Zwei Marketing-Expert:innen von Twitter haben die erfolgreichsten Brand-Accounts und Kampagnen des laufenden Jahres vorgestellt. Dabei zogen sie zum einen das Engagement und das Verhalten der Nutzer:innen heran, wie Likes und Shares, Mentions und Hashtags, zum anderen wurden bei Kampagnen Marketing-KPI genutzt, wie der ROI oder der Share of Voice.

Dazu sei gesagt: Der Großteil aller Twitter-Nutzer:innen stammt aus den USA – 77,75 Millionen US-Amerikaner:innen nutzen Twitter, in Deutschland sind es „nur“ 7,8 Millionen Menschen. Dementsprechend stammen alle genannten Kampagnen und Brands aus den USA – trotzdem gibt es auch für hiesige Brands etwas vom erfolgreichen US-amerikanischen Markt zu lernen.

Disney Plus wurde von den Twitter-Nutzer:innen am häufigsten erwähnt. Twitter begründet hier, dass gerade in Pandemie-Zeiten die Menschen sich in „die Welten des Walt“ flüchten wollten.

Disney Plus bietet Klassiker wie auch Neuerscheinungen, die große Fanbases ansprechen: Mit Serien wie Der Gummibärenbande und Duck Tales kamen die Nostalgiker:innen zum Zug, das Marvel Cinematic Universe und auch Seite Star Wars wurden zudem mit einer ganzen Wagenladung an zum Teil neuen Filmen und Serien bedient. In Sachen Besetzung und Filmkonzeption wurde Wert auf Diversität gelegt, so fanden mehr Menschen Repräsentation in den Disney-Medien. Unklar ist, ob Mentions von Brands gezählt wurden – denn einzelne Studios wie Marvel haben eigene Twitter-Kanäle und taggen sich fleißig gegenseitig.

Was du daraus lernen kannst: Bring dich in Konversationen deiner Nische und deiner Zielgruppe ein. Sprich andere Unternehmen und Marken an. Hast du ein Netz wie Disney mit den verschiedenen Studios, kann sich gegenseitig getaggt werden. Eine Agentur kann beispielsweise eine:n Kund:in taggen, wenn eine Case-Study oder ein gutes Creative geteilt wird. Auf der anderen Seite können Unternehmen auch ihrer Agentur Danke sagen, wenn beispielsweise ein guter Werbespot produziert wurde. Zuletzt gilt: Diversity und die Corporate-Social-Responsibility werden wir und Unternehmen nicht mehr los. Sprecht eure Zielgruppe an – und zwar alle, nicht nur deren Mehrheit, weil es einfacher ist.

Eine erfolgreiche Kampagne war die Vorstellung des Ford F150 Lightning Elektrotrucks. Nach der Kampagne wurde, so Twitter, der vorgestellte Pickup-Truck zu einem der meistdiskutierten Elektroautos. Der Share of Voice im Bereich der E-Trucks ist dabei um 33 Prozent gestiegen.

Es fallen zwei Dinge neben cleveren Creatives und dem Produkt auf: Erstens hat sich das Social-Media-Team von Ford die Zeit genommen, auf viele Fragen und Kommentare zu antworten. Es wurde nicht einfach ein Info-Dump betrieben, sondern echte Kommunikation. Zweitens wurde die Vorstellung auf einer Twitter-Live-Event-Page gestreamt: Die Plattformen mögen es, wenn du ihre eigenen Optionen und Tools nutzt. Versuche also tatsächlich jede Plattform einzeln zu bespielen, anstatt massenweise zu recyclen und überall dasselbe zu posten – lieber wenige gute Kanäle als viele schlechte!

Die zweiterfolgreichste Kampagne ist von Mountain Dew: Nach über zehn Jahren launchte die Firma eine neue Geschmacksrichtung. Das Video auf Twitter war ein Startschuss für eine TV-Werbung zum Super Bowl mit Gamification: Die Leute mussten die Flaschen mit der neuen Geschmacksrichtung zählen und konnten dann eine Million US-Dollar gewinnen. Mit John Cena hatten sie ein berühmtes Gesicht, das sich selbst nicht zu ernst nahm und Witze darüber machte, dass er zählen kann.

