Der Black Friday kann weg. Zumindest sollten wir ihn uns in diesem Jahr schenken – nicht wegen Corona oder in Anbetracht der aktuellen Inzidenzwerte, sondern eher weil der E-Commerce es immer mehr übertreibt. Okay, das ist jetzt vielleicht etwas zu drastisch und natürlich werden wir dich auch in den nächsten Tagen über spannende Angebote zum Black Friday informieren, aber vielleicht können die Engpässe, vor denen Onlinehändler, Hersteller und Commerce-Berater unisono warnen, die Kundinnen und Kunden mal wieder etwas zum Nachdenken bringen.
Klar ist bereits jetzt, dass die Kund:innen in der kommenden Woche eine andere Black Friday, Monday, Week erleben werden als sonst. Wir sehen einerseits die Lieferkettenprobleme der Hersteller und Händler, weil in vielen Branchen – neben Technikprodukten und Spielekonsolen etwa auch Fahrräder und E-Bikes, Outdoorartikel und Smartwatches – die Nachfrage einfach größer ist als das Angebot, weil verschiedene Bauteile gar nicht oder nur an einem anderen Ort in der Welt verfügbar sind. Das hat auch mit den durch die Pandemie gestörten Warenflüssen zu tun, sodass die Teile und Produkte nicht in allen Fällen komplett fehlen, aber wie es Logistikexperten beschreiben, einfach verzögert in Europa eintreffen.
Lücken in den Regalen? Kaufen wir halt was anderes …
Die Gesellschaft für Konsumforschung redet sich das Debakel schön: Das alles böte ja auch Chancen für andere Hersteller, wenn Kund:innen nicht das gewünschte Produkt beim Stammhändler des Vertrauens bekommen. „Während Lücken in den Regalen für den Handel und Endkunden ärgerlich sind, bieten sie Herstellern eine Chance: Durch Produktengpässe bei der Konkurrenz steigt die Wechselbereitschaft zur eigenen Marke und deren Produkte.“ Ja schon, aber kann das der Ansatz für einen solchen Verkaufstag sein, einfach nur das Zweit- oder Drittbeste zu kaufen, weil man ein gewünschtes Produkt nicht bekommt?
Andererseits wird immer klarer, dass der Handel in vielen Fällen mehr denn je die Gelegenheit nutzt, um beispielsweise einfach die Lager zu räumen und in großem Stil Produkte, die teure Lagerfläche blockieren oder wegen der Pandemie weniger gefragt waren, loszuschlagen. Beispiel Samsung-Store: Hier gibt’s wie in jedem Jahr spannende Sonderangebote im firmeneigenen Store. Doch anders als früher bekommt der oder die Verbraucher:in hier nicht einen Rabatt, sondern irgendein mehr oder weniger nützliches Add-on wird mit vergeben, zum Beispiel Fernseher, Smartwatches oder Waschmaschinen des Herstellers. Und die Kund:innen entscheiden, das kann man sehr schön in den Diskussionen in der nicht immer sehr nachhaltigen Mydealz-Community beobachten, eher nach dem möglichen Wiederverkaufswert und der Versendbarkeit (nach dem Verkauf über die einschlägigen Kleinanzeigenportale) als nach Sinn und Verstand.
Green Friday und Circular Monday: Alternativen zum Kaufrausch
Unterm Strich mag da das Herz der Schnäppchenjäger höher schlagen, doch sinnvoll ist es nicht, diese Überproduktion zu fördern. Denn natürlich kann man sich irgendwie schönreden, dass ein zusätzlicher 55-Zoll-Fernseher zum Smartphone doch nett wäre, brauchen tut man ihn dennoch meist nicht. Sinnvoller wäre es dagegen, Ideen wie den Green Monday und den Circular Monday zu fördern, wie einige Onlinehändler dies bereits tun. Die Idee dahinter: Nachhaltigkeit im Konsum leben, ohne auf irgendetwas Wichtiges verzichten zu müssen. Der Circular Monday findet seit 2017 am Montag vor dem Black Friday statt – in diesem Jahr also am 22. November. Der Aktionstag soll auf das Prinzip der Kreislaufwirtschaft aufmerksam machen und Kund:innen zum „Reduce, Reuse, Recycle“ anleiten. Bisher nehmen nur rund 70 meist eher in einschlägigen Zielgruppen bekannte Shops in Deutschland daran teil – Too good to go, Motatos, Rebuy und Refurbed dürften noch die bekanntesten Player sein.
So erklärt auch Alexander Holzknecht, Country Manager für Motatos, warum das Unternehmen am Circular Monday teilnimmt, „Es geht nicht darum, den Black Friday oder Konsum per se zu verteufeln. Nicht zu konsumieren ist schlichtweg realitätsfern, aber es gibt einen Mittelweg und der heiß Circular Consumption. (Wiederbe-)Nutzen, erhalten und pflegen, was wir bereits haben ist die Devise.“
In eine etwas andere Richtung gehen der Green Friday und der Fair Friday. Beim Green Friday, der jeweils parallel zum Black Friday am Wochenende rund um den 26. November stattfinden, geht es um faire und auskömmliche Produktion beziehungsweise um nachhaltiges Wirtschaften. Händler spenden hier einen bestimmten Prozentsatz des Tagesumsatzes für ausgewählte Projekte oder Umweltorganisationen. Und selbst wenn es den Planeten nicht rettet, wenn für das neu gekaufte Elektronik Device irgendwo ein Baum gepflanzt wird, schadet es auch nicht. Idealerweise haben solche Projekte dann auch mit der CO2-Bilanz der eigenen Lieferungen zu tun oder kompensieren die Klimabelastung beim Versand. A propos Versand – noch eine Zahl sollten wir uns bewusst machen: Jede(r) Deutsche ist im Schnitt für 227,5 Kilogramm Verpackungen im Jahr verantwortlich.
Wir müssen es ja nicht gleich so machen, wie einige Aktivisten es vorschlagen, und den Black Friday zum Kauf-nix-Tag erklären. Aber überlegterer und sinnvollerer Konsum wäre auch bei größeren Anschaffungen manchmal erstrebenswert.