Alternative App-Stores auf dem iPhone: Deshalb muss Apple davor keine Angst haben

Apples iPhone-Ökosystem steht in Europa vor einem großen Umbruch: Denn mit der bis zum 7. März 2024 anstehenden Einführung des Digital Markets Act (DMA) will die EU mehr Plattformgerechtigkeit anstreben und die „Gatekeeper“ wie Apple und Google ein Stück weit entmachten.
DMA: Apple muss sein Ökosystem für dritte App-Store-Anbieter in Europa öffnen
Um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, hat iPhone-Bauer konkrete Pläne angekündigt. Diese umfassen zum einen, die Installation von Apps über alternative Marktplätze auf iPhones zu erlauben, den Standardbrowser zu ändern und auch alternativ Bezahlmöglichkeiten zuzulassen. Diese Features und mehr ziehen mit dem Update auf iOS 17.4 in europäische iPhones ein.
Apple hat sich seit Monaten gegen die Öffnung des iPhone-Ökosystems zur Wehr gesetzt und warnte davor, dass alternative App-Stores ein Einfallstor für Schadsoftware werden könnten. Zudem könnte Apple mögliche Umsatzverluste befürchten, die Apple durch App-Store-Alternativen erleiden könnte.
Glaubt man aber den Schätzungen aus dem Jahr 2022 von Data.ai , einer Firma, die App-Downloads und Ausgaben trackt, werden alternative App-Stores in Europa Apple nicht so schmerzen, wie man denken könnte. Denn auch wenn die EU kein kleiner Markt ist, geben die Europäer im Vergleich zu US-Amerikanern deutlich weniger für iPhone-Apps aus.
Alternative App-Stores: Laut Morgan Stanley nicht so schlimm
Von den 85 Milliarden US-Dollar, die Apple mit dem App-Store in 2022 eingenommen hatte, beliefen sich die Einnahmen durch iOS-Apps in der EU auf etwa sechs Milliarden Dollar, so Data.ai. Zum Vergleich: Der US-Store ist für etwa 29 Milliarden Dollar verantwortlich.
Wie das Investmentbanking-Unternehmen Morgan Stanley (via CNBC) anhand der Daten vorrechnet, würde Apple selbst in einem Worst-Case-Szenario, in dem alternative App-Stores in Europa zu einem Totalverlust der App Store-Umsätze führen würden, keinen großen Umsatzeinbruch erleiden.
Morgan Stanley schätzt: Wenn Apple seine gesamten App-Store-Einnahmen aus der EU verlieren würde, wäre es ein Verlust von vier Prozent aus dem Bereich der Dienstleistungen und nur ein Prozent der Gesamteinnahmen. Selbst wenn Apple weltweit Sideloading und alternative App-Stores zuließe, könnte dies im gesamten Fiskaljahr 2024 zu einem Rückgang der Dienstleistungseinnahmen um neun Prozent und nur zwei Prozent (!) des Gesamtumsatzes führen.
Dieses Worst-Case-Szenario wird aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eintreten, wie Morgan Stanley weiter ausführt. In einer Umfrage gaben weniger als 30 Prozent der Befragten an, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit eine App direkt von der Website eines Entwicklers kaufen würden statt im App-Store. Und selbst dann wünschten sich die Nutzer:innen, dass die App bis zu 35 Prozent weniger koste, damit sich der Aufwand der Transaktion außerhalb des App-Stores lohne.
iPhone-Kund:innen sind bequem
Ferner gaben die Umfrageteilnehmer:innen an, dass sie ihre Zahlungsinformationen nicht an zu vielen Stellen im Internet verbreitet haben möchten. Kund:innen sehen im zentralisierten Charakter des App-Stores Vorteile: Er sei eine zentrale Plattform für den Zugriff auf Apps, die Bezahlung digitaler Inhalte und die Nutzung von Diensten über eine einzige Zahlungsplattform.
Man sollte ferner die Trägheit und Bequemlichkeit von Nutzer:innen nicht außer Acht lassen. Über Jahre gab es mit dem App-Store nur diese eine Anlaufstelle für Apps auf dem iPhone. Warum sollten Nutzer:innen sich einen weiteren Store installieren, in dem womöglich das App-Angebot kleiner ist und Apps vielleicht nicht so regelmäßig aktualisiert werden wie bei Apple?
Spätestens seit der Ankündigung Apples ist mittlerweile klar, dass einige Entwickler:innen wie beispielsweise Epic sich von Apple weiter abnabeln wollen und ihre Apps wie Fortnite über einen eigenen Marktplatz anbieten wollen.
All diese Ausnahmen hinsichtlich der Alternativen müssen aber nicht unbedingt mit einem potenziellen massiven Umsatzverlusten von Apple gleichgesetzt werden. Das zeigt sich in den Niederlanden und in Südkorea: Dort wurde Apple bereits dazu verpflichtet, alternative Zahlungsmethoden zu unterstützen. Trotzdem bezieht Apple eine Kommission von 26 respektive 27 Prozent bei Transaktionen.
Und nun zeigt sich, dass Entwickler:innen, die sie sich für das neue EU-System nach dem DMA entscheiden, für sämtliche digitalen Güter und Dienste – dazu zählen auch Abos – eine Provision in Höhe von 10 oder 17 Prozent an Apple zahlen. Standardmäßig liegen die Gebühren bei 15 beziehungsweise 30 Prozent. Des Weiteren verlangt Apple eine sogenannte „Core Technology Fee“ für iOS-Apps, die über den App-Store oder einen alternativen Marktplatz vertrieben werden. Entwickler:innen müssen „0,50 Euro für jede erste jährliche Installation zahlen, die eine Schwelle von einer Million überschreitet“.
Android: Alternativen zum Play Store gibt es seit Jahren
Wie bequem Nutzer:innen sind, zeigt sich letztlich auch auf der Android-Seite: Googles Smartphone-Ökosystem ermöglicht seit jeher Alternativen zum Play Store. Diverse Smartphone-Hersteller wie Samsung, Huawei und weitere bieten ihre eigenen Marktplätze an, die aber im Grunde keine ernsthaft Rolle spielen.
Als einer der größten Anbieter eines alternativen Play-Stores versuchte Amazon seit Jahren immer und immer wieder seine App-Store zu mehr Bekanntheit zu verhelfen, indem teils kostenpflichtige Apps darauf kostenlos angeboten wurden. Mittlerweile hat Amazon seine Ambitionen aufgegeben und der Play Store ist und bleibt allem Anschein nach die wichtigste Anlaufstelle für Apps und Games im Android-Ökosystem.
Weitere Alternativen wie F-Droid oder der Epic-Launcher spielen Zahlen von 2021 kaum eine Rolle.