Das gesamte Kampagnenkonzept war kreativ und gut umgesetzt. Bis zur Gestaltung der Untertitel stimmt alles. Abgesehen davon sorgte das Twitter-Video dazu, dass die Menschen aktiv die TV-Werbung sahen und nicht beispielsweise in der Zwischenzeit aufs Klo gingen. Der Gewinn von einer Million Dollar ist auch ein enormer Anreiz, mitzumachen. Im Marketing rennen wir ja gern mal gegen die Zeit – aber je wichtiger die Kampagne, umso mehr Sorgfalt sollte an den Tag gelegt werden, insbesondere, wenn sie auf verschiedenen Kanälen läuft. Klingt selbstverständlich? Schon – aber denken wir zum Beispiel an die VW-Werbung mit dem N-Wort. Ein Reminder schadet also nie.

Interessanterweise startet das Video vom erfolgreichsten Marken-Tweet langsam und mit der Frage: „Hi – hast du einen Moment Zeit?“ Die Faustregel bei Videos für Social Media lautet eigentlich, direkt mit dem ersten Bild die Aufmerksamkeit einzufangen und Spannung zu erzeugen. Das ist aber passiert, indem ein alter Bekannter aufgetaucht ist: Blue’s Clues war eine amerikanische Kindersendung. Nun erzählt der Protagonist zum 25. Geburtstag der Serie von seinem abrupten Abschied, entschuldigt also noch einen Produktionsfehler, und berichtet ehrlich von seiner College-Zeit. Am Ende drückt er Dankbarkeit und Lob für die Zuschauer:innen aus, die jetzt ebenfalls erwachsen sind. Und dass jemand stolz auf uns ist, das hören wir doch alle gern.

Positive Emotionen auszulösen ist deutlich schwerer, als Schock, Wut oder Angst zu erzeugen. Dafür musst du deine Zielgruppe nämlich viel genauer kennen. Trotzdem lohnt es sich, es zu versuchen – die Menschen wollen auf Social Media, inklusive Twitter, nicht immer nur streiten. Eine unproblematische Nostalgie, die dabei aber nichts romantisiert, funktioniert, wie hier, zum Beispiel gut. Es heißt immer, dass Wut mehr Engagement erzeugt – dem widerspricht dieses Feel-Good-Video eindeutig. Du musst nur wissen, wie es deiner Zielgruppe geht!

McDonalds hat, so Twitter, eine beeindruckende Twitter-Persona geschaffen. Es werden auch die Kampagnen mit Saweetie und BTS erwähnt – aber der konstante und unverkennbare Markenton war der Grund für die Entscheidung. Und tatsächlich hat McDonalds eine immer gleichbleibende Persona hinter dem Account: Eine schnoddrige Person, von der alle denken, sie mache ihr Praktikum dort, die sich ständig in Diskussionen einmischt und keine Angst hat, auch mal Menschen auf die Füße zu treten – aber gutmütig und ohne richtig beleidigend zu werden.

McDonalds beweist, wie erfolgreich eine einheitliche Markenstimme sein kann. Und wieder: Mischt euch ein, sprecht mit! Macht es aber entweder mit Humor oder mit Expertise.

Oreo hat einen Tweet geteilt und darin versprochen: Wer diesen Tweet einen Like gibt, der bekommt ein Oreo-Scope. Das war eine Bewertung der Persönlichkeit der Nutzer:innen aufgrund deren letzten Tweets. Das sah dann zum Beispiel so aus:

Twitter bezeichnet das in seiner Auszeichnung als eine Kampagne, die an „die Grenzen des Machbaren“ geht. Der Tweet hat über 19.000 Likes erhalten – denn Nutzer:innen möchten von Personen, die sie mögen, gern wahrgenommen und geschätzt werden. Das gilt auch für Unternehmen, deren Produkte sie gern kaufen. Auch hier wieder: Sprich mit deinen Fans und nimm dir ganz offensichtlich viel Zeit für sie!

Der erfolgreichste Branded Hashtag war #NintendoSwitch und Twitter erwähnt auch noch einmal explizit eine Kampagne, die sich bei Krankenhaus- und Pflegepersonal für ihren Einsatz während der Pandemie bedankt. Insgesamt zeigt die Liste: Erfolg kommt, wenn Social Media nicht stiefmütterlich betrieben wird, weil man das ja heute braucht, und dann einen Info-Dump betreibt – sondern wenn stattdessen Aufwand betrieben wird, weil mit diesem Instrument echte Bindung entstehen kann.