Beim ersten echten Versuch mit Xbox Cloud Gaming fühle ich mich bestätigt. Ich spiele EA Sports FC 24 und komme mir vor, als würde ich einen Fußballstream aus den Anfangstagen von Sky Go ansehen. Erst ruckelt alles, dann friert das Bild ein und am Ende ist der Ball drin. Und das soll die Zukunft für Videospiele sein?
Die sieht Microsoft selbst schließlich in der Cloud. Die Xbox-App für Amazons Fire-TV-Sticks bewirbt das Unternehmen mit den Worten: „Du brauchst keine Xbox, um Xbox zu spielen.“ Natürlich habe ich Cloud-Gaming schon früher mal wenige Minuten ausprobiert, mich aber nie länger damit beschäftigt. Nach diesem markigen Werbeslogan will ich jetzt aber wissen: Kann das Angebot wirklich meine Xbox ersetzen?
Was sind die Voraussetzungen für Xbox Cloud Gaming?
Das Versprechen klingt zunächst überzeugend. Statt sich eine Konsole für bis zu 500 Euro zu kaufen, sollen ein Controller, eine einigermaßen schnelle Internetverbindung und das passende Endgerät ausreichen. Smartphones benötigen laut Microsoft eine Internetverbindung mit 10 Megabits pro Sekunde (MBit/s), bei Konsolen, Tablets und PCs sind 20 MBit/s besser, im Idealfall im WLAN mit 5 Gigahertz. Nebenher läuft das Streaming-Angebot auch auf Samsung-Fernsehern, ausgewählten Fire-TV-Sticks und auf den Meta-Brillen Quest 2 und Quest 3.
Zugriff auf die Spiele gibt es mit einem Microsoft-Konto und dem Xbox Game Pass Ultimate. Dessen Preis hat Microsoft im Sommer 2024 für Neukund:innen von rund 15 auf 18 Euro pro Monat angehoben. Zum Katalog gehören Microsofts eigene Spiele wie Flight Simulator oder Forza Horizon 5, aber auch EA-Titel wie Sportsimulationen oder Games aus dem Star-Wars-Franchise.
There is no app for that
Der Einstieg ist für die meisten Gamer:innen einfach. Sie laden die Xbox-App aufs Android-Smartphone oder auf den Windows-PC. Sie steht in den jeweiligen Stores zur Verfügung. Auf meinem Smart-TV ist sie bereits vorinstalliert. Ich nutze aber auch das iPhone, das iPad und ein Macbook. Zumindest bei den erstgenannten Geräten gibt es zwar auch eine App. Wer darüber ein Spiel starten will, wird jedoch an die Konsole verwiesen. Das liegt an alten Apple-Beschränkungen, die Cloud-Gaming-Apps lange nicht erlaubten. Mittlerweile hat Apple den Weg frei gemacht, Microsoft will die App aber dennoch nicht umbauen. Der Weg in die Cloud führt über den Safari-Browser und das Abspeichern eines Lesezeichens auf dem Homescreen.
Im Anschluss kann ich die Oberfläche aber bequem mit dem Controller oder per Touchscreen bedienen, durch den Katalog scrollen, neue Spiele starten oder bei anderen weiterspielen, wo ich aufgehört habe, als würde ich vor meiner Konsole sitzen. Statt im Wohnzimmer mit zugezogenen Vorhängen konnte ich im Sommer aber im Garten im Schatten sitzen und Xbox-Spiele auf meinem Tablet zocken – oder es zumindest versuchen.
iPhone, iPad, Macbook oder TV: Wo läuft es am besten?
Denn die Fußballer auf dem Bildschirm ruckeln eher schlecht als recht umher. Vielleicht liegt es ja am Spiel? Microsoft versieht das Cloud-Gaming-Angebot schließlich auch Jahre nach dem Start noch mit dem Zusatz „Beta“. Ich wechsele zum Flight Simulator. Der läuft zwar, bis die Eingaben meines Controllers beim virtuellen Flugzeug ankommen, vergeht aber zu viel Zeit. Die Landung geht daneben. Bei Star Wars Jedi: Fallen Order passiert dasselbe. Schnell haben mich die Sturmtruppen niedergemacht. Spaß macht der erste Ausflug in die Cloud nicht.
Dazu trägt auch die verwaschen aussehende Grafik bei. Das kann passieren, schreibt Microsoft auf einer Supportseite. „Gestreamte Spiele haben möglicherweise eine eingeschränkte Funktionalität“, heißt es da. So muss man unter anderem bei der Videoauflösung und der Audioausgabe mit Begrenzungen rechnen.
Trotzdem will ich es nicht dabei belassen. Vielleicht liegt es ja auch am Betriebssystem. Auf meinem iPad ist Beta-Software installiert. Am nächsten Abend probiere ich es auf dem Macbook (Pro mit M1 Pro). Tatsächlich läuft es hier runder. EA Sports FC sieht besser aus, ich kann problemlos mehrere Partien spielen.
Richtig positiv überrascht bin ich von meinem Fernseher. Es ist nicht das teuerste Modell. Hier hätte ich mit den größten Problemen gerechnet und kann mit am besten zocken. Rennspiele sind kein Problem. Das grafisch aufwendige Starfield läuft bis auf wenige Ruckler butterweich.
Überall gibt es Probleme
Ganz ohne Probleme geht es aber nie. Das Xbox- und das TV-Interface sind sich oft nicht einig, wer hier das Sagen hat, Controller oder Fernbedienung. Entsprechend wird auf dem Bildschirm manchmal ein Cursor eingeblendet, der stört. Außerdem machen auch manche Spiele Probleme. Eine Partie in EA Sports FC wird im Minutentakt von Grafikfehlern begleitet. Ausgereift ist das noch nicht.
Das gilt auch fürs iPhone. Zwar spielt mein betagtes 12er Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder’s Revenge im 5G-Netz flüssig ab, wird dabei aber ganz schön warm, obwohl die Rechenarbeit ja in die Cloud ausgelagert wurde.
Fazit
Vieles bei Xbox Cloud Gaming funktioniert schon ganz gut. Ich kann mir nach dieser Woche zwar durchaus vorstellen, mal einen Abend ohne Konsole zu spielen oder zwischendurch ein Level auf dem iPhone zu zocken. So richtig ausgereift wirkt das Konzept aber noch nicht. Kleine Fehler können den Spielspaß trüben. Für einen Preis von 18 Euro im Monat sollte das nicht passieren. Hier muss Microsoft also dringend nachbessern. Dazu kommt: Wenn der Dienst mal ausfällt, passiert auf dem Bildschirm gar nichts. Oder anders gesagt: Du brauchst keine Xbox, um Xbox zu spielen. Besser wäre es aber, wenn du eine hättest. Noch.
Eine App ist hier generell nicht mehr verfügbar. Unabhängig von Apple oder anderen Herstellern würde das Gaming in die Browserversion verlagert.
Hi, ich bin passionierter Cloud Gamer. Hatte schon vor Urzeiten mal Geforce Now ausprobiert auf Nvidia Shield, leider lief das auf meiner damaligen 25Mbit/s Leitung nicht. Dann kam im November 2019 Googles Stadia und ein Traum wurde wahr! Lief perfekt über den Chromecast, die Controller verbanden sich via WiFi direkt mit der Cloud, von Anfang an stand UHD Auflösung und HDR zur Verfügung. Von Tag eins an lief der Service sehr stabil. Ich ha zahlreiche Games darauf durchgezockt (Far Cry 5, Red Dead Redemption 2, Cyberpunk 2077, The Division 2). Leider hat es nicht genügend Interessenten gefunden oder Googles Ziele waren (wieder einmal) viel zu ambitioniert. Jedenfalls wurde der Service 2023 eingestellt und ich wechselte zur xCloud via Game Pass Ultimate. Kein Vergleich! Nur HD, kein HDR, viel Pixelmatsch, längere Wartezeit bis man losdaddeln kann etc. Enttäuschend. Zwischenzeitlich war ich dann mal wieder auf GeforceNow unterwegs, mit meiner ca. 40Mbit/s Leistung (die ich seit Stadia habe). Das lief super, da habe ich dann auch mal wieder Cyberpunk 2077 gezockt. Mit Raytracing und hohen Framerates, dank entsprechender Mitgliedschaft. Über den Edge Browser auf meiner Xbox Series S. Leider auf HD limitiert, scheint am Browser zu liegen. Und nun bin ich bei Luna, dem Cloud Service von Amazon, gelandet, um dort Star Wars Outlaws via Ubisoft+ Mitgliedschaft zu zocken. Läuft auch nur in HD, aber dafür butterweich. In den Spiel-Einstellungen kann man einige Grafikeinstellungen vornehmen, mit Hoch bis Ultra Einstelllungen und DLSS läuft es astrein. Würde ich das Spiel nativ auf meiner kleinen Xbox spielen, wäre ich auf 30fps reduziert. Dafür nehme ich ab und an schwankende Streamqualität gerne in Kauf. Es bleibt immer flüssig, das ist das Wichtigste, die Latenz ist ähnlich gut wie damals bei Stadia (mit dem Luna Controller geht’s sicher noch besser, denn der verbindet sich auch via WiFi, den habe ich aber noch nicht). Also, Microsofts Cloud Gaming ist für mich nicht erste Wahl, die haben aber einen guten Spielekataloog. Von der Technik her ist es GeforceNow und dann Luna. Habe noch nicht Boosteroid und Blacknut ausprobiert. Kommt halt immer drauf an, was man spielen möchte. Ist fast so, wie bei Netflix, Disney, Sky und Co, wo man immer schauen muss, wer was im Angebot hat, und sich dann dort eine Mitgliedschaft gönnen muss.
Eigentlich sollte klar sein, dass die lokale (Wlan/Kabel) Verbindung ganz entscheidend für die Latenz und Qualität mit Xcloud ist (und nicht so sehr das Endgerät, auf dem gezockt wird). Je nachdem wo man lebt (gibt es mehrere Wlans in der Nähe, wieviele Endgeräte sind verbunden) und wo man zockt (Nähe zum Router) ist ziemlich entscheidend. Dazu kommt ggf Latenz durch den Controller die ebenfalls lokal unterschiedlich sein kann.
Das hat aber nur wenig mit dem Service, und mehr mit individuellen lokalen Umständen zu tun. Diesen Zusammenhang hat der Autor leider übersehen, was wirklich schade im Hinblick auf seine Bewertung ist.