KI auf der CES 2025: Muss soviel künstliche Intelligenz im Alltag wirklich sein?
Künstliche Intelligenz? Hat sicher jeder Technik-Fan schon einmal ausprobiert. ChatGPT schreibt die Mail, Midjourney malt das Bild und für einen Plausch steht Googles Gemini Live überall dort zur Verfügung, wo es Zugang zum Internet gibt. Aber auch wenn Notebook– und Smartphone-Hersteller viele dieser Funktionen seit Monaten immer wieder ins Rampenlicht rücken: Im Alltag ist die Technologie noch längst nicht angekommen.
Auf der CES 2025 haben zahlreiche Hersteller jetzt gezeigt, wie sie das ändern wollen. Indem sie künftig alle möglichen Gerätetypen mit KI ausstatten.
Ich will fernsehen und nicht chatten
Branchengrößen wie Samsung und LG starteten in Las Vegas wie gewohnt mit einem der wichtigsten Consumer-Geräte: dem Fernseher. Dabei sind KI-Funktionen im Wohnzimmer keine Neuheit. Beim AI-Upscaling skalieren TV-Geräte Inhalte und Videospiele etwa auf die Auflösung des Fernsehers hoch. Durchaus praktisch für Besitzer:innen von 4K- oder neueren 8K-Fernsehern.
Auch bei kommenden Samsung-Fernsehern soll KI bei der Optimierung der Inhalte helfen. So kann Vision AI laut Hersteller Sound und Bild in Echtzeit an die Umgebung anpassen. LG rückt dagegen einen neuen Prozessor in den Fokus. Der soll ähnliches möglich machen.
Es geht aber noch viel mehr. Bei Samsung kann man mit der „Click to Search“-Funktion herausfinden, welche Schauspieler in einer Szene auftaucht, wo sie gedreht wurde – und welche Kleidung der Mensch trägt. Dazu kommen eine Live-Übersetzung und die Analyse des Materials von smarten Kameras.
LG-Fernseher sollen ihre Besitzer:innen anhand der Stimme erkennen und beim Start persönliche Programmvorschläge liefern. Beide integrieren mit dem Microsoft Copilot einen Chatbot in den Fernseher. Und der ist laut The Verge nicht einmal an die Oberfläche angepasst. Stattdessen handelt es sich wohl schlicht um die Web-App.
Ob man diese Dinge nach einem langen Arbeitstag beim Binge-Watching auf der Couch wirklich braucht? Zweifelhaft! Die Branchengrößen glauben aber ganz fest dran, sonst würden sie ihre Fernbedienungen nicht mit einer neuen KI-Taste ausstatten. Für viele TV-Fans wäre aber doch wichtiger zu wissen, wo das verdammte Ding schon wieder geblieben ist.
Die Zukunft wird vernetzter
KI auf dem Fernseher ist aber nur ein Einfallstor für die Hersteller ins zu Hause. Philips Hue kündigt eine generative KI-Funktion für die Erstellung eigener Lichtszenen an, Withings zeigt das Konzept eines smarten Spiegels, der ein morgendliches Gesundheitsroundup geben soll, bei Bosch soll eine in eine Babywiege eingebaute KI Neugeborene überwachen – und sogar fotografieren.
Noch mehr im Alltag wird der KI-Einsatz durch die sogenannte „Weiße Ware“ verankert. Künftig sprechen Kühlschränke mit dem Herd über die Zutaten und geben entsprechende Rezepte heraus. Der Waschtrockner erkennt, was er geladen hat und weiß selbst, wie er es am besten trocken bekommt. Die Mikrowelle kennt eure Pizzavorlieben und wärmt sie mit der richtigen Bräunung zu.
Manches davon (fotoknipsende Babywiege) klingt gruselig, manches auch praktisch. Dafür muss die KI aber zuverlässig funktionieren. Das ist selbst bei großen Software-Herstellern nicht immer der Fall. So ging der Start KI-Websuche von Google gehörig daneben, auch Apple Intelligence kämpft mit dem Zusammenfassen von simplen Smartphone-Nachrichten, darunter übrigens auch diverse Notification von Smarthome-Geräten. Für den Einsatz im Alltag muss deswegen sichergestellt werden, dass die Technik fehlerfrei funktioniert.
Brauche ich einen Waschtrockner mit Telefonfunktion?
Und noch etwas anderes sollte man berücksichtigen: Wie die Profis von iFixit zusammenfassen ist so ein KI-Kühlschrank von LG teurer in der Anschaffung, er verbraucht mehr Energie – und Kund:innen sind der Gnade des Herstellers ausgeliefert, möglichst lange Updates zu veröffentlichen. Wohl niemand möchte sich einen neuen Kühlschrank zulegen, und ihn nach ein paar Jahren ersetzen müssen, weil er keine Sicherheitsupdates mehr bekommt und Hacker:innen ein attraktives Angriffsziel bietet.
Grundsätzlich müssen wir uns künftig fragen: Brauche ich das alles zu Hause? Lege ich mit meinem Einkauf nicht alleine fest, was ich gerne kochen möchte? Muss ich wirklich über meinen Waschtrockner telefonisch erreichbar sein oder habe ich das Smartphone nicht eh in der Tasche? Und kann nicht einfach nur mit einem von der KI aufpolierten Bild einen ruhigen Fernsehabend genießen – ohne dass mir die KI sagt, was ich gucken soll? Wäre doch praktisch!
Nicht falsch verstehen: Natürlich hat KI in vielen Bereichen ihre Daseinsberechtigung. In den kommenden Jahren gehen die Hersteller bei der Entwicklung neuer Produkte aber hoffentlich etwas bedachter vor. Mehr KI heißt nicht immer, dass das Produkt auch besser wird. Und eigentlich soll uns die Technologie ja die Arbeit abnehmen – und nicht nerven.