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Interview

Coinbase und Co.: Wie müssen Krypto-Dienstleister mit Kundengeldern umgehen?

Mit dem Sprichwort „Not your Keys, not your Coins“ warnen Krypto-Fans einander vor zentralen Dienstleistern wie Coinbase. Denn sollte es zu einer Insolvenz kommen, könnten Kund:innen leer ausgehen. Was Anleger:innen dazu wissen müssen, erklärt Krypto-Anwalt Alireza Siadat.

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Börse an der Börse: Coinbase ist selbst als Aktienunternehmen gelistet. (Foto: Shutterstock/rarrarorro)

Wer Kryptowährungen kauft, ist nicht nur den hohen Preisschwankungen am Markt ausgesetzt, sondern trägt meist auch das Risiko für den Ausfall selbst. Gesehen haben wir das im aktuellen Bärenmarkt bereits bei mehreren Dienstleistern wie dem Krypto-Kreditgeber Celsius.

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Ähnliches könnte auch den Kund:innen von Kryptobörsen drohen. Doch wie kann es sein, dass Kryptowerte, die ich selbst gekauft habe, plötzlich nicht mehr mir gehören oder ich nicht über sie verfügen kann?

Die Kryptowelt kennt keinen Anlegerschutz

Einlagen- und Anlegerschutz wie auf dem klassischen Kapitalmarkt gibt es in der Kryptowelt meist nicht. Das liegt daran, dass der Bereich fast überall von staatlicher Seite noch unreguliert ist. In Europa soll die Mica-Regulierung das bald ändern. In den USA gibt es eine solche Regelung noch nicht.

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Gerade steht aber besonders die sehr große US-Kryptobörse Coinbase in Amerika unter Beobachtung der staatlichen Aufsichtsbehörden. Die Börsenaufsicht SEC ermittelt gegen Coinbase und könnte bald eine richtungsweisende Entscheidung fällen.

Rechtsanwalt Alireza Siadat von der Frankfurter Kanzlei Annerton ist spezialisiert auf Banken und Aufsichtsrecht und berät auch Kryptobörsen. Er gibt Einblicke in das Vorgehen von Coinbase und erklärt die Unterschiede zwischen dem amerikanischen und deutschen Kryptomarkt.

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t3n: Über Coinbase und andere Kryptobörsen wird Kryptovermögen im Wert von vielen Milliarden US-Dollar gehandelt. Welche staatlichen Regeln gelten für sie? 

Alireza Siadat: Der Handel mit Kryptowährungen, also das Kerngeschäft von Coinbase, ist in den USA grundsätzlich nicht reguliert. Anders sieht es bei Wertpapieren (Securities) aus. Diese sind in Amerika – genauso wie im globalen Kapitalmarkt – stark reguliert. Deshalb listet und handelt Coinbase keine wertpapierähnlichen Token.

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Anwalt Alireza Siadat berät Banken, Finanzunternehmen und Krypto-Dienstleister und ist Experte für NFT-Projekte und Plattformen. (Foto: Annerton)

t3n: Coinbase ist aber nicht nur eine Handelsplattform, sondern bietet auch Wallets an, in denen Krypto-Token verwahrt werden.

Genau. Aber auch für das Kryptoverwahrgeschäft gibt es in den USA keine Regulierung. Deshalb kann Coinbase in Amerika Kryptowerte und auch die Private Keys ihrer Nutzer ohne staatliche Erlaubnis verwahren. Anders sieht es aber für die deutsche Tochter von Coinbase aus: Diese Gesellschaft ist in Deutschland reguliert und wird von den Aufsichtsbehörden geprüft.

t3n: Gerade im jetzigen Bärenmarkt haben viele Kund:innen Angst vor der Insolvenz von Krypto-Dienstleistern, denn oft ist unklar, was mit ihren Kryptowerten passiert. Wie kann das sein?

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Kryptowerte sind keine Sachen, also keine körperlichen Gegenstände, und deshalb ist es grundsätzlich sehr schwierig zu bestimmen, wem die Kryptowerte gehören. Das Sprichwort „Not your Keys, not your Coins“ trifft die Rechtslage sehr gut. Bei Kryptowerten kann man als Faustformel sagen, dass die Kryptowerte demjenigen gehören, der die Private Keys zu den Wallets hält.

t3n: Viele andere Krypto-Dienstleister bieten aber Wallets an, bei denen die Private Keys vom Anbieter und nicht vom Kunden gehalten werden.

Genau, bei Coinbase und vielen anderen Kryptobörsen ist das so. Die Börsen vereinbaren mit ihren Nutzern, dass die Kryptowerte der Nutzer auch diesen gehören. Diese Vereinbarung funktioniert im Fall einer Insolvenz des Anbieters aber nur so lange, wie die Kryptowerte der Nutzer klar von den Vermögenswerten der Börse getrennt werden und die Nutzer die Rechte zu Ab- oder Aussonderung ihrer Kryptowerte haben. Dafür müssen die Anbieter sämtliche Kryptowerte der Nutzer in einer extra Wallet lagern und nicht mit den firmeneigenen Kryptowerten vermischen.

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t3n: Statt also alle Kryptos in einen Topf zu werfen, muss zwischen Kunden- und Firmenwerten sauber getrennt werden.

Ja. Bei Coinbase und den meisten anderen Kryptobörsen funktioniert die Trennung so, dass das Vermögen der Kunden in einer Omnisbus-Wallet zusammengefasst wird – gleiches passiert bei Banken, die Kundengelder alle auf einem Omnibuskonto lagern. Dann gibt es eine weitere Wallet, in der das Vermögen der Firma selbst verwahrt wird.

Aber es scheint, dass viele Kryptobörsen daneben noch einen dritten Topf haben: eine Trading-Wallet, über die gehandelt wird und in der die Kryptowerte der Nutzer und der Kryptobörse vermischt werden. Wenn es dann zu einer Insolvenz der Kryptobörse kommt, könnte ein Insolvenzverwalter argumentieren, dass sämtliche Kryptowerte in der Trading-Wallet der Kryptobörse gehören und dass die Nutzer wie sonstige Gläubiger nachrangig bedient werden.

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t3n: Und dann könnte alles weg sein, was ich als Kund:in eingezahlt habe?

Das könnte sein. Anleger tragen das potenzielle Risiko eines Totalverlustes. Eine Absicherung der Kundengelder, einen Einlagenschutz wie bei klassischem Geld, gibt es nicht. Daneben gibt es zudem das Risiko, dass die Kryptobörse den Private Key „verliert“ oder Dritten Zugriff auf die Wallet und damit die Kryptowerte gewährt. Das kann zum Beispiel bei einer Cyberattacke passieren.

t3n: Das ist in den USA so. Wie sieht es in Deutschland aus?

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Im Unterschied zu den USA werden Kryptobörsen und Kryptoverwahrer in Deutschland reguliert. Die für die USA genannten Risiken bestehen grundsätzlich auch für den deutschen Markt. Allerdings werden diese Risiken durch Prüfungen minimiert: Bevor eine Kryptobörse auf dem deutschen Markt agieren darf, braucht sie eine Erlaubnis dafür. Die deutschen Aufsichtsbehörden Bafin und Bundesbank prüfen die Kryptobörsen und deren Gesellschafter und Geschäftsleiter dafür auf Herz und Nieren – auch noch nachdem die Erlaubnis bereits erteilt wurde.

t3n: Welche Folgen hat die fehlende Regulierung in Amerika für private und institutionelle Anleger?

Die Folgen kann man am derzeitigen Marktgeschehen gut erblicken. Leider gibt es viele Marktteilnehmer, die aufgrund einer fehlenden Regulierung nicht „fit & proper“ sind.

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Fit & proper erfordert, dass die Kryptobörse und damit ihre wesentlichen Gesellschafter sowie Geschäftsleiter zuverlässig und geeignet sind. Neben der IT-Security ist vor allem die wirtschaftliche Stabilität der Kryptobörse wichtig. Dies erfordert, dass die Kryptobörse ein tragfähiges Geschäftsmodell hat und mit den Kundengeldern ordentlich wirtschaftet.

t3n: Der weltweit größte Vermögensverwalter Blackrock gab vergangene Woche eine Kooperation mit Coinbase bekannt. Was ändert sich dadurch?

Dies dürfte für Coinbase wirtschaftlich und strategisch sehr vorteilhaft sein. Hierdurch wird auf einem Schlag einer Vielzahl von institutionellen Investoren der Zugang zum Handel mit Kryptowährungen eröffnet. Ich gehe allerdings davon aus, dass es für institutionelle Investoren segregierte Einzelkunden-Wallets statt Omnibus-Wallets geben wird.

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