Familientauglich und sehr effizient: Der Kia E-Niro im Test
Bereits im Jahr 2013 zeigte Kia auf der IAA in Frankfurt den Niro Concept und damit einen kompakten Crossover, der auf eine hybride Antriebstechnologie setzt. Zur Serienreife schaffte es der Niro erst im Jahr 2016 – wurde seither aber konsequent weiterentwickelt. Aktuell bietet Kia das SUV als Hybriden, Plug-in-Hybriden und vollelektrisches Modell an.
Interessant ist der Kia E-Niro vor allem aufgrund seiner Größe: Der Crossover bietet seinen Insassen viel Bewegungs- und Beinfreiheit und eignet sich mit einem Kofferraumvolumen von 451 Litern (1.405 Liter mit umgeklappter Rückbank) auch für kürzere Urlaubsfahrten mit der Familie. Dazu kommt eine Fülle modernster Assistenzsysteme, eine 64-Kilowattstunden-Batterie und eine Leistung von 150 Kilowatt (204 PS) – für gerade einmal 37.000 Euro nach Abzug der Förderung.
Wir haben uns zwei Wochen lang angeschaut, wie sich der Kia E-Niro im Alltag schlägt.
Kia E-Niro: Unaufgeregtes Design, reichlich Assistenzsysteme
Auf den ersten Blick kommt der Kia E-Niro völlig unscheinbar daher. Das Design ist weder übertrieben futuristisch, noch will der 4,38 Meter lange und 1,81 Meter breite Crossover durch ein bulliges Äußeres auf sich aufmerksam machen. Lediglich an der Gestaltung des „Kühlergrills“, unter dem sich auch die Ladeklappe versteckt, vermag der ein oder andere zu erkennen, dass es sich um ein Elektroauto handelt.
Diese Unaufgeregtheit setzt sich auch im Innenraum fort – wobei hier natürlich deutlich wird, dass der E-Niro schon etwas älter ist: Während bei modernen Elektroautos fast nur noch Touchscreens zu finden sind und haptische Bedienelemente auf das Wesentliche reduziert werden, gibt es im vollelektrischen Kia nahezu für alles eine Taste. Selbst einzelne Assistenzsysteme lassen sich mit Tasten hinter dem Lenkrad ein- und ausschalten. Lediglich Navigation und Infotainment laufen über ein 10,25 Zoll großes Touchdisplay in der Mitte des Fahrzeugs, das auch Carplay und Android Auto sowie kleinere Spielereien („Naturklänge“) mit an Bord hat. Ansonsten gibt sich der E-Niro mit Blick auf Connectivity und Infotainment eher bescheiden.
Gerade für diejenigen, die von einem Verbrenner aufs Elektroauto umsteigen, ist das aber keineswegs verkehrt. Im Gegenteil: Es gibt nach wie vor genug Menschen, die nichts mit vollgestopften Menüs und einer reinen Touch-Bedienung anfangen können. Und auch detaillierte Analysen zu Fahrweise und Verbrauch oder eine feste Integration von Diensten wie Spotify und Netflix sind nur für wenige kaufentscheidend.
Auf nichts verzichten muss man dagegen bei den Assistenzsystemen: Stauassistent, aktiver Spurhalteassistent mit aktivem Lenkeingriff, Spurwechselassistent mit Totwinkelwarner, Frontkollisionswarner, adaptive Geschwindigkeitsregelung, Verkehrszeichenerkennung und Fernlichtassistent – in puncto Fahrsicherheit und -komfort ist der Kia E-Niro mit der neuesten Technik ausgestattet und steht anderen – zum Teil doppelt so teuren – Elektroautos in nichts nach.
Kia E-Niro: Über 400 Kilometer Reichweite mit 64-Kilowattstunden-Batterie
Kia bietet den E-Niro in zwei Varianten an: mit 39,2-Kilowattstunden- und 64-Kilowattstunden-Batterie. Für unseren Test steht uns das große Modell zur Verfügung, das die Koreaner mit einer Reichweite von bis zu 455 Kilometern bewerben. Zum Vergleich: Der Mercedes-Benz EQC hat mit 80 Kilowattstunden einen deutlich größeren Akku, schafft im WLTP-Zyklus aber maximal 437 Kilometer.
Wir machen uns auf den Weg nach Berlin. Innerhalb von zwei Tagen muss der Kia E-Niro 1.300 Kilometer auf der Autobahn und rund 40 Kilometer im dichten Verkehr der Hauptstadt bewältigen. Schon nach wenigen hundert Kilometern stellen wir fest, dass Kia keineswegs übertrieben hat und der E-Niro ein echtes Effizienzwunder ist: Bei 120 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn liegt der Durchschnittsverbrauch gerade einmal bei 15 bis 16 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Selbst bei längeren Streckenabschnitten mit 140 Kilometern pro Stunde steigt der Verbrauch nicht über 17 Kilowattstunden für 100 Kilometer. Für ein SUV, das nicht als reines Elektroauto entwickelt wurde, ist das ein beeindruckend guter Wert.
Und wie sieht es innerorts aus? Wir nutzen den Berliner Berufsverkehr am Morgen, um das zu testen. Auf einer Strecke von 16 Kilometern geht es quer durch Berlins Innenstadt. Am Ende zeigt der Bordcomputer des Kias einen Verbrauch von durchschnittlich 12,7 Kilowattstunden an. Selbst auf der Landstraße verbraucht der E-Niro nur unwesentlich mehr.
Aus diesen Verbrauchswerten, die wir in unserem zweiwöchigen Test mehrfach bestätigen konnten, ergibt sich eine realistische Reichweite von bis zu 450 Kilometern. Damit gehört der Stromer aus Südkorea zu den effizientesten Elektroautos am Markt.
Kia E-Niro: An der Ladesäule ist viel Geduld gefragt
Während der Kia E-Niro in puncto Reichweite die meisten anderen Modelle in den Schatten stellt, sieht die Sache bei der Ladeleistung (leider) ganz anders aus.
An den Schnellladesäulen entlang der Autobahn schaffte der E-Niro in unserem Test maximal 70 Kilowatt. Bei 77 Prozent SoC (State of Charge) sank die Ladeleistung sogar auf 26 Kilowatt ab. Das bedeutet, dass man auf der Langstrecke zähe 50 Minuten einplanen muss, um das kompakte SUV von 10 auf 80 Prozent zu laden. Zum Vergleich: Der Skoda Enyaq iV braucht dafür 34 Minuten, der Audi E-Tron Sportback knapp 28 Minuten und ein Porsche Taycan sogar nur 22 Minuten.
Natürlich spielen diese Autos in einer anderen Preisklasse und sind neuer, aber dennoch muss man sich vor der Anschaffung eines E-Niros darüber im Klaren sein, dass man auf längeren Strecken viel Zeit an der Ladesäule einplanen muss.
Kia E-Niro: Preisgünstiger Einstieg in die Elektromobilität
Im Großen und Ganzen hat Kia mit dem E-Niro ein gelungenes Elektroauto im Portfolio, das durch seine Größe vor allem auch für Familien interessant ist. Zwar geben sich die Südkoreaner gerade beim Infotainment und der Connectivity vergleichsweise zurückhaltend, aber dafür ist das kompakte SUV mit modernsten Assistenzsystemen ausgestattet – und das dürfte für den Großteil der potenziellen Käuferschaft ohnehin wichtiger sein als die Integration von Spotify oder Netflix.
Mit Blick auf die Elektromobilität bleibt einerseits festzuhalten, dass der Kia E-Niro unglaublich effizient ist und mit seinem 64-Kilowattstunden-Akku bis zu 450 Kilometer schafft. Andererseits wäre da die bescheidene Ladeleistung von gerade einmal rund 70 Kilowatt in der Spitze.
Die entscheidende Frage, die sich Interessenten dabei stellen sollten: Spielt die Ladeleistung für mich im Alltag überhaupt eine Rolle? Wer einmal im Jahr 800 Kilometer mit dem E-Niro in den Urlaub fährt und ansonsten nur kürzere Strecken zurücklegt, den werden 15 Minuten mehr an der Schnellladesäule nicht vom Kauf abhalten. In diesem Szenario ist die hohe Alltagsreichweite deutlich wichtiger. Anders sieht die Sache aus, wenn man regelmäßig Strecken jenseits der 600 Kilometer zurücklegt, denn dann wird die lange Ladezeit durchaus zu einem großen Nachteil.
wieso spielt der Enyaq in einer anderen Preisklasse.
Nach Abzug der Förderung kann man für 38000 € einen Skoda mit 82 kWh Akku und einigen Extras bekommen.