Es war nur ein kurzer Moment, aber die Nachwirkungen dieses Moments haben noch nicht an Dynamik verloren: Es geschah im Zuge des Terra-Desasters, dass das Stablecoin-Urgestein Tether die Bindung an den US-Dollar verlor – sich aber nahezu unmittelbar wieder fing.
Terra-Crash verunsichert Tether-Anlegende
Das hat gereicht, um Tether-Anlegende skeptisch werden zu lassen, was die Sicherheit in der Zukunftsperspektive betrifft. Und so kam es seither zu etwas, das der Guardian als einen „Bank-Run in Zeitlupe“ bezeichnet.
Allein in den ersten drei Wochen im Mai waren demnach mehr als zehn Milliarden US-Dollar „abgehoben“ respektive wieder in Dollar umgewandelt worden. Insbesondere Tethers Investment in die aktuell crashende Celsius-Plattform als Teil der eigentlichen Besicherungsstrategie des Stablecoin sorgt für neue Bedenken. Da kann Binance-Chef CZ noch so sehr von „normalen Marktzyklen“ philosophieren.
Tether mit Schönwetter-Sicherungsstrategie
Dabei steht Tether vor allem wegen ebendieser Besicherungsstrategie seit Langem in der Kritik – und auch des Öfteren vor Gericht. Denn inzwischen ist klar, dass es die lange behauptete, 100-prozentige Deckung aller ausgegebenen Stablecoin nicht gibt. Das hat der Herausgeber des Coins im Zuge eines Deals mit dem New Yorker Generalstaatsanwalt eingeräumt.
Seither gilt eine Verpflichtung, quartalsweise offenzulegen, wie und wodurch der Tether konkret besichert ist. Aus den für das erste Quartal 2022 veröffentlichen Informationen ist nachvollziehbar, dass mindestens sieben Milliarden Dollar in „Unternehmensanleihen, Fonds und Edelmetallen“ sowie in „anderen Anlagen (einschließlich digitaler Token)“ gelagert sind.
Auf dem Papier hätte Tether damit rund 162 Millionen Dollar mehr an Besicherung, als es ausgegebene Stablecoin gibt. Fallen im Zuge des Krypto-Winters indes Teile der „anderen Anlagen (einschließlich digitaler Token)“ aus, ist die Unterdeckung schnell erreicht.
Circle setzt auf Vollbesicherung – ohne spekulative Anteile
Davon profitiert der Stablecoin USDC aus dem Hause Circle. USDC konnte im Zuge der Tether-Skepsis an Interesse gewinnen. Das dürfte vorwiegend daran liegen, dass Circle von Beginn an auf die Vollbesicherung durch Rücklagen und nicht durch spekulative Anlagen setzt. Diese Transparenz wurde zuletzt in einem Strategiepapier der Citigroup von dritter Stelle ausdrücklich bestätigt. Noch im vergangenen Jahr sah die Sache indes etwas anders aus. Seither hat Circle die vormals in Unternehmensanleihen und Geldmarktpapieren steckenden Mittel in Bargeld und Staatsanleihen umgeschichtet.
Der Marktwert des USDC ist seither von 42 Milliarden zum Jahresende 2021 auf aktuell etwas über 55 Milliarden Dollar gestiegen. Die Marktkapitalisierung des Tether hat sich im gleichen Zeitraum indes von 78 Milliarden auf nur noch knapp über 69 Milliarden Dollar reduziert. Das geht aus Daten von Coinmarketcap hervor.
Wie der USDC soll auch der EUROC vollständig durch – in diesem Fall – auf Euro lautende Reserven gedeckt sein. Diese Reserven sollen von Finanzinstituten unter Regulierung der US-Aufsichtsbehörden verwahrt werden.
Circle-Chef sieht steigende Nachfrage nach Euro-Stablecoin
Auf dem Euro basierende Stablecoin wie der EURT von Tether sind bislang vergleichsweise wenig nachgefragt und deshalb im Vergleich nur von marginaler Bedeutung. Dennoch gebe es „eine klare Marktnachfrage nach einer digitalen Währung, die auf Euro lautet“, meint Circle-Chef Jeremy Allaire.
Der Euro-Coin wird auf der Ethereum-Blockchain starten und bei Anchorage Digital, Binance-US, Bitgo, Bitstamp, Cybavo, Fireblocks, FTX, Huobi Global und Ledger zu handeln sein. Circle strebt zudem die Aufnahme in führende dezentrale Finanzprotokolle (Defi) wie Compound, Curve, DFX und Uniswap an. Langfristig sollen neben Ethereum weitere Blockchains anvisiert werden.