Wieder pleite: Deutscher E-Auto-Pionier schlittert zum zweiten Mal in die Insolvenz

Vor rund neun Jahren aus Ausgründung der RWTH Aachen entstanden, wollte das E-Auto-Unternehmen E-Go Mobile um den Uni-Professor Günther Schuh mit einem kleinen und bezahlbaren Elektroauto punkten. Doch der E-Go Life verkaufte sich wohl nur 1.500-mal. Im Jahr 2020 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden.
11.000 Reservierungen für E-Wave X
Weiter ging es unter dem Namen Next E-Go Mobile nach der Übernahme durch den niederländischen Investor ND Industrial Investments. Der Ministromer E-Wave X sollte jetzt Erfolg bringen. Zunächst sah auch alles gut aus, 11.000 Reservierungen sollen vorgelegen haben.
Einen Börsengang und Verzögerungen bei der EU-Modellzulassung des E-Wave X später muss Next E-Go Mobile jetzt zum zweiten Mal Insolvenz anmelden. Ein Blick auf die Börsenunterlagen im Sommer dürfte Branchenbeobachter:innen schon stutzig gemacht haben. Darin hieß es, dass das Unternehmen im ersten Halbjahr 2023 rund 300.000 Euro eingenommen habe – bei 24,4 Millionen Euro Verlusten.
Next E-Go Mobile: Gründe für die Insolvenz
In einer entsprechenden Mitteilung macht Next E-Go Mobile jetzt die „jüngsten Entwicklungen und Herausforderungen in der Elektrofahrzeugindustrie“ für die Entscheidung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verantwortlich. Einen Anteil an der finanziellen Schieflage habe auch die „Volatilität der Kapitalmärkte“.
Aufgeben will Next E-Go Mobile aber nicht. „Wir beabsichtigen, die laufenden Investorengespräche und Verhandlungen fortzusetzen, um Lösungen für das Fortbestehen des Unternehmens zu finden“, erklärte der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte Sanierungsexperte Claus-Peter Kruth. Vor dem Hintergrund des hochinnovativen Produkts sowie Produktionskonzeptes sei er „optimistisch, dass uns dies gelingen könnte“.
Insolvenzverwalter auf Investorensuche
Jetzt gelte es, sich einen Überblick über die wirtschaftliche Ausgangslage zu verschaffen und alle Optionen zu prüfen. Laut Wirtschaftswoche dürfte es derweil vor allem darum gehen, eine:n potente:n Investor:in zu finden, der:die weiter an das Unternehmen und sein E-Auto glaubt.
Auf eine finanzielle Rettung hoffen dürften auch die insgesamt 320 Mitarbeiter:innen von Next E-Go Mobile. Sie bekommen jetzt erst einmal Insolvenzgeld. Schon vor einigen Wochen seien jedenfalls die Mitarbeiter:innen in der Produktion in Kurzarbeit geschickt worden, wie die Aachener Zeitung berichtet.
Mich wundert es nicht, dass diese Firma Insolvenz anmelden musste. Das mag ja technisch und aus Effizienzsicht bestimmt ein tolles Auto sein. Aber … Der Kunde kauft – so wie auf deren Website ja auch beschrieben – „mit dem Herzen“, also emotional. Da kann das Auto technisch noch so gut sein. Wenn es mich nicht toucht, kaufe ich es nicht. Das Hauptproblem sehe ich vor allem in der Kommunikation des Unternehmens. Potenzielle Kunden kaufen nicht das beste Produkt, sondern jenes, das am besten kommuniziert wird. Apple z.B. produziert ja gar nicht die besten Smartphones … aber sie kommunizieren es so, dass der Kunde denkt, mit diesem Smartphone alle seine Bedürfnisse ganz einfach abdecken zu können und es sieht dabei noch ganz in Ordnung aus. Kommuikation ist übrigens ein Problem, das sehr viele deutsche Firmen haben. Allein wenn ich mir den E-Wave X des Autoherstellers ansehe … Das Auto ist dermaßen häßlich. Wo ist denn da der Benefit für mich? Wenn ich mir ein Auto kaufe, dann doch vor allem deshalb, weil ich mir ein tolles Lebensgefühl erfüllen möchte, wenn ich von A nach B fahre. … Umweltschonend und Effizienz ist ja super … aber das zahlt nicht auf meine Gefühlswelt ein, sorry. Ich denke, dass es den allermeisten so gehen wird.
Allein die Website dieses Unternehmens ist so aufgebaut, dass viel zu oft von „Wir“, „Uns“, „Unser“ die Rede ist … Aber wo bleibt denn da der potenzielle Kunde? „Drei Modelle perfekt auf Dich zugeschnitten“, heißt es – das ist ein guter Anfang. Aber die genannten „Zuschnitte“ wie tolle Felgen, cooles Glas, bequeme Sitze, etc. sind doch mittlerweile State-of-the-Art. Diese Sachen als etwas Tolles zu verkaufen, berührt doch niemanden. Außerdem interessiert den Käufer doch nicht, warum die das Auto gebaut haben. Ihn interessiert auch nicht die Vision, die Mission und das Ziel des Unternehmens. Auch nicht, dass bei der Herstellung auf erneuerbare Energien zurückgegriffen wird. Den Kunden interessiert: Gibt es da ein Auto, das geil aussieht, sich beim Musikhören anfühlt wie in einem Konzertsaal, das vielleicht mit Sicherheitssystemen ausgestattet ist, so dass eigenverursachte Unfälle kaum möglich sind, das bezahlbar und praktisch ist, mit dem ich von Hamburg bis nach Tarifa (Spanien) fahren kann mit einer Aufladung und das möglicherweise subventioniert wird … Das interessiert doch die potenziellen Käufer. Aber E-Go verkauft das Auto als ein „Stadt-Auto“, weshalb es nur eine Reichweite von 250 Kilometer hat. Das ist ja nichts. Die meisten Menschen nutzen in einer Stadt aber in den meisten Fällen die Öffentlichen Verkehrsmittel. Kurzum: Schlechte PR und am Kunden vorbeientwickelt. Oder wie seht Ihr das?