Touchscreen ist. Zu einer Marke wie Volvo, die sich seit Jahrzehnten das Thema Sicherheit auf die Fahne geschrieben hat, passt das nicht wirklich.“
Der Schalter für den Warnblinker findet sich nicht nur auf dem Touchscreen, sondern zusätzlich als physischer Knopf im Dachhimmel zwischen der Innenraumbeleuchtung, dort wo auch die physischen Tasten für die Notrufsysteme platziert sind. Dies sollte nach zweiwöchiger Testfahrt eigentlich durchaus aufgefallen sein.