BMW i4 im Test: Vollelektrische Limousine mit Sportwagen-Qualitäten
Wenn man lediglich die vergangenen drei Jahre betrachtet, muss man sagen, dass BMW sich im Vergleich zu vielen anderen Herstellern viel Zeit mit seinen vollelektrischen Modellen gelassen hat. Was man dabei allerdings nicht vergessen darf: Mit dem BMW i3 hatten die Bayern bereits vor knapp zehn Jahren ein Elektroauto im Portfolio, das seiner Zeit weit voraus war.
Bedauerlicherweise wurde die Produktion des BMW i3 inzwischen zwar eingestellt, aber dennoch weiß BMW noch immer, wie man ein gutes Elektroauto baut. Das zeigt insbesondere der BMW iX, der derzeit das einzige Modelle des Unternehmens ist, das auf einer eigenständigen Elektroautoplattform steht. Demgegenüber setzt man beim neuen 7er auf eine „technologieoffene“ Plattform, die es ermöglicht, den BMW i7 auch als Verbrenner und Plug-in-Hybrid anzubieten.
Beim BMW i4 ist das nicht anders. Die vollelektrische Limousine baut auf der modifizierten Cluster Architecture (CLAR II-Plattform) auf und ist eng mit dem BMW 4er Gran Coupé verwandt. Obwohl dieser Umstand häufig kritisiert wird, präsentiert sich der i4 im Test dennoch als rundum gelungenes Elektroauto, das sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss. Zumal der BMW i4 einer der wenigen Premium-Stromer ist, der nicht als SUV daherkommt.
BMW i4: Entspannte Limousine oder sportliches Kraftpaket
Wer sich für den BMW i4 interessiert, hat die Wahl zwischen zwei Modellvarianten: Der BMW i4 E-Drive 40 mit Heckantrieb und 250 Kilowatt (340 PS) verkörpert die entspannte, aber dennoch leistungsstarke Limousine, die in 5,7 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigt. Den Verbrauch im WLTP-Fahrzyklus gibt BMW mit 19,1 bis 16,1 Kilowattstunden pro 100 Kilometer an, was im Zusammenspiel mit dem 80,7 Kilowattstunden großen Akku (Nettokapazität) in einer Reichweite von bis zu 590 Kilometern resultiert. Der Basispreis liegt bei 59.200 Euro.
Wer kein entspanntes Elektroauto für die Langstrecke sucht, sondern Wert auf Dynamik und Performance legt, greift dagegen zum BMW i4 M50. Der Akku ist zwar auch bei diesem Modell 80,7 Kilowattstunden groß, allerdings leistet der Allradantrieb satte 400 Kilowatt (544 PS). Diese katapultieren den i4 in 3,9 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde. Dadurch erhöht sich allerdings auch der Verbrauch auf 22,5 bis 18 Kilowattstunden pro 100 Kilometer (WLTP), während die Reichweite auf maximal 521 Kilometer sinkt.
Wie bei BMW üblich, lässt sich der Preis im Konfigurator mit der entsprechenden Sonderausstattung noch deutlich nach oben treiben. Ein vollausgestatteter i4 M50 kratzt bereits an der 100.000-Euro-Marke. Dafür gibt es dann aber auch ein adaptives M-Fahrwerk, M-Sportbremsen, Exterieur-Elemente aus Carbon, alle möglichen Assistenzsysteme, aktive Sitzbelüftung, Harman Kardon Surround Sound System und vieles mehr.
BMW i4: Die M-Version macht ihrem Namen alle Ehre
Für unseren Test steht uns der BMW i4 M50 zur Verfügung. Dieser lässt sowohl äußerlich als auch im Innenraum keinen Zweifel daran, dass sein Fokus auf Dynamik liegt – und das sollte einem bei der Kaufentscheidung auch klar sein. Sowohl das M-Fahrwerk als auch die Sportsitze und die überaus präzise Lenkung garantieren Fahrspaß pur, wenn man zügig über kurvenreiche Landstraßen fegt. Früher hätte man gesagt: Der i4 M50 liegt auf der Straße „wie ein Brett“. Das hat bei kürzeren Ausfahrten sicherlich seinen Charme, ist auf der Langstrecke aber eher lästig. Denn obwohl das Fahrwerk im M-Modell adaptiv ist, behält es auch im Komfort-Modus eine gewisse Grundsportlichkeit bei.
Zweifelsohne beeindruckend sind die 796 Newtonmeter Drehmoment, die der i4 M50 im Boost-Modus liefert. Dabei stehen beim Kickdown kurzzeitig 400 Kilowatt (544 PS) zur Verfügung. Die Dauerleistung liegt derweil bei 350 Kilowatt (476 PS). Untermalt wird das Ganze übrigens vom M Iconic Sounds Electric, für den BMW eigens Hans Zimmer verpflichtet hat.
Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang natürlich auch die M-Sportbremsen, die in jeder Situation maximale Bremskraft garantieren. Dabei ist es BMW gelungen, das System so abzustimmen, dass man den Übergang von der Rekuperation zur klassischen mechanischen Bremse überhaupt nicht mitbekommt.
BMW i4 macht als Elektroauto eine gute Figur
Bereits bei der Vorstellung wurde BMW dafür kritisiert, dass der i4 auf keiner eigenständigen Elektroautoplattform basiert. Aber macht sich das im Alltag überhaupt bemerkbar?
Wir haben mit dem BMW i4 unterschiedliche Streckenprofile (Stadt, Land, Autobahn) getestet und landeten trotz der leistungsstarken Motorisierung und sportlicher Fahrweise bei Verbräuchen zwischen 19 und 22,5 Kilowattstunden. Daraus ergibt sich eine realistische Reichweite von 424 bis 360 Kilometern. Möglich wird diese unter anderem durch die ausgeklügelte Aerodynamik des Fahrzeugs, das einen Cw-Wert von beachtlichen 0,24 hat. Damit spielt der i4 in einer Liga mit dem Audi E-Tron GT.
Auch bei der Ladeleistung muss sich der BMW i4 nicht verstecken. Im Peak erreichen wir am Schnelllader 210 Kilowatt. Die Ladeleistung von über 200 Kilowatt wird bis etwa 25 Prozent State of Charge (SoC) gehalten und sinkt danach stufenweise ab. Bei 40 Prozent SoC sind noch etwa 150 Kilowatt drin, ab 60 Prozent sinkt die Leistung dann unter 100 Kilowatt. Anders ausgedrückt: Soll von 10 auf 80 Prozent SoC geladen werden, muss eine gute halbe Stunde an der Ladestation eingeplant werden.
Sowohl in puncto Reichweite, als auch bei Verbrauch und Ladeleistung kann der BMW i4 als Elektroauto überzeugen. Einzig beim Raumgefühl macht sich die Verbrenner-Verwandtschaft bemerkbar. Sowohl auf den Vordersitzen als auch im Fond des Wagens ist das Platzangebot nicht gerade üppig – zumindest wenn man bedenkt, was bei einer rein elektrischen Plattform möglich gewesen wäre. Einen Frunk sucht man vergebens. Aber immerhin das Kofferraumvolumen ist mit 470 bis 1.290 Litern reisetauglich.
BMW i4: Gebogenes Display, flüssige Software
Außerordentlich gut gelöst hat BMW derweil das Thema Display respektive Infotainment. Dem Vorbild von Tesla folgend haben viele Autobauer in den vergangenen Jahren damit begonnen, den Innenraum ihrer Fahrzeuge mit teils gigantischen Displays vollzupflastern. Auf die Spitze getrieben hat es Mercedes-Benz mit dem im EQS und EQE verbauten Hyperscreen. Das Problem an der Sache: Ein großes Display macht in einem Auto nur dann Sinn, wenn es auch einen echten Mehrwert für die Insassen bietet. Und das ist – abgesehen von Netflix- oder Youtube-Videos während der Ladepause – nur selten der Fall.
Das Curved Display von BMW hingegen hat eine futuristische Anmutung, ohne dabei zu dick aufzutragen. Es vereint die 12,3 Zoll große Instrumentenkombination mit dem 14,9 Zoll großen Control-Display zu einer Einheit. Durch die leichte Krümmung hat man vom Fahrersitz aus alles immer perfekt im Blick. Die Benutzeroberfläche ist minimalistisch gestaltet, zahlt aber durch das zeitgemäße, akzentuierte Design dennoch auf den sportlichen Charakter des BMW i4 ein. Einzig die Kartenansicht des Navis wirkt völlig aus der Zeit gefallen und passt optisch so gar nicht zum Rest.
Da BMW bei der Software auf unnötigen Schnickschnack verzichtet, läuft diese durchweg flüssig – ganz egal, ob man nun zwischen den Apps wechselt oder im Navi zoomt. Und das ist aus Kundensicht deutlich wichtiger, als gigantische Displays mit aufwendigen Animationen zu haben, bei denen alles ruckelt.
Apropos Software: Der BMW i4 ermöglicht die vollständige Integration von Apple-Carplay. Während viele Hersteller beispielsweise die Navigation mit Apple-Maps lediglich auf dem zentralen Display (nicht aber hinter dem Lenkrad) erlauben, bekommt man den Dienst im i4 sogar auf dem Head-up-Display angezeigt. Passend dazu lässt sich übrigens auch das iPhone als Schlüssel für den i4 nutzen (BMW Digital Key).
BMW i4: Gelungenes Elektroauto jenseits des SUV-Hypes
Alles in allem ist der BMW i4 ein erstklassiges Elektroauto, das vor allem diejenigen anspricht, die vollelektrisch unterwegs sein möchten, aber keinen SUV brauchen oder wollen. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn der i4 analog zum iX auf einer rein elektrischen Plattform basiert hätte. Dadurch wären vor allem beim Raumkonzept deutlich progressiver Ansätze machbar gewesen. Andererseits muss man bei der Bewertung solcher Entscheidungen auch immer die Zielgruppe im Blick behalten – und es ist durchaus denkbar, dass gerade die optische Nähe zum Verbrenner vielen klassischen BMW-Käufern den Einstieg in die Elektromobilität erleichtert.
Was die Modellauswahl betrifft, so fällt die Entscheidung nicht schwer: Der BMW i4 E-Drive 40 ist eine klassische Limousine für Langstrecken, der BMW i4 M50 ist ein Performance-Stromer für sportliche Ausfahrten. Wer nur täglich entspannt zur Arbeit pendeln oder zwei Mal im Jahr in den Urlaub fahren will, braucht weder die Leistung noch das Sportfahrwerk des M-Modells.