Dass Knappheit bei Halbleitern und bestimmten Elektronikbauteilen herrscht, daran haben wir uns gewöhnt. Doch neben Containerkontingenten hat der weltweite Onlinehandel aktuell noch mit einer weiteren Herausforderung zu kämpfen: Das Papier – und damit auch die Wellpappe und Kartonagen – werden knapp. Mehrere große Kartonagenlieferanten bestätigen, dass sie nur noch schwer sämtliche Bestellungen bedienen können und dass sich Bestellungen bereits jetzt in einer Art Stau befänden. In einem Fall wurde einem Neukunden für eine größere Bestellung ein Liefertermin im neuen Jahr genannt. Es handelt sich, so erklärt ein Branchenvertreter aus dem Packaging-Umfeld, der nicht namentlich genannt werden will, um eine Situation, wie er sie nicht einmal zu Wendezeiten erlebt habe.
Der Mangel an Verpackungsmaterial könnte insbesondere rund um die verkaufsstarken Tage zum Black Friday und Cyber Monday zum Problem werden. Er hat auch damit zu tun, dass Versandverpackungen im Hinblick auf Materialien teilweise mit den Hersteller:innen, die in großen Mengen Produktverpackungen benötigen, konkurrieren. Besonders schwierig ist die Lage bei der zwei- und vierwelligen Wellpappe, da solche Materialien auch bei Zwischenhändlern, etwa in der Automobilindustrie und im Maschinenbau benötigt werden. Die Preissteigerungen, die im zweistelligen Prozentpunktebereich liegen, werden zusätzlich auch noch durch gestiegene Preise bei Energie und Containerlogistik getrieben.
Onlinehändler:innen müssen bei Kartons Notlösungen finden
Für E-Commerce-Händler:innen, die bis jetzt noch keine speziellen Kartonagen für ihr Weihnachtsgeschäft geordert haben, könnte das in diesem Jahr ausfallen. Ein Händler berichtet, er werde aus gegebenem Anlass auf das eigentlich geplante speziell gebrandete Verpackungsmaterial verzichten. Doch es gibt auch einzelne Ausnahmen: Einige Lieferant:innen für Versandkartonagen haben gerade für das frühzeitig geplante Jahresendgeschäft spezielle Kartonagen mit Weihnachtsmotiven auf Lager. Das lässt sich freilich nur zu bestimmten Terminen verwenden.
Doch Händler:innen, die sich aktuell mit einer solchen Notlösung eindecken, sollten zum einen darauf achten, bei speziellen saisonalen Drucken nicht zu viel auf Lager zu haben und zum anderen bei neuen Formaten mit ihren Versandmitarbeiter:innen zu prüfen, ob diese ohne größere Veränderungen und zusätzlichen zeitlichen Aufwand für das Packaging verwendet werden können.
Übrigens betrifft die Kartonknappheit aufgrund des Rohmaterials Papier auch Druckereien sowie Buch- und Zeitungsverlage. Schuld daran sei auch die nach der Coronakrise erst nach und nach wieder aufgenommene Recycling-Tätigkeit, die zu Problemen in den Lieferketten führe und Altpapier derzeit so teuer macht wie selten. Das dürfte langfristige Abnehmer:innen und ihre Aufträge nicht behindern, wohl aber spontane Druckaufträge schwieriger gestalten, erklärt ein Branchenexperte